Rz. 17
Abs. 2 Satz 1 bis 3 entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den Regelungen in § 98 Abs. 2 Satz 1 bis 3 SGB XII, die ihrerseits § 97 Abs. 2 BSHG a. F. zum Vorbild haben. Abs. 2 Satz 1 enthält eine Regelung über die örtliche Zuständigkeit für Leistungen in Einrichtungen, die der Krankenbehandlung oder anderen Maßnahmen nach dem AsylbLG dienen. Die Vorschrift dient dem Schutz des Einrichtungsortes (OVG Münster, Beschluss v. 23.6.2000, 16 B 738/00).
Rz. 18
Der Einrichtungsbegriff ist den sozialhilferechtlichen Regelungen in § 13 SGB XII angenähert. Diese Vorschrift differenziert ambulante Leistungen, die außerhalb von Einrichtungen erbracht werden, und teilstationäre und stationäre Leistungen, die in Einrichtungen erbracht werden. Dementsprechend sind in Abs. 2 teilstationäre und stationäre Einrichtungen erfasst. In erster Linie gehören dazu Krankenhäuser und Pflegeheime sowie Entbindungseinrichtungen und Säuglingsstationen. Auch Frauenhäuser zählen dazu, da sie nicht bloß dem Wohnen dienen, sondern Frauen und Kindern Schutz vor häuslicher und sexueller Gewalt bieten. Sie dienen damit "anderen Maßnahmen nach diesem Gesetz". (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 23.6.2016, L 20 AY 38/16 B; Groth, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., AsylbLG, § 10a Rz. 47). Gemeinschaftsunterkünfte gehören nicht dazu; sie dienen allein Wohnzwecken (Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, 8. Aufl. 2024, AsylbLG, § 10a Rz. 25).
Rz. 19
Örtlich zuständig ist gemäß Abs. 2 Satz 1 die Behörde, in deren Bereich der Ausländer (vor der Aufnahme in die Einrichtung) seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme oder in den 2 Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatte. Nur dann, wenn der leistungsberechtigte Ausländer zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist maßgeblich, wo er in den letzten 2 Monaten einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hatte. Bestand auch in diesem Zeitraum kein gewöhnlicher Aufenthalt oder ist ein solcher nicht feststellbar, weil der Betreffende untergetaucht war, so ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Gebiet die Einrichtung liegt (Groth, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., AsylbLG, § 10a Rz. 51 f.). Wechselt der Ausländer die Einrichtungen in der Weise, dass er ununterbrochen in verschiedenen Einrichtungen untergebracht wird, ist maßgeblich für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit der Aufenthalt vor der ersten Aufnahme in eine Einrichtung. Hinsichtlich der im Gesetz genannten 2-Monats-Frist ist auf die 2 Monate vor dem Tag der Aufnahme in die Einrichtung abzustellen, wobei der Tag der Aufnahme nach § 187 Abs. 1 BGB analog nicht mitzählt.
Rz. 20
Die Gesetzesmaterialien führen zum gewöhnlichen Aufenthalt aus (BT-Drs. 13/2746 zu § 10a), dass dieser dann als gegeben anzusehen ist, wenn der Aufenthalt "auf eine gewisse Dauer" angelegt ist. In der Rechtsprechung ist zuvor ähnlich formuliert worden, dass jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort hat, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt. Dies entspricht auch der Legaldefinition in Abs. 3 Satz 1. Der Aufenthalt ist bei einer Dauer von zumindest einigen Monaten nicht mehr vorübergehend (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 25.1.1995, 8 B 3194/94). Eine Unterbringung im Frauenhaus ist nach Auffassung des VG Gießen regelmäßig vorübergehend (VG Gießen, Beschluss v. 15.2.2000, 6 G 294/00), wenn nicht besondere Umstände eine andere Beurteilung nahe legen (z. B. wenn die Ausländerbehörde eine andere Verteilungsregelung trifft und nunmehr einen dauerhaften Aufenthalt am Ort des Frauenhauses erlaubt, vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.). Demgegenüber hat das VG Aachen formuliert, dass auch beim Einzug in ein Frauenhaus dort ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet werden könne, weil i. d. R. noch nicht feststehe und sich auch nicht hinreichend bestimmen lasse, wann das Frauenhaus wieder verlassen werde (VG Aachen, Gerichtsbescheid v. 23.7.2004, 6 K 2556/04, mit zustimmenden Anm. Hohm, in: jurisPR-SozR 48/2004 Rz. 5, unter Hinweis auf VGH München, Beschluss v. 5.12.2001, 12 B 98.1044, und VGH Kassel, Entscheidung v. 9.10.2003, 10 ZU 2113/03). Eine Antragstellerin, die zu einem einjährigen Au-pair-Aufenthalt nach Deutschland gekommen ist, kann bei ihrer Gastfamilie einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 13.1.2014, L 9 SO 20/13 B ER).
Rz. 21
Ein gewöhnlicher Aufenthalt wird nicht dort begründet, wo eine Frau, die für ein Vorstellungsgespräch vorsprechen und dann in ihr Heimatland zurückkehren wollte, gegen ihren Willen für einige Tage festgehalten wird (VG Hannover, Urteil v. 22.4.2008, 3 A 4393/04).
Rz. 22
Die Zuständigkeitsregelung des Abs. 2 Satz 3 geht, soweit ihre Anwendungsvoraussetzungen vorliegen, als speziellere Regelung der Bestimmung des Abs. 2 Satz 1 vor (BVerwG, Beschluss v. 19.6.2006, 5 B 70/05).
Rz. 23
Streitig ist das Verhältnis von § 10a zu § 10b in den Fällen, in denen es ...