Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriegsopferversorgung. Witwenbeihilfe. Einkommensberücksichtigung. Zinseinkünfte aus Kapitalvermögen. Gesamtbetrachtung des Kalenderjahres. Zeitpunkt der erstmaligen Kapitalanlage. Rücknahme eines Bescheides für die Vergangenheit. Ermessensausübung der Behörde. Prüfung eines atypischen Falles. sozialgerichtliches Verfahren. Zurückverweisung
Leitsatz (amtlich)
Ist während des gesamten Jahres ertragbringend Kapital angelegt worden, sind für den Anspruch auf Witwenbeihilfe die Einkünfte aus Kapitalvermögen - auch bei wechselnder Höhe des Kapitalbestands - zusammengenommen in Höhe eines Zwölftels als monatliches Einkommen zu berücksichtigen.
Orientierungssatz
Das Landessozialgericht darf einen Bescheid, mit dem die Bewilligung von Witwenbeihilfe für die Vergangenheit aufgehoben wird, nicht schon deshalb als rechtswidrig ansehen, weil der Bescheid keine Ausführungen dazu enthält, dass die Behörde im Rahmen des § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10 bei Vorliegen eines "atypischen Falles" ausnahmsweise von einer rückwirkenden Aufhebung absehen könnte. Vielmehr muss das Gericht selbst prüfen, ob ein atypischer Fall gegeben ist, und darf den angefochtenen Bescheid nur dann wegen fehlender Ermessensausübung aufheben, wenn die eigene Prüfung einen atypischen Fall ergibt (vgl BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R = SozR 4-7837 § 2 Nr 14).
Normenkette
BVG § 48 Abs. 2 S. 2, Abs. 1 S. 1, § 33 Abs. 1 S. 2 Buchst. a Fassung: 2005-06-23, Abs. 5, § 60 Abs. 4; BVGVwV § 48 Nr. 8; AusglV § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 2, Abs. 4 S. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 14 Abs. 1; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 2 Abs. 7 S. 2; KFürsV §§ 35, 40 Abs. 1-2; BSHG§76DV § 6; SGB X § 48 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 3, § 50 Abs. 1; SGG § 170 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Juni 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Der Streitwert wird auf 992 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung von Witwenbeihilfe nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen Anrechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen sowie über die entsprechende Rückforderung eines gezahlten Betrages.
Die Kläger sind die Erben und Rechtsnachfolger der am 22.8.1928 geborenen und am 19.2.2010 verstorbenen E S (im Folgenden: Witwe). Da deren kriegsbeschädigter Ehemann fünf Jahre lang Berufsschadensausgleich bezogen hatte, gewährte ihr das beklagte Land nach dessen schädigungsunabhängig eingetretenem Tod gemäß § 48 BVG mit Bescheid vom 3.6.2003 Witwenbeihilfe in Höhe von monatlich 248 Euro.
Im Februar 2006 teilte die Witwe dem Beklagten mit, dass sie mit notariellem Kaufvertrag vom 16.12.2005 ihr Hausgrundstück für 210 000 Euro - zahlbar am 2.5.2006 - verkauft habe. Mehrmaligen Aufforderungen des Beklagten, genaue Angaben zum Verbleib des Verkaufserlöses sowie zur Höhe der erzielten Zinseinkünfte zu machen, kam die Witwe nicht vollständig nach. Daraufhin stellte der Beklagte die Zahlung der Witwenbeihilfe vorsorglich ab 1.11.2006 ein.
Nachdem die Witwe auch in der Folgezeit keine ausreichenden Belege zu ihren Einkünften aus Kapitalvermögen eingereicht hatte, hob der Beklagte durch Bescheid vom 3.8.2007 die Bewilligung von Witwenbeihilfe gemäß § 48 SGB X mit Wirkung vom 1.5.2006 auf und stellte gemäß § 50 SGB X eine Erstattungspflicht der Witwe wegen überzahlter Versorgungsbezüge in Höhe von 1488 Euro fest. Zur Begründung führte er darin ua aus: Lasse sich das Einkommen zahlenmäßig nicht ermitteln, sei es gemäß § 33 Abs 3 BVG unter Berücksichtigung der Gesamtverhältnisse festzusetzen. Auf dieser Grundlage gehe er davon aus, dass die Witwe seit dem Erhalt des Kaufpreises für ihr Haus, also ab Mai 2006, über Einkommen verfüge, das die Zahlung einer Witwenbeihilfe nicht mehr zulasse. Die zu viel gezahlten Leistungen für die Monate Mai bis Oktober 2006 in Höhe von monatlich 248 Euro (insgesamt 1488 Euro) seien daher zu erstatten.
Im Widerspruchsverfahren reichte die Witwe Unterlagen ein, wonach sie am 19.5.2006 einen Betrag in Höhe von 174 000 Euro auf ein Sparkonto bei der Kreissparkasse A eingezahlt hat. Aus diesem Sparkonto erzielte sie für das Jahr 2006 Zinsen in Höhe von 3326,30 Euro. Außerdem übersandte sie eine Zinsbescheinigung der Kreissparkasse für das Jahr 2006, worin - einschließlich der 3326,30 Euro - Zinseinkünfte in Höhe insgesamt von 5636,30 Euro aufgeführt sind.
