Rz. 9
Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen von Abs. 1 Satz 1 vor (mindestens 15-monatiger Aufenthalt im Bundesgebiet und keine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung des Aufenthalts), sind Leistungen in entsprechender Anwendung von Vorschriften des SGB XII und Teil 2 des SGB IX zu gewähren. Leistungsempfänger nach § 1 AsylbLG erhalten keine Leistungen in direkter Anwendung des SGB XII oder vergleichbarer Landesgesetze. Dies stellen § 9 Abs. 1 und § 23 Abs. 2 SGB XII klar. Sie erhalten auch keine Leistungen der Eingliederungshilfe unmittelbar nach den Vorschriften des SGB IX. Dies stell § 100 Abs. 2 SGB IX klar. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9522 S. 277) sollen allerdings die Regelungen zur Eingliederungshilfe für Ausländer nach Teil 2 des SGB IX-E ebenso wie die Regelungen der Sozialhilfe für Ausländer nach dem SGB XII entsprechende Anwendung finden. Ob es sich bei der entsprechenden Anwendung von SGB XII und SGB IX um eine Rechtsfolgenverweisung oder eine Rechtsgrundverweisung handelt, hat das BSG (Urteil v. 9.6.2011, B 8 AY 1/10 R) dahinstehen lassen. Abs. 1 Satz 1 stellt im Wortlaut klar, dass Vorschriften des SGB XII und SGB IX "abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7" entsprechend anzuwenden sind. Es handelt sich um Grundleistungen (§ 3), Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt (§ 4), sonstige Leistungen (§ 6) und Einkommen und Vermögen (§ 7). Dies ist so zu interpretieren, dass alle Vorschriften des SGB XII, die das Leistungsverhältnis betreffen, entsprechend anzuwenden sind (vgl. dazu Herbst, in: Mergler/Zink, AsylbLG, § 2 Rz. 42; Oppermann/Filges, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., AsylbLG, § 2 Rz. 172 bis 207).
Rz. 10
Durch die am 6.8.2016 in Kraft getretene Änderung des § 2 Abs. 1 Satz 1 wird klargestellt, dass von den Regelungen der §§ 5 (Arbeitsgelegenheiten) und 5b (Sonstige Leistungen zur