Leitsatz (amtlich)
1. Tritt ein Berechtigter seinen Anspruch auf Kindergeld zwecks Erfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber seinem unehelichen Kind an das Jugendamt als den gesetzlichen Vertreter des Kindes ab, so ist diese Erklärung in der Regel dahin auszulegen, daß eine Abtretung an das durch das Jugendamt gesetzlich vertretene Kind gewillt ist (§ 133 BGB).
2. Bei der gleichmäßigen Verteilung des Kindergeldes auf alle Kinder, die bei dem Berechtigten berücksichtigt werden (§ 12 Abs 4 BKGG), bleiben Kinder außer Betracht, für die Kindergeld nach § 3 Abs 2 oder 3 BKGG an vorrangig Berechtigte gezahlt wird.
Normenkette
BKGG § 3 Abs. 2 Fassung: 1964-04-14, Abs. 3 Fassung: 1964-04-14, § 12 Abs. 4 S. 1 Fassung: 1964-04-14, Abs. 1 S. 1 Fassung: 1964-04-14, Abs. 2 Fassung: 1964-04-14; BGB § 133 Fassung: 1896-08-18
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 28. Juli 1966 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Die am 8. Mai 1962 geborene Klägerin ist ein uneheliches Kind des Arbeiters E-G D. Sie steht unter der Amtsvormundschaft des Jugendamts der Hansestadt L. Der Vater der Klägerin hat außer ihr noch sieben eheliche und zwei uneheliche Kinder. Auf seinen Antrag gewährte die Kindergeldkasse des Arbeitsamts L ihm vom 1. April 1965 an Kindergeld für das zweite, vierte und siebente Kind, für die Klägerin als achtes und für das zehnte Kind in Höhe von monatlich 295 DM. Kein Kindergeld bewilligte sie für das fünfte, sechste und neunte Kind wegen vorrangiger Ansprüche des Stiefvaters und für das dritte - uneheliche - Kind wegen eines vorrangigen Anspruchs der zur Personensorge berechtigten Mutter; hinsichtlich dieses Kindes ist die Unterhaltspflicht des Vaters der Klägerin festgestellt.
Im März 1965 hatte das Jugendamt der Hansestadt L der Kindergeldkasse ein als "Abtretungserklärung" bezeichnetes Schriftstück des Vaters der Klägerin vom 20. Februar 1965 zugeleitet, das folgenden Wortlaut hat:
"Zwecks Erfüllung meiner Unterhaltspflicht gegenüber der am 8.5.1962 unehelich geborenen B L trete ich hiermit den auf das vorgenannte Kind entfallenden Anteil des Kindergeldes nach dem BKGG an den gesetzlichen Vertreter, das Jugendamt L, ab. Überweisungen haben zu erfolgen an die Kasse der Sozialverwaltung L, Postscheckkonto H ..., zum Kassenzeichen ..., Kto. ...".
Daraufhin zweigte die Kindergeldkasse mit Bescheid vom 30. Juni 1965 von dem insgesamt zugebilligten Kindergeld von 295,- DM als anteiliges Kindergeld für die Klägerin monatlich 30 DM an das Jugendamt L ab. Bei der Berechnung dieses Betrages berücksichtigte sie alle zehn Kinder des Vaters der Klägerin (295 : 10 = 29,50 DM, aufgerundet auf 30 DM).
Der Widerspruch der Klägerin wurde mit der Begründung zurückgewiesen, daß entgegen ihrer Meinung alle zehn Kinder zu berücksichtigen seien, auch das sechste und neunte Kind, diese beiden zwar nicht als Zahl- aber doch als Zählkinder.
Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Lübeck durch Urteil vom 16. März 1966 abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin zu Händen ihres gesetzlichen Vertreters anstelle des Kindergeldanteils von einem Zehntel mit Wirkung vom 1. Juli 1965 ein Sechstel des für sechs Kinder zustehenden Kindergeldes abzuzweigen.