Daraufhin hob der Beklagte mit Bescheid vom 10.3.2008 die Bewilligung von Witwenbeihilfe gemäß § 48 SGB X mit Wirkung vom 1.1.2006 auf: In Abänderung der Entscheidung vom 3.8.2007 stehe der Witwe auf Grund der nun nachgewiesenen tatsächlichen Einkommensverhältnisse bereits ab 1.1.2006 keine Witwenbeihilfe mehr zu. Da auch vor dem Verkauf des Hauses Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt worden seien, müssten die insgesamt im Jahr 2006 erzielten Einkünfte auf zwölf Monate verteilt als Einkommen angerechnet werden. Hieraus ergebe sich, dass für das gesamte Kalenderjahr 2006 kein Anspruch auf Witwenbeihilfe bestanden habe. Die in der Zeit vom 1.1.2006 bis 30.4.2006 zu viel gezahlten Versorgungsleistungen in Höhe von 992 Euro seien gemäß § 50 SGB X zu erstatten.
Die Widersprüche der Witwe gegen beide Verwaltungsakte wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2008 zurück.
Das von der Witwe angerufene Sozialgericht Koblenz (SG) hat die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen mit der Maßgabe abgeändert, dass Zinseinkünfte aus dem Kapitalvermögen des Hausverkaufs erst ab Mai 2006 auf die Witwenbeihilfe angerechnet werden, und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 23.9.2011). Gegen dieses Urteil hat allein der Beklagte Berufung eingelegt, die vom Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) zurückgewiesen worden ist (Urteil vom 27.6.2012). Dieses Gericht hat sich dabei im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
Die Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung der Witwenbeihilfe gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X seien erfüllt. Denn die Witwe habe Einkommen (Zinsen) erzielt, das zum Wegfall des Anspruches auf Witwenbeihilfe geführt habe. Gemäß § 48 Abs 2 S 2 BVG sei das monatliche Bruttoeinkommen des Hinterbliebenen zu berücksichtigen. Zum Einkommen gehörten gemäß § 1 Abs 3 S 2 Nr 2 iVm § 11 Verordnung über die Einkommensfeststellung nach dem BVG (Ausgleichsrentenverordnung - AusglV) auch Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Zinsen aus dem im Mai 2006 bei der Kreissparkasse A angelegten Kapital (174 000 Euro) seien erst ab diesem Zeitpunkt bei der Berechnung der nach § 48 BVG zu gewährenden Witwenbeihilfe zu berücksichtigen. Erzielt habe die Witwe dieses Einkommen zwar erst mit der Zinsgutschrift Ende Dezember 2006. Die Berücksichtigung der Zinseinkünfte bereits ab Mai 2006 folge indessen aus § 48 Abs 1 S 3 SGB X iVm § 48 Abs 2 S 2 BVG.
Da die Witwe in den Monaten Januar bis April 2006 keine Kapitaleinkünfte aus dem Betrag von 174 000 Euro bezogen habe, seien derartige Einkünfte für diese Monate auch nicht zu berücksichtigen. Der Beklagte führe zwar zutreffend aus, dass die Bemessungsgrundlage für Zinseinkünfte in der Regel das Kalenderjahr sei. Dies führe indessen nicht dazu, dass die vereinbarten Zinsen auch für Zeiträume anzurechnen seien, in denen das Kapital noch gar nicht vorhanden bzw angelegt gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus dem Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschrift des § 48 BVG. Es handele sich hierbei um eine Vorschrift, die nach dem Tod des Beschädigten den Wegfall der Beschädigtenversorgung und damit eine besondere Bedarfslage der Witwe ausgleichen wolle. Die Bedürftigkeit sei jedoch erst dann weggefallen, wenn im Anrechnungszeitraum andere Leistungen gewährt worden seien. Dies ergebe sich auch aus den §§ 61, 60 Abs 4 S 1 sowie S 3 BVG.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte sinngemäß eine Verletzung von § 48 SGB X, § 48 BVG und § 11 AusglV. Hierzu führt er ua aus: Einkünfte aus Kapitalvermögen seien ebenso wie solche aus Hausbesitz und Gewerbebetrieb als Jahreseinkommen anzusehen. Sei in einem Kalenderjahr Kapitalvermögen vorhanden, seien alle für dieses Jahr anfallenden Einkünfte zusammenzufassen, der Freibetrag abzuziehen und der verbleibende Betrag mit einem Zwölftel im gesamten Kalenderjahr als monatliches Einkommen zu berücksichtigen. Dies gelte auch für erst im Laufe eines Jahres angelegtes Kapital, für das am Ende des Jahres Zinsen gezahlt würden.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Juni 2012 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 23. September 2011 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Darüber hinaus weisen sie darauf hin, dass im Sozialrecht das Zuflussprinzip gelte. Demnach seien die Voraussetzungen des § 48 SGB X im ganzen Jahr 2006 nicht gegeben gewesen, da die Zinsgutschrift nicht mehr im Jahr 2006 erfolgt sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist zulässig. Sie ist vom LSG zugelassen worden und damit statthaft. Der Beklagte hat bei der Einlegung und Begründung der Revision Form und Fristen eingehalten. Die Revisionsbegründung genügt den Voraussetzungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG. Ihr kann noch mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass eine Verletzung von § 48 SGB X, § 48 BVG und § 11 AusglV gerügt wird. Zudem setzt sich der Beklagte - wenn auch nur kurz - mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und damit mit dem Gedankengang des Berufungsgerichts auseinander. Dazu legt er dar, aus welchen Gründen er die Rechtsansicht des LSG nicht teilt (vgl hierzu BSG Urteil vom 16.12.1981 - 11 RA 86/80 - SozR 1500 § 164 Nr 20 S 33 f; BSG Urteil vom 30.1.2001 - B 2 U 42/00 R - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 6.3.2006 - B 13 RJ 46/05 R - juris RdNr 11).
