Rz. 47
Die Terminsgebühr ist in der Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG sowie in Nr. 3104, 3106 VV RVG geregelt. In den Gebührentatbeständen wird ab dem 1.8.2013 nicht mehr zwischen Verfahren nach § 183 und nach § 197a differenziert.
Bei der Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG handelt es sich um eine Tätigkeitsgebühr, die den Charakter einer Anwesenheitsgebühr hat (FG Düsseldorf, Beschluss v. 26.4.2010, 11 Ko 4752/09 KF; OLG Zweibrücken, Beschluss v. 6.2.2007, 4 W 13/07). Sie entsteht
- bei der vertretungsbereiten Teilnahme an einem gerichtlichen Termin,
- bei der Wahrnehmung eines von einem Sachverständigen anberaumten Termins,
- bei der Teilnahme an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung mit der Gegenseite mit oder ohne Beteiligung des Gerichts in einem Verfahren (sog. Besprechungsgebühr)
unabhängig davon, ob die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren (§ 124) vorgeschrieben ist. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage kann eine Besprechungsgebühr (Vorbem. 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG) auch in Verfahren nach § 86b SGG anfallen (BT-Drs. 17/11471 (neu) S. 275).
Die Terminsgebühr entsteht für die Vertretung in einem gerichtlichen Termin, d. h. in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin, nicht aber bei der Wahrnehmung eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung (Vorbem. 3 Abs. 3 Satz 2 VV RVG). Für den Anfall der Gebühr genügt, dass ein gerichtlicher Termin stattfindet und der Rechtsanwalt diesen Termin in dem Sinne wahrnimmt, dass er vertretungsbereit anwesend ist (BVerwG, Beschluss v. 24.2.2010, 9 KSt 3/10). Eine Verhandlung zur Sach- und Rechtslage im Termin ist nicht erforderlich. Ein Gerichtstermin beginnt mit dem (zumindest konkludenten) Aufruf zur Sache (§ 112 Abs. 1 Satz 2; BGH, Beschluss v. 11.12.2010, VIII ZB 16/10; BVerwG, Beschluss v. 11.2.2010, 9 KSt 3/10; a. A. LSG Bayern, Beschluss v. 2.2.2011, L 15 SF 22/09 B, wonach für den Anfall einer Terminsgebühr genügt, dass eine Streitsache ohne Einhaltung der Formvorschriften in einem Termin mitverhandelt wird) und endet nach § 121 Satz 1 mit seiner Schließung durch den Vorsitzenden (LSG Thüringen, Beschluss v. 10.4.2013, L 6 SF 471/13 B). Für jede Terminswahrnehmung entsteht grundsätzlich eine Terminsgebühr erneut, jedoch kann ein Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit die Terminsgebühr in einem Verfahrensabschnitt nur einmal fordern (§ 15 Abs. 2 Satz 2 RVG). Wenn in mehreren Verfahren gleichzeitig verhandelt wird, ohne dass die Verfahren vor Aufruf der Streitsachen durch das Gericht verbunden worden sind, fällt in jeder Streitsache eine gesonderte Terminsgebühr an (zur Bemessung der Terminsgebühr bei mehreren verhandelten Verfahren (vgl. Rz. 72, 78).
In Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist und das Gericht durch Beschluss ohne Durchführung eines gerichtlichen Termins entscheidet, fällt grundsätzlich keine Terminsgebühr an (BGH, Beschluss v. 1.2.2007, V ZB 110/06; BAG, Beschluss v. 20.6.2006, 3 AZB 78/05; LSG Sachsen, Beschluss v. 7.2.2008, L 6 B 33/08 AS-KO). In einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 86b und anderen Beschlussverfahren ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht vorgeschrieben (§ 124 Abs. 3), sodass in diesen Verfahren in der Regel keine Terminsgebühr, auch keine fiktive (vgl. Rz. 51 f.), anfallen kann.
Im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren kann eine Terminsgebühr von einem Rechtsanwalt nicht in Ansatz gebracht werden. Die Gebühren für die Besprechungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren sind abschließend im 2. Teil des Vergütungsverzeichnisses (Geschäftsgebühr nach Nr. 2300, 23021 VV RVG) bzw. in Nr. 1000, 1002, 1005, 1006 VV RVG (Einigungs-/Erledigunggsgebühr) geregelt (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 13.9.2007, L 13 B 7/07 SF; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 18.12.2007, 2 E 11030/07). In Vorbem. 3 Abs. 1 Satz 1 VV RVG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Anwendung von Teil 3 VV RVG, in dem u. a. die Terminsgebühr geregelt ist, einen unbedingten Auftrag für ein gerichtliches Verfahren voraussetzt (BT-Drs. 17/11471 (neu) S. 274).
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Eine Terminsgebühr entsteht des Weiteren, wenn der Rechtsanwalt an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung mit der Gegenseite – mit oder ohne Beteiligung des Gerichts (vgl. hierzu OVG Bremen, Beschluss v. 24.4.2015, 1 S 250/14) – teilnimmt (Vorbem. 3 Abs. 3 Satz 3 VV RVG; sog. Besprechungsgebühr). Es genügt, dass der Rechtsanwalt nach der Erteilung des Prozessauftrags durch einen Beteiligten, d. h. eines unbedingten Klageauftrags, eine Besprechung mit dem Gegner durchführt, die auf die Vermeidung eines Rechtsstreits oder nach der Anhängigkeit eines Rechtsstreits auf dessen Beendigung zielt (BGH, Beschluss v. 8.2.2007, IX ZR 215/05, und Urteil v. 1.7.2010, IX ZR 198/09). Das Ergebnis der Besprechung ist für das Entstehen der Terminsgebühr ohne Bedeutung. Mit der Ausweitung der Terminsgebühr auf außergerichtliche Besprechungen ...