Das LSG geht davon aus, daß der Anspruch auf Kindergeld wirksam nach § 12 Abs. 2 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) abgetreten sei. Nach seiner Auffassung entspricht die Berechnung des anteiligen Kindergeldes, wie sie die Kindergeldkasse und das Sozialgericht vorgenommen haben, nicht dem normativen Sinngehalt des § 12 Abs. 4 Satz 1 BKGG. Es führt aus: Die Berücksichtigung von Kindern, für die dem Berechtigten wegen eines vorrangigen Anspruchs Dritter kein Kindergeld gezahlt werde, führe zu unhaltbaren Ergebnissen. Falls diejenigen Kinder berücksichtigt würden, die wegen des Vorrangs Dritter zur Höhe des dem Berechtigten gewährten Kindergeldes nichts beitrügen, wäre der Empfänger des abzuzweigenden Betrages benachteiligt und der Berechtigte mit dem ihm verbleibenden höheren Betrag zu Unrecht bessergestellt, weil diese Kinder sich nicht in seinem Haushalt aufhielten. Bei richtiger Auslegung des § 12 Abs. 4 BKGG müßten bei der Errechnung des Kindergeldes das dritte, fünfte, sechste und neunte Kind ausscheiden, so daß sich als Gesamtsumme der Einzelkindergelder ein Betrag von 275 DM, nicht aber von 295 DM, ergebe. Als anteiliges Kindergeld entfalle daher auf jedes der sechs zu berücksichtigenden Kinder ein Betrag von 46 DM.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Sie rügt die unrichtige Anwendung des § 12 BKGG. Ihrer Meinung nach ist die Klägerin nicht anspruchsberechtigt. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Abtretungserklärung vom 20. Februar 1965 sei, so führt sie aus, der Anspruch auf Kindergeld nicht an die Klägerin, sondern an die Stadt Lübeck abgetreten worden. Diese Abtretung verstoße gegen den in § 12 Abs. 1 BKGG niedergelegten Grundsatz der Unübertragbarkeit des Kindergeldanspruchs und sei nach § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nichtig. Wenn man aber die Abtretung an die Stadt L für zulässig halte, sei allein diese zur Sache legitimiert. Der Hilfsantrag auf Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG sei für den Fall, daß das Bundessozialgericht dieser Auffassung folgen sollte, gestellt, um den Parteien Gelegenheit zu geben, einen Parteiwechsel, der eine Klageänderung darstelle, vorzunehmen. Abgesehen von den vorstehenden Erwägungen ergebe sich aus § 12 Abs. 4 BKGG, daß bei der Errechnung des anteiligen Kindergeldes alle zehn Kinder des Vaters der Klägerin zu berücksichtigen seien. Die Höhe des abzuzweigenden Kindergeldanteils richte sich nach der Zahl der gemäß § 2 BKGG zu berücksichtigenden Kinder. Danach zählten auch Kinder mit, für die dem Berechtigten ein Anspruch versagt bleibe, weil in der Person eines Dritten ein Ausschlußtatbestand (§ 6 i. V. m. § 3 Abs. 5 und §§ 7 und 8 BKGG) erfüllt werde. Außer aus der Fassung des § 12 Abs. 4 BKGG folge dies im übrigen auch daraus, daß das einem Berechtigten insgesamt gewährte Kindergeld für alle Kinder bestimmt sei, die bei ihm berücksichtigt würden. Schließlich habe das LSG den Kindergeldanspruch unzutreffend mit monatlich 275 DM anstatt mit monatlich 295 DM errechnet; aus §§ 1, 2 und 10 BKGG folge, daß bei der Ermittlung der Höhe des Kindergeldes auch die Kinder zu berücksichtigen seien, für die dem Berechtigten infolge der Vorrangregelung kein Anspruch zustehe.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 16. März 1966 zurückzuweisen.
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Sie glaubt, bei objektiver Auslegung der Abtretungserklärung aktiv legitimiert zu sein. Was die Höhe des abzuzweigenden Kindergeldes angeht, so meint sie, daß eine wörtliche Auslegung des § 12 Abs. 4 BKGG zu unhaltbaren Ergebnissen führe.
II
Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.