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch der Bescheid vom 10.3.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2008, soweit der Beklagte mit diesem Verwaltungsakt die Bewilligung von Witwenbeihilfe für die Zeit vom 1.1.2006 bis 30.4.2006 aufgehoben und eine Verpflichtung der Kläger zur Erstattung eines Betrages von 992 Euro festgestellt hat. Die Witwe hat sich ursprünglich mit ihrer Klage gegen die Aufhebung der Bewilligung von Witwenbeihilfe für die Zeit ab 1.1.2006 sowie gegen die Feststellung einer Erstattungsforderung in Höhe von 2480 Euro (für die Zeit vom 1.1.2006 bis 31.10.2006) gewandt. Das SG hat hierauf entschieden, dass die Aufhebung der Bewilligung von Witwenbeihilfe für die Zeit vom 1.5.2006 bis 31.10.2006 rechtmäßig sei, und die Klage insoweit abgewiesen. Hiermit umfasst ist - auch wenn dies im Urteil des SG nicht ausdrücklich erklärt wird - die Feststellung einer Erstattungsforderung in Höhe von 1488 Euro. Diese teilweise Klageabweisung haben die Kläger nicht mit der Berufung angefochten, so dass das Urteil des SG insoweit rechtskräftig geworden ist.
Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).
Einer Sachentscheidung des erkennenden Senats stehen keine prozessualen Hindernisse entgegen. Klage und Berufung sind zulässig. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung in dem Urteil des SG, da der Berufungswert von 750 Euro nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des ArbGG vom 26.3.2008 (BGBl I 444) erreicht ist.
Auf der Grundlage der nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für das Revisionsgericht bindenden Tatsachenfeststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist dem Senat eine abschließende Entscheidung nicht möglich. Er kann nicht beurteilen, ob der Beklagte die Bewilligung von Witwenbeihilfe an die Witwe für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.1.2006 bis 30.4.2006 zu Recht aufgehoben hat. Das wirkt sich auch auf die davon abhängige Erstattungspflicht nach § 50 Abs 1 SGB X aus.
1. In formeller Hinsicht ist der angefochtene Verwaltungsakt revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Vor dessen Erlass war eine Anhörung der Witwe nicht erforderlich, weil der Beklagte hiermit eine einkommensabhängige Leistung iS des § 24 Abs 2 Nr 5 SGB X den geänderten Einkommensverhältnissen anpassen wollte (vgl dazu BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 21). Von dieser Vorschrift werden auch Leistungen erfasst, die nur der Höhe nach einkommensabhängig sind und bei Erzielung von Einkommen oberhalb bestimmter Grenzen teilweise entfallen (BSG Urteil vom 5.2.2004 - B 11 AL 39/03 R - SozR 4-4300 § 128 Nr 1 RdNr 7 mwN).
2. Der Beklagte hat die mit Bescheid vom 10.3.2008 vorgenommene Aufhebung der Bewilligung von Witwenbeihilfe auf § 48 SGB X gestützt. Nach Abs 1 S 1 dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
a) Die Bewilligung der Witwenbeihilfe durch den Bescheid vom 3.6.2003 stellt einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Ist ein rentenberechtigter Beschädigter nicht an den Folgen der Schädigung gestorben, so ist der Witwe gemäß § 48 Abs 1 S 1 BVG eine Witwenbeihilfe zu zahlen, wenn der Beschädigte durch die Folgen der Schädigung gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben, und dadurch die aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete Witwenversorgung in bestimmtem Umfang gemindert ist. Die Witwenbeihilfe wird in Höhe von zwei Dritteln, unter besonderen Voraussetzungen in voller Höhe der entsprechenden Witwenrente (§§ 40, 40a, 41 BVG) gezahlt. Da nach Maßgabe des § 40 BVG Witwen eine monatliche Grundrente erhalten, handelt es sich bei der daran orientierten Witwenbeihilfe ebenfalls um eine wiederkehrende Leistung, wie sie von § 48 Abs 1 SGB X erfasst wird (vgl dazu BSG Urteil vom 22.6.1988 - 9/9a RV 3/86 - SozR 1300 § 43 Nr 1; BSG Urteil vom 11.12.1992 - 9a RV 20/90 - BSGE 72, 1 = SozR 3-1300 § 48 Nr 22; BSG Urteil vom 15.8.1996 - 9 RV 22/95 - BSGE 79, 92 = SozR 3-1300 § 45 Nr 30).
b) Da in der Zeit von 2003 bis 2006 keine für den vorliegenden Fall relevante Rechtsänderung erfolgt ist (vgl dazu Art 4 Nr 13 Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004, BGBl I 3396), bleibt zu prüfen, ob eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei der Bewilligung der Witwenbeihilfe vorgelegen haben, eingetreten ist. Das kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht beurteilen.
aa) Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist dann anzunehmen, wenn im Hinblick auf die für den Erlass des Verwaltungsaktes entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände ein anderer Sachverhalt vorliegt (Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 48 RdNr 8). Zu vergleichen sind die zum Zeitpunkt der Aufhebung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt des Erlasses der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, tatsächlich vorgelegen haben (BSG Urteil vom 7.7.2005 - B 3 P 8/04 R - BSGE 95, 57 RdNr 11 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6 RdNr 12).
