Rz. 79
Absatz 2 enthält dazu keine Regelung. Anders als bei § 123 Abs. 3 VwGO fehlt eine Inbezugnahme des § 927 ZPO. Gleichwohl ist nach herrschender Auffassung Abs. 1 Satz 4 entsprechend anzuwenden (Adolf, in: Hennig, SGG, § 86b Rn. 101; Keller, SGG, § 86b Rn. 45 f.).
Rz. 80
Eine Abänderungsmöglichkeit von Eilentscheidungen sieht das SGG nur in § 86b Abs. 1 Satz 4 für Anfechtungssachen vor (hierzu Rz. 52 ff). In der für Vornahmesachen maßgebenden Regelung des § 86b Abs. 2 fehlt eine entsprechende Bestimmung. Diese Gesetzeslücke ist zu schließen. Für den einstweiligen Rechtsschutz in Zivilsachen kann eine Eilentscheidung nach Maßgabe des § 927 ZPO abgeändert werden. Diese Norm kann indes entgegen einer verbreiteten Meinung (vgl. Keller, SGG, § 86b Rn. 45; OVG Hamburg, Beschluss v. 20.6.1994, Bs IV 122/94, FEVS 45 S. 189; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 12.5.1995, 1 S 1310/95, DVBl. 1995 S. 929) für einstweilige Anordnungen schon deswegen nicht herangezogen werden, weil die Bestimmung des § 86b Abs. 2 Satz 4, die die entsprechende Anwendung von Vorschriften der ZPO über den Arrest und die einstweilige Verfügung anordnet (vgl. auch BT-Drs. 14/5943 S. 25), § 927 ZPO ausdrücklich aus der Verweisungskette ausnimmt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 11.10.2010, L 7 SO 3392/10 ER-B, NZS 2011 S. 197; zu § 123 Abs. 3 VwGO: VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 6.12.2001, a. a. O.; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 18.5.2010, a. a. O.; Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rn. 35; vgl. auch BVerwG, Beschluss v. 25.4.1985, 4 C 13/85, Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 45). Überdies kann eine Eilentscheidung nach § 927 ZPO nur unter einschränkenden Voraussetzungen abgeändert werden, während Beschlüsse in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 Satz 4 "jederzeit", d. h. ohne Bindung an Fristen und ohne dass eine Änderung der Sach- und Rechtslage vorausgesetzt wird (Keller, SGG, § 86b Rn. 20; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 86b Rn. 46), abgeändert werden können (zutreffend LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 11.10.2010, L 7 SO 3392/10 ER-B, NZS 2011 S. 197). Im Ergebnis besteht indes weitgehend Einigkeit darüber, dass auch bei einstweiligen Anordnungen, die der formellen und materiellen Rechtskraft fähig sind (hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 8.9.2010, L 7 SO 3038/10 ER-B), dem im Einzelfall bestehenden Bedürfnis nach Aufhebung oder Abänderung aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) Rechnung zu tragen ist (LSG Bayern, Beschluss v. 16.7.2009, L 8 SO 85/09 B ER; LSG Berlin, Beschluss v. 10.7.2002, L 15 B 39/02 KR ER, NZS 2002 S. 670; Beschluss v. 26.10.2004, L 15 B 88/04 KR ER; Keller, SGG, § 86b Rn. 45; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 86b SGG Rn. 106; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 18.5.2010, 8 ME 111/10, DVBl. 2010 S. 926).
Die Aufhebungs- bzw. die Abänderungsbefugnis besteht demnach im gesamten Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes nach dem SGG.