Der Anspruch auf Kindergeld ist nach § 12 Abs. 2 BKGG zur Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht wirksam an die Klägerin abgetreten. Nach dem Wortlaut der Abtretungserklärung vom 20. Februar 1965 hat es allerdings den Anschein, als habe der gesetzliche Vertreter, das Jugendamt, den Anspruch erwerben sollen. Bei der Auslegung dieser Erklärung ist jedoch der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Danach kann die Abtretungserklärung nur dahin verstanden werden, daß die Klägerin den Anspruch erwerben, das Jugendamt aber als ihr Amtsvormund und gesetzlicher Vertreter (§ 37 des Jugendwohlfahrtsgesetzes - JWG -, § 164 BGB) Zahlungsempfänger sein sollte. Dieser "wirkliche Wille" läßt sich aus dem Zweck herleiten, den die Parteien mit der Abtretung erreichen wollten. Eine Erforschung des Parteiwillens auf Grund des von den Parteien verfolgten Zwecks des Rechtsgeschäfts stützt sich auf den anerkannten Auslegungsgrundsatz, daß die Parteien das Rechtsgeschäft im Zweifel so abschließen wollten, wie es ihren Bedürfnissen am besten gerecht wird (Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil des Bürgerl. Rechts, 15. Aufl. 1960, S. 1249 m. w. Nachweisen). Die Abtretung erfolgte "zwecks Erfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber der unehelich geborenen B L". Durch eine Abtretung an das Jugendamt konnte der Vater der Klägerin seine Unterhaltspflicht (§§ 1708 ff BGB) nicht erfüllen. Ein nach §§ 1773 ff BGB bestellter Vormund darf allerdings, sofern das Mündelinteresse nicht verletzt wird, auch im eigenen Namen auftreten und das Erworbene durch besonderes Rechtsgeschäft auf den Mündel übertragen (RGZ 146, 231, 233). Könnte dieser Weg auch bei der gesetzlichen Amtsvormundschaft beschritten werden, so wäre den Bedürfnissen der Beteiligten auch Rechnung getragen, wenn das Jugendamt als Zessionar auftritt und das auf Grund der Abtretung Geleistete dem Mündel zuwendet. Das Jugendamt ist jedoch eine nicht rechtsfähige Behörde und kann deshalb keine Rechte in mittelbarer Stellvertretung für den Mündel erwerben. Ein Anhaltspunkt dafür, daß der - rechtsfähige - Bedienstete, auf den die Ausübung der vormundschaftlichen Obliegenheiten nach § 37 Satz 2 JWG übertragen ist, den Kindergeldanspruch erwerben sollte, liegt nicht vor. Der Zweck des Rechtsgeschäfts - die Erfüllung des Unterhaltsanspruchs - konnte danach nur durch eine Abtretung an die Klägerin erreicht werden.
Das LSG hat zutreffend entschieden, daß der Kindergeldanteil, den die Klägerin erworben hat, ein Sechstel des für sechs Kinder zustehenden Kindergeldes beträgt. Nach § 12 Abs. 2 BKGG kann der Anspruch auf Kindergeld in Höhe des Kindergeldes abgetreten werden, das auf das Kind entfällt. Als auf ein Kind entfallendes Kindergeld gilt der Betrag, der sich bei einer gleichmäßigen Verteilung des Kindergeldes auf alle Kinder, die bei dem Berechtigten berücksichtigt werden, ergibt (§ 12 Abs. 4 BKGG). Zunächst spricht der Wortlaut des § 12 Abs. 4 BKGG für die Auffassung der Beklagten, daß bei der Ermittlung der Höhe des abgetretenen Kindergeldanteils auch das dritte, fünfte, sechste und neunte Kind mit zu berücksichtigen seien, für die im vorliegenden Fall vorrangig Berechtigten Kindergeld gewährt wird. Auch der Vater der Klägerin ist hinsichtlich dieser Kinder "Berechtigter". Das folgt aus § 3 Abs. 2 BKGG. Diese Vorschrift geht davon aus, daß auch Personen, die wegen der Vorrangregelung kein Kindergeld erhalten, Berechtigte sind, sofern sie, wie der Vater der Klägerin, die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Welche Kinder "berücksichtigt werden", ergibt sich aus § 2 BKGG. Danach werden eheliche und uneheliche Kinder, letztere im Verhältnis zum Vater jedenfalls dann, wenn die Unterhaltspflicht, wie hier, festgestellt ist, nach dem BKGG berücksichtigt.