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Im vorliegenden Fall ist der Beklagte davon ausgegangen, dass sich das bei der Bemessung der Witwenbeihilfe zu berücksichtigende Einkommen, namentlich die Einkünfte aus Kapitalvermögen, bereits ab 1.1.2006 wesentlich geändert habe. Maßgebend ist insoweit § 48 Abs 2 S 2 BVG. Darin ist geregelt: |
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Übersteigt das monatliche Bruttoeinkommen der Hinterbliebenen von Beschädigten, die im Zeitpunkt des Todes einen Anspruch auf Rente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 30 bis 90 hatten, bei der Witwe … ein Zwölftel … des in § 33 Abs 1 Buchst a genannten Bemessungsbetrages, ist die zu gewährende Beihilfe um den übersteigenden Betrag zu kürzen; errechnet sich kein Zahlbetrag, entfällt der Anspruch auf Versorgung. |
Danach ist zunächst das Bruttoeinkommen der Witwe festzustellen und einem Zwölftel des jeweils geltenden Bemessungsbetrages nach § 33 Abs 1 S 2 Buchst a BVG gegenüberzustellen. Diese Einkommensgrenze betrug im Juni 2003 2106 Euro (ein Zwölftel von 25 270 Euro nach § 33 Abs 1 S 2 Buchst a BVG idF der Elften KOV-Anpassungsverordnung 2002 vom 24.6.2002, BGBl I 2229) und im Jahre 2006 2144 Euro (ein Zwölftel von 25 723 Euro nach § 33 Abs 1 S 2 Buchst a BVG idF der Dreizehnten KOV-Anpassungsverordnung vom 23.6.2005, BGBl I 1727). Übersteigt das Bruttoeinkommen die Einkommensgrenze, ist die Witwenbeihilfe um den Differenzbetrag zwischen Einkommen und Einkommensgrenze zu kürzen. Ist der Differenzbetrag größer als der Zahlbetrag der Witwenbeihilfe, besteht kein Anspruch.
bb) Zur Ermittlung des bei der Witwe zu berücksichtigenden Einkommens sind nach Nr 8 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 48 BVG (idF vom 27.8.1986, BAnz Nr 161 S 12297) die Bestimmungen der AusglV entsprechend anzuwenden, die die Bundesregierung auf der Grundlage des § 33 Abs 5 BVG erlassen hat. Nach § 14 Abs 1 AusglV gelten die Vorschriften der §§ 1 bis 12 AusglV für Witwen entsprechend, soweit sich aus dem BVG oder den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt. Das ist hier nicht der Fall. Insbesondere sind § 14 Abs 2 bis 4 und § 15 AusglV nicht einschlägig.
§ 1 Abs 1 S 1 AusglV definiert als zu berücksichtigendes Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Rechtsnatur, es sei denn, sie bleiben nach dem BVG, dieser Verordnung oder anderen Rechtsvorschriften unberücksichtigt. Nach § 1 Abs 3 S 2 Nr 2 AusglV gehören insbesondere Einkünfte aus Kapitalvermögen zu den übrigen Einkünften iS des § 33 Abs 1 BVG.
Die Berücksichtigung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist in § 11 AusglV geregelt. Nach Abs 1 S 1 dieser Vorschrift sind Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 und 9 EStG). Zinseinkünfte gehören nach § 20 Abs 1 Nr 7 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen ("Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist"). Pauschbeträge nach § 9a EStG werden nicht abgesetzt (§ 11 Abs 1 S 2 AusglV). § 11 Abs 2 AusglV sieht vor, dass Einkünfte im Sinne des Abs 1 unberücksichtigt bleiben, soweit sie insgesamt jährlich 307 Euro nicht übersteigen.
Für die Ermittlung der Höhe der anrechenbaren Einkünfte aus Kapitalvermögen, also für die Prüfung, ob und in welcher Höhe die Einnahmen die Werbungskosten übersteigen (§ 11 Abs 1 S 1 AusglV), gilt grundsätzlich eine jährliche Betrachtungsweise. Im Rahmen dieser Prüfung ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht auf einzelne Kapitalanlagen abzustellen, sondern es sind sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen in den Blick zu nehmen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
aaa) Eine solche Vorgehensweise legt bereits der Wortlaut der AusglV nahe.
Gemäß § 1 Abs 4 S 1 AusglV sind die Einkünfte iS des § 1 Abs 3 S 1 und 2 AusglV getrennt nach den Einkunftsarten des § 2 Abs 1 EStG zu ermitteln. Ob anrechenbare Einkünfte vorliegen, ist also separat für jede Einkunftsart zu bestimmen. Eine Beschränkung der Betrachtung auf einzelne Einkünfte innerhalb einer Einkunftsart ist dieser Vorschrift nicht zu entnehmen. Vielmehr lässt sich daraus schließen, dass die Ermittlung alle Einkünfte innerhalb der jeweiligen Einkunftsart zu umfassen hat.
Ferner deutet der Wortlaut des § 11 Abs 1 S 1 AusglV auf eine das Kalenderjahr umfassende Gesamtbetrachtung der Einkünfte aus Kapitalvermögen hin, da auf das Einkommensteuerrecht (§§ 8, 9, 20 EStG) verwiesen wird. Ob Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegen und wie hoch diese sind, richtet sich damit nach einkommensteuerrechtlichen Regelungen. Die Grundlagen für die Festsetzung der Einkommensteuer, also insbesondere die Höhe der Einkünfte, sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln (§ 2 Abs 7 S 2 EStG). Daher hat sich auch die Prüfung, wie hoch die Einkünfte aus Kapitalvermögen sind, ob also ein Überschuss der Einnahmen nach § 8 EStG über die Werbungskosten nach § 9 EStG besteht, für ein Kalenderjahr auf alle Einkünfte dieser Einkunftsart zusammengenommen zu beziehen. Gleiches folgt aus § 11 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 EStG, wonach Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind, und Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind.
Dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen zusammengenommen auf der Basis des Kalenderjahres ermittelt werden, ergibt sich auch aus der Regelung in § 11 Abs 2 AusglV über den Freibetrag. Denn hiernach bleiben Einkünfte im Sinne des Abs 1 unberücksichtigt, soweit sie insgesamt jährlich 307 Euro nicht übersteigen. Nach dieser Regelung sind also sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen, die im Laufe eines Jahres erzielt werden, zu addieren, von der Summe ist der Freibetrag von 307 Euro zu subtrahieren; nur die Differenz darf als Einkommen berücksichtigt werden.
bbb) Die Rechtsentwicklung bestätigt die Annahme, dass die Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts zu erfolgen hat, wobei das Kalenderjahr maßgebend ist.
Nach § 11 Abs 1 S 2 Halbs 2 AusglV idF der Bekanntmachung vom 1.7.1975 (BGBl I 1769) konnte die Kapitalertragsteuer von den Einkünften aus Kapitalvermögen abgesetzt werden. Diese Regelung verdeutlichte den Bezug zum Einkommensteuerrecht und zu dem dort geltenden Kalenderjahrsprinzip. Die Kapitalertragsteuer stellt - ähnlich wie die Lohnsteuer - eine besondere Form der Erhebung der Einkommensteuer dar (Lindberg in Blümich, EStG, 120. Aufl 2013, § 43 RdNr 8), wobei die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben wird (vgl § 43 Abs 1 S 1 EStG). Zwar entsteht die Kapitalertragsteuer ähnlich wie die Lohnsteuer nicht erst mit Ablauf des Kalenderjahres, sondern bereits unterjährig mit Zufluss der Erträge (§ 44 Abs 1 S 2 EStG). Es kann jedoch vielfach die endgültige Höhe der Steuer erst nach Abschluss des Kalenderjahres festgestellt werden, beispielsweise dann, wenn dem Geldinstitut kein Freistellungsauftrag (vgl § 44a Abs 1 bis 3 EStG) erteilt worden ist. In diesem Fall führt die Nutzung des Sparer-Pauschbetrags (vgl § 20 Abs 9 EStG) nachträglich zu Steuererstattungen.
Dass diese Abzugsmöglichkeit durch Art 1 Nr 7 Buchst a Erste Verordnung zur Änderung der AusglV vom 12.6.1990 (BGBl I 1096) mit Wirkung vom 1.1.1990 (vgl Art 3 dieser Änderungsverordnung) aufgehoben wurde, beruhte nicht darauf, dass die Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen fortan abweichend vom Einkommensteuerrecht erfolgen sollte. Vielmehr wurde diese Änderung der AusglV damit begründet, dass der bisher zugelassene Abzug der Kapitalertragsteuer nicht mit dem bei der Einkommensanrechnung geltenden Bruttoprinzip (vgl § 33 Abs 1 S 2, § 48 Abs 2 S 2 BVG) in Einklang stehe (BR-Drucks 578/89 S 12).
Zudem ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Bundesrat auf den Entwurf dieser Änderungsverordnung hin vorgeschlagen hatte, § 11 Abs 1 S 2 AusglV insgesamt neu zu fassen und den Abzug von Pauschbeträgen für Werbungskosten (§ 9a EStG) zuzulassen, um eine nicht vertretbare Ungleichbehandlung der Versorgungsempfänger gegenüber den sonstigen Steuerpflichtigen zu beseitigen (vgl BR-Drucks 578/89 ≪Beschluss≫ S 6). Zwar konnte sich der Bundesrat mit diesem Änderungsvorschlag gegenüber der Bundesregierung nicht durchsetzen. Letztere sprach sich jedoch nicht generell gegen eine Orientierung am Einkommensteuerrecht aus, sondern nahm lediglich an, dass die betroffenen Bezieher einer einkommensabhängigen Ausgleichsrente bei ihren Zinseinkünften in der Regel keine oder nur geringfügige Werbungskosten hätten, die weit unter der vorgeschlagenen Pauschale lägen. Es genüge deshalb, dass solche Werbungskosten nach § 11 Abs 1 S 1 AusglV mit Einzelnachweis geltend gemacht werden könnten (BR-Drucks 297/90 S 2 f). Dies macht deutlich, dass auch nach Ansicht der Bundesregierung die Ermittlung der Höhe der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach einkommensteuerrechtlichen Regelungen und Grundsätzen zu erfolgen hat.
ccc) Systematische Gesichtspunkte sprechen ebenfalls dafür, dass für die Bestimmung des Einkommens iS des § 48 Abs 2 S 2 BVG iVm den Bestimmungen der AusglV stets sämtliche in einem Kalenderjahr erzielten Einkünfte einer Einkunftsart zusammen betrachtet werden müssen. Eine Beschränkung der Prüfung auf einzelne Einkünfte einer Einkunftsart ist danach nicht zulässig.
Zunächst bestimmt die AusglV für die verschiedenen Einkunftsarten unterschiedliche Ermittlungsmethoden, wobei als maßgeblicher Zeitraum teils der Monat, teils das Kalenderjahr gilt. Für die Ermittlung der Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gilt eine monatliche Betrachtungsweise (vgl § 6 AusglV). Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit basieren auf dem Gewinn, der der Veranlagung zur Einkommensteuer zugrunde gelegt worden ist (§ 8 Abs 1 S 1 AusglV). Insoweit gilt also durch die Bezugnahme auf das Steuerrecht - wie bei den Einkünften aus Kapitalvermögen - ein jährlicher Ermittlungszeitraum. Ausnahmsweise können Einkünfte von Land- und Forstwirten monatlich bestimmt werden (vgl § 9 AusglV). Nach § 12 Abs 1 S 1 AusglV sind Einkünfte aus Haus- und Grundbesitz ausdrücklich der Überschuss der jährlichen Einnahmen über die Werbungskostenpauschale.
Da die Witwenbeihilfe in monatlichen Beträgen gewährt wird, müssen die Einkünfte aus Einkunftsarten mit einer jährlichen Ermittlungsweise grundsätzlich mittels einer Division durch zwölf in monatliche Einkommensbeträge umgerechnet werden. Hat allerdings die Grundlage der Einkünfte einer Einkunftsart nicht während des gesamten Jahres bestanden, sind die jährlichen Einkünfte auf die Anzahl der entsprechenden Monate zu verteilen.