Eine solche, nur vom Wortlaut ausgehende Auslegung wird allerdings in Fällen wie dem vorliegenden dem Sinn und Zweck des § 12 Abs. 4 BKGG nicht gerecht. Die Vorschrift ist einschränkend in dem Sinne auszulegen, daß bei der gleichmäßigen Verteilung des Kindergeldes auf alle Kinder, die bei dem Berechtigten berücksichtigt werden, Kinder außer Betracht bleiben, für die Kindergeld nach § 3 Abs. 2 oder 3 BKGG an vorrangig Berechtigte gezahlt wird. Diese einschränkende Auslegung ist zulässig und geboten, weil die Annahme berechtigt ist, daß der Gesetzgeber, wie sich dem Zweck und den tragenden Grundsätzen der Kindergeldregelung entnehmen läßt, eine engere Fassung der Vorschrift gewollt hat. Die nach dem Gleichheitsmaßstab gebildete Verteilungsregel des § 12 Abs. 4 BKGG bezweckt nämlich, das Kindergeld, das zwar für ein bestimmtes Kind gezahlt wird (§§ 3, 7, 8 und 10 BKGG), aber für eine Mehrheit von Kindern bestimmt ist, allen Kindern des Berechtigten - insbesondere auch dem ersten Kind - gleichmäßig zukommen zu lassen. Das dieser Vorschrift zugrunde liegende Gleichheitsprinzip wird verletzt, wenn die Kinder vorrangig Berechtigter auch noch mit einem oder - im Fall der Abzweigung nach § 12 Abs. 3 BKGG ist dies denkbar - mehreren Anteilen am Kindergeld anderer Berechtigter beteiligt sind. Für eine Doppel- oder Mehrfachbeteiligung besteht kein sachlicher Grund. Mit dem Kindergeld soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Allgemeinheit einen Beitrag zu der durch Pflege und Erziehung von zwei oder mehreren Kindern entstehenden Familienlast leisten. Ein sachlicher Grund für eine Doppelbeteiligung liegt nicht etwa darin, daß den Vater der Klägerin auch für die Kinder eine Familienlast trifft, die wegen der Vorrangregelung des § 3 BKGG bei ihm keinen Kindergeldanspruch auslösen. Diesen Kindern ist er allerdings nach §§ 1601 ff bzw. 1708 ff BGB zum Unterhalt verpflichtet und insofern belastet. Die Belastung entfällt im Prinzip auch nicht deshalb, weil der Grad der Bedürftigkeit der ehelichen Kinder (§ 1602 Abs. 2 BGB) wegen der Gewährung von Kindergeld für diese Kinder sinkt und sich deshalb seine Unterhaltspflicht mindert. Entsprechend bliebe sie dem Grunde nach auch bestehen, wenn man der Ansicht folgt, daß das Kindergeld für das dritte - uneheliche - Kind des Vaters der Klägerin auf dessen Unterhaltsschuld nach § 1708 BGB anzurechnen sei (vgl. Wickenhagen/Krebs, Kommentar zum BKGG-1965, Rdnr. 16 zu § 1; Kleinheyer in FamRZ 1964, 113 und für die Rechtslage vom 1. Juli 1970 an § 1615 g Abs. 1 BGB - BGBl 1969 I 1243 -, der die Anrechnung des Kindergeldes auf die Unterhaltsschuld zur Hälfte vorsieht). Nach dem in § 3 Abs. 1 BKGG niedergelegten Grundsatz wird jedoch die durch ein Kind verursachte Familienlast nur einmal, und zwar durch die einmalige Zahlung des Kindergeldes an den vorrangig Berechtigten, ausgeglichen. Abgesehen von dem Sonderfall des § 3 Abs. 4 Satz 2 BKGG findet keine Aufteilung des Kindergeldes unter mehrere Berechtigte statt. Der volle Familienlastenausgleich für ein Kind bei nur einem Berechtigten nach § 3 BKGG hat zur Folge, daß das Kind an dem dem vorrangig Berechtigten gewährten Kindergeld mit einem gleichen Anteil neben den anderen Kindern dieses Berechtigten beteiligt ist. Würde es auch noch an dem Kindergeld des (der) nachrangig