Ein Vergleich mit anderen Regelungen zur Einkommensberücksichtigung bestätigt das zu § 48 BVG gefundene Ergebnis.
So können die Einkommensanrechnungsvorschriften der Verordnung zur Kriegsopferfürsorge (KFürsV) idF des Gesetzes vom 13.12.2007 (BGBl I 2904) herangezogen werden, die in Grundzügen mit den Bestimmungen der AusglV vergleichbar sind; zum Teil wird sogar auf die AusglV Bezug genommen.
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Für die Ermittlung von Einkünften aus Kapitalvermögen sieht § 35 KFürsV folgende Regelungen vor: |
(1) |
Welche Einkünfte zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, bestimmt sich nach § 20 Abs 1 bis 3 EStG. |
(2) |
Als Einkünfte aus Kapitalvermögen sind die Jahreseinnahmen anzusetzen, vermindert um die Kapitalertragsteuer sowie um die mit der Erzielung der Einkünfte verbundenen notwendigen Ausgaben (§ 25d Abs 3 Nr 4 BVG). |
(…) |
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Auch diese Regelung nimmt zunächst zur Bestimmung der Einkünfte aus Kapitalvermögen auf das Einkommensteuerrecht Bezug und stellt sodann ausdrücklich fest, dass sich die Höhe der Einkünfte nach den Jahreseinnahmen - vermindert um Steuern und Ausgaben - richtet. Dass hier die Kapitalertragsteuer - anders als bei § 11 Abs 1 AusglV - abzusetzen ist, ergibt sich daraus, dass bei den Leistungen der Kriegsopferfürsorge das Nettoeinkommen zu berücksichtigen ist (vgl § 25d Abs 3 BVG).
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Den für die Anrechnung maßgebenden Zeitraum regelt § 40 KFürsV: |
(1) |
Soweit die Einkünfte als Jahreseinkünfte berechnet werden, gilt der zwölfte Teil dieser Einkünfte zusammen mit den monatlich berechneten Einkünften als monatliches Einkommen. |
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Ist der Betrieb oder die sonstige Grundlage der als Jahreseinkünfte zu berechnenden Einkünfte nur während eines Teils des Jahres vorhanden oder zur Einkommenserzielung genutzt, sind die Einkünfte aus der betreffenden Einkunftsart nur für diesen Zeitraum zu berechnen; für ihn gilt als monatliches Einkommen derjenige Teil der Einkünfte, der der Anzahl der in den genannten Zeitraum fallenden Monate entspricht. Satz 1 gilt nicht für Einkünfte aus Saisonbetrieben und andere ihrer Natur nach auf einen Teil des Jahres beschränkte Einkünfte, wenn die Einkünfte den Hauptbestandteil des Einkommens bilden. |
Während Abs 1 ausdrücklich bestimmt, dass Einkünfte, die auf der Basis einer jährlichen Betrachtungsweise ermittelt werden, durch zwölf zu dividieren sind, um den Anrechnungsbetrag zu erhalten, sieht Abs 2 eine abweichende Berechnungsmethode für solche Fälle vor, in denen die Tätigkeit oder sonstige Grundlage der Einkünfte nicht das ganze Jahr hindurch ausgeübt worden oder vorhanden gewesen ist. Dadurch, dass die Regelung in § 40 Abs 2 S 1 Halbs 1 KFürsV für diese abweichende Berechnungsweise auf "die Einkünfte aus der betreffenden Einkunftsart" abstellt, wird deutlich, dass es für eine solche unterjährige Berücksichtigung von Einkünften auf sämtliche Einkünfte einer Einkunftsart ankommt und nicht nur auf einzelne Einkünfte.
Vergleichbare Einkommensanrechnungsvorschriften sieht die Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII (§ 6 zu Einkünften aus Kapitalvermögen, § 11 zu dem maßgebenden Zeitraum) vor.
Unter Berücksichtigung dieser Regelungen ist auch für § 1 Abs 4 S 1 und § 11 AusglV der Schluss zu ziehen, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich der Überschuss der jährlichen Gesamteinnahmen über die Werbungskosten sind. Ist während des gesamten Jahres ertragbringend Kapital angelegt worden, so sind die Einkünfte aus Kapitalvermögen - auch bei wechselnder Höhe des Kapitalbestandes - zusammengenommen in Höhe eines Zwölftels als monatliches Einkommen zu berücksichtigen. Nur wenn im Laufe eines Jahres erstmalig überhaupt Kapital angelegt oder die gesamte Kapitalanlage beendet wird, sind die Einkünfte durch die Anzahl der entsprechenden Monate zu teilen und in dieser Höhe als monatliches Einkommen zu berücksichtigen.
Entgegen der Auffassung des LSG ergibt sich nichts anderes aus den Regelungen in § 60 Abs 4 S 1 und 3 BVG. Denn diese Bestimmungen betreffen nicht die Einkommensermittlung und -anrechnung, sondern ausschließlich die Frage, ab welchem Zeitpunkt Leistungen entzogen oder gemindert werden können. § 60 Abs 4 BVG bestimmt den frühesten Zeitpunkt, ab dem der Wegfall von Voraussetzungen oder eine Erhöhung von Einkommen berücksichtigt werden kann (vgl Knörr in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl 2012, § 60 BVG RdNr 14 f; Rohr/Sträßer/Dahm, BVG, Soziales Entschädigungsrecht und Sozialgesetzbücher, Stand Februar 2013, § 60 Anm 5). Diese Frage stellt sich erst, wenn zuvor geklärt worden ist, ob, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum Einkommen erzielt worden ist und angerechnet werden kann. Letzteres ergibt sich nicht aus § 60 Abs 4 BVG, sondern aus § 48 Abs 2 S 2 BVG iVm § 1 Abs 4 S 1 und § 11 AusglV.
ddd) Auch der Sinn und Zweck der Berücksichtigung von Einkünften aus Kapitalvermögen bei der Bewilligung von Witwenbeihilfe führt zu dem vom Senat vertretenen Auslegungsergebnis. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Sinns und Zwecks der Einkommensberücksichtigung im Allgemeinen als auch hinsichtlich der Anrechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen im Besonderen.
Der Anspruch auf Witwenbeihilfe soll die Minderung des Familieneinkommens infolge Wegfalls der Versorgungsbezüge des verstorbenen Beschädigten teilweise ersetzen und einen Ausgleich dafür schaffen, dass der Beschädigte während des Erwerbslebens für seine Hinterbliebenen nur eine "lückenhafte" Versorgung hat aufbauen können, weil er durch die Schädigungsfolgen beeinträchtigt und deshalb nicht in der Lage gewesen ist, so für seine Angehörigen vorzusorgen, wie es ihm als Nichtbeschädigter möglich gewesen wäre (Dau in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl 2012, § 48 BVG RdNr 1). Ist das Einkommen der Hinterbliebenen allerdings tatsächlich nicht vermindert, verfügen diese also über Einkommen in ausreichender Höhe, so wird die Beihilfe gekürzt bzw der Anspruch entfällt ganz. In diesem Fall ist die Gewährung von Witwenbeihilfe nicht erforderlich.
Besteht während des gesamten Jahres eine Kapitalanlage, aus der ein Hinterbliebener Einkünfte erzielt, ist es gerechtfertigt, diese Einkünfte bei der Gewährung der Beihilfe für die Dauer des gesamten Jahres zu berücksichtigen. Das gilt auch bei einer unterjährigen Erhöhung des Kapitalbestandes. Die Zinsen, die aus einer solchen Geldanlage fließen, sind zusammen mit den übrigen Zinseinkünften in Höhe eines Zwölftels für jeden Kalendermonat anzurechnen. Üblicherweise wirkt sich diese Vorgehensweise zu Gunsten des Hinterbliebenen aus. Denn wenn die jährlichen Gesamteinkünfte durch zwölf geteilt werden, ergibt sich ein niedrigerer monatlicher Anrechnungsbetrag als bei einer Division mit einem kleineren Divisor. Hat der Hinterbliebene allerdings insgesamt so hohe Einkünfte erzielt, dass auch bei einer Aufteilung der Einkünfte auf zwölf Monate die Einkommensgrenze um den Zahlbetrag der Beihilfe überschritten ist, liegt keine Einkommensminderung vor, die durch die Beihilfe ausgeglichen werden müsste. Der Wegfall des Anspruchs entspricht dann dem Sinn und Zweck der Einkommensanrechnung auf die Beihilfe.
Mit Blick auf die Besonderheiten der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist im Grundsatz dem SG zuzustimmen, wenn dieses den Tatbestand der Kapitalanlage mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit vergleicht. Nimmt eine Witwe im Laufe des Jahres erstmalig eine Erwerbstätigkeit auf, kann das erzielte Arbeitseinkommen erst ab diesem Zeitpunkt bei der Gewährung der Beihilfe berücksichtigt werden. Gleiches gilt für Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn im Laufe eines Jahres erstmalig überhaupt Kapital angelegt wird. Etwas anderes gilt allerdings, wenn bereits seit Anfang des Jahres bzw ab einem noch früheren Zeitpunkt Kapital angelegt ist und im Laufe des Jahres eine weitere Kapitalanlage hinzukommt. In diesem Fall kann die Feststellung, ob und seit wann Einkünfte aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind, nicht beschränkt auf jede einzelne Kapitalanlage erfolgen. Ebenso wenig kann mit Blick auf die neue Kapitalanlage davon gesprochen werden, es sei erstmalig Kapital angelegt worden; vielmehr hat sich in einem solchen Fall lediglich die Höhe des insgesamt angelegten Kapitals im Laufe des Jahres geändert. Ein solcher unterjähriger Zufluss von Kapital hat keine Auswirkungen auf den Zeitraum der Anrechnung der erzielten Zinseinkünfte. Wie wenig sachgerecht eine isolierte Betrachtung einzelner Kapitalanlagen ist, zeigt sich insbesondere dann, wenn man nicht - wie die Vorinstanzen im Fall der Witwe - einen einzigen großen Betrag, sondern - konsequenterweise - jede Veränderung im Kapitalvermögen des Berechtigten mit Auswirkungen auf die Höhe der Einkünfte in den Blick nimmt. Je nach den entsprechenden finanziellen Aktivitäten des Berechtigten würde auf diese Weise ein sehr hoher Verwaltungsaufwand entstehen können.
An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts, wenn das weitere Kapital - wie im vorliegenden Fall - im Laufe des Jahres auf ein separates Konto eingezahlt wird, so dass am Ende des Jahres die Höhe der für diese konkrete Kapitalanlage erzielten Zinsen auf einfache Weise zu ermitteln ist. Auch solche Gegebenheiten können nicht zu einer separaten Berücksichtigung der betreffenden Zinsen führen. Andernfalls würde die Anrechnung der Einkünfte von Umständen abhängig gemacht, die einen zufälligen Charakter haben. Möglich wäre nämlich auch, dass der Betrag auf ein bestehendes Konto eingezahlt wird, auf dem bereits Kapital vorhanden ist. Beide Sachverhalte können nicht unterschiedlich behandelt werden, denn die Höhe der Einkünfte des Berechtigten wäre gleich.
cc) Unter Heranziehung dieser Grundsätze sind die Einkommensverhältnisse der Witwe, die bei Erteilung des Bewilligungsbescheids vom 3.6.2003 vorgelegen haben, mit denen zu vergleichen, die in der Zeit ab 1.1.2006 bestanden haben.