Berechtigten beteiligt sein, so würde ihm das Kindergeld als Zuschuß zum Familienlastenausgleich im Verhältnis zu den anderen Kindern doppelt oder mehrfach gewährt, ohne daß es eine größere Familienlast als diese verursacht. Das aber widerspricht dem Zweck des § 12 Abs. 4 BKGG, den für mehrere Kinder gewährten Zuschuß zu den Familienlasten gerecht, d. h. gleichmäßig, aufzuteilen. Dafür, daß der Gesetzgeber bei verständiger Würdigung eine angemessene engere, auf den allgemeinen Grundsatz des § 3 BKGG abgestimmte Fassung des § 12 Abs. 4 BKGG gewählt hätte, spricht auch die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 11 Abs. 4 BKGG - des jetzigen § 12 Abs. 4 BKGG -; dort heißt es: "Die Einschränkung in den Absätzen 2 und 3 beruht auf dem Gedanken, daß das Kindergeld - wie das auch für das bisherige Kindergeldrecht angenommen wird - nicht nur für das (zweite oder weitere) Kind bestimmt ist, für das es gewährt wird, sondern allen Kindern, die bei dem Berechtigten zu berücksichtigen sind (vgl. § 2) zugute kommen soll" (BT-Drucks. IV/818 vom 7. Dezember 1962). Danach stand dem Gesetzgeber nicht die sich bei einer Anspruchskonkurrenz ergebende Lage, sondern nur der Normalfall vor Augen, in dem einem Berechtigten für mehrere Kinder Kindergeld gewährt wird. Nur für diesen Fall ging es ihm erkennbar darum, klarzustellen, daß das erste Kind, für das kein Kindergeld gezahlt wird, gleichmäßig am Kindergeld beteiligt ist.
Die einschränkende Auslegung, die der erkennende Senat mit der hier getroffenen Entscheidung dem § 12 Abs. 4 BKGG zuteil werden läßt, entspricht den Erwägungen, aus denen er mit seinem Urteil vom 10. Juli 1969 - 7 RKg 7/69 - in einem Fall, in dem der Ausschlußgrund des § 7 BKGG - öffentlicher Dienst - vorlag, es abgelehnt hat, auf dem Umweg über § 12 Abs. 3 und 4 BKGG einen Anspruch auf Kindergeld zu gewähren.
Das LSG hat hiernach den Gesamtbetrag des Kindergeldes zu Recht nach § 12 Abs. 4 BKGG auf sechs Kinder verteilt und den vier Kindern, für die das Kindergeld vorrangig Berechtigten gewährt wird, keinen Anteil am Kindergeld des Vaters der Klägerin zugebilligt. Der Urteilsausspruch des LSG ist demnach richtig. Die Revision der Beklagten unterliegt somit der Zurückweisung (§ 170 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
In den Entscheidungsgründen ist das LSG allerdings von einem unrichtigen Gesamtbetrag von 275 DM ausgegangen. Die Ermittlung dieses Betrages beruht auf der unzutreffenden Erwägung, daß Kinder, für die dem Berechtigten wegen des vorrangigen Anspruchs einer anderen Person kein Kindergeld gewährt wird, auch nicht als sog. "Zählkinder" zu berücksichtigen seien. Dabei wird verkannt, daß ein vorrangiger Anspruch nach § 3 Abs. 2 und 3 BKGG lediglich die Zahlung des Kindergeldes an den nachrangig Berechtigten ausschließt. Diese Kinder zählen jedoch bei ihm als zu berücksichtigende Kinder (§ 2 BKGG) mit und tragen ggf. zur Erhöhung seines Anspruchs bei. Die richtige - auch von der Beklagten in der Revisionsbegründungsschrift zugrunde gelegte - Summe der Kindergelder, die für den Vater der Klägerin in Betracht kommen, beträgt (25 + 60 + 70 + 70 + 70 =) 295 DM. Auf die Klägerin entfällt davon ein Anteil von - abgerundet - 49 DM monatlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 926703 |
BSGE, 135 |