Aus der Anlage zu dem Bescheid vom 3.6.2003 ergibt sich, dass der Beklagte von anzurechnendem Einkommen in Höhe von gerundet 1836 Euro monatlich ausgegangen ist (Witwenrente 952,34 Euro, Altersrente 332,01 Euro, Betriebsrente VBL 542,47 Euro sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen 0,00 Euro, da der Freibetrag nach § 11 Abs 2 AusglV unterschritten war). Da dieses Einkommen unterhalb der angewendeten Einkommensgrenze nach § 48 Abs 2 S 2 BVG in Höhe von 2189 Euro lag, ist der Beklagte seinerzeit zu der Entscheidung gelangt, die Witwenbeihilfe in ungekürzter Höhe zu gewähren.
In dem angefochtenen Bescheid vom 10.3.2008 hat der Beklagte demgegenüber Einkommen der Witwe in Höhe von monatlich 2401,49 Euro zugrunde gelegt (Witwenrente 962,28 Euro, Altersrente 335,47 Euro, Betriebsrente VBL 569,21 Euro sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen 534,53 Euro). Ob dieses Einkommen der Witwe für den maßgebenden Zeitraum von Januar bis April 2006 zutreffend ermittelt worden ist, kann der Senat nicht beurteilen, weil dazu entsprechende Tatsachenfeststellungen des LSG fehlen. Dies gilt vor allem hinsichtlich der hier streitigen Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Aus der Anlage zu dem Bescheid vom 10.3.2008 geht hervor, dass die Witwe bei mehreren Sparkassen und Banken Kapital angelegt hatte und im Jahre 2006 hieraus Zinseinkünfte erzielt hat. Nach der vom Senat vertretenen Auffassung können diese Einkünfte dann für das gesamte Jahr 2006 und damit auch für die Monate Januar bis April berücksichtigt werden, wenn ertragsbringende Kapitalanlagen während des gesamten Jahres 2006 bestanden haben. Hierzu hat das LSG keine Feststellungen getroffen. Vielmehr hat sich das LSG - nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig - ausschließlich mit den Zinseinkünften aus der Kapitalanlage in Höhe von 174 000 Euro befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, diese Einkünfte könnten in dem hier streitigen Zeitraum nicht berücksichtigt werden. Auch die Anlage zu dem Bescheid vom 10.3.2008 enthält keine Angaben dazu, ab welchem Zeitpunkt die einzelnen dort aufgeführten Kapitalanlagen der Witwe bestanden haben. Im Revisionsverfahren können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (vgl § 163 SGG).
c) Die betreffenden Tatsachenfeststellungen sind nicht entbehrlich. Der angefochtene Verwaltungsakt ist nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht schon aus anderen Gründen rechtswidrig.
Da der Bescheid vom 10.3.2008 die Bewilligung der Witwenbeihilfe für die Vergangenheit aufhebt, müssen auch die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 2 SGB X erfüllt sein. Nach dieser Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr 1), der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr 3), oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr 4).
Das LSG hat angenommen, dass die Voraussetzungen der Nr 3 gegeben seien. Auch um diese Beurteilung bestätigen zu können, bedarf es weiterer Tatsachenfeststellungen. Insbesondere fehlen Feststellungen zu der Frage, ob ein atypischer Fall gegeben ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG und einhelliger Auffassung in der Literatur bedeutet das Wort "soll" in § 48 Abs 1 S 2 SGB X, dass der Leistungsträger in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufheben muss, er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann. Die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, ist nicht im Rahmen der Ermessensausübung zu klären, sondern im Rechtsstreit von den Gerichten zu entscheiden (BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 46; Steinwedel in KasselerKomm, Stand August 2012, § 48 SGB X RdNr 36 mwN; Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 48 RdNr 20). Obwohl der angefochtene Bescheid keine Ausführungen zum Fehlen einer Atypik enthält, ist er deswegen nicht rechtswidrig. Vielmehr muss das Gericht selbst prüfen, ob ein atypischer Fall gegeben ist. Es darf den angefochtenen Bescheid nur dann wegen fehlender Ermessensausübung aufheben, wenn die eigene Prüfung einen atypischen Fall ergibt (BSG Urteil vom 5.4.2012 aaO; Steinwedel, aaO RdNr 38 mwN). Eine solche Prüfung hat das LSG nicht durchgeführt. Der Senat kann diese Beurteilung nicht selbst vornehmen, da es an einer Feststellung der insoweit bedeutsamen Umstände mangelt.
Soweit es die Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 3.6.2003 betrifft, ist das Berufungsurteil daher aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).
3. Die streitige Rückforderung des Betrages von 992 Euro hat der Beklagte mit Bescheid vom 10.3.2008 auf § 50 Abs 1 SGB X gestützt. Da eine Erstattungspflicht der Kläger in dieser Höhe nur dann besteht, wenn der Bewilligungsbescheid vom 3.6.2003 für die Zeit vom 1.1.2006 bis 30.4.2006 zu Recht aufgehoben worden ist, kann auch dazu noch keine abschließende Entscheidung getroffen werden. Folglich ist das Berufungsurteil auch insoweit aufzuheben und dieser Gegenstand in die Zurückverweisung der Sache einzubeziehen.
4. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
5. Die endgültige Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 S 1 und § 40 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 6314654 |
WzS 2014, 144 |
SGb 2014, 138 |
SGb 2014, 197 |
Breith. 2014, 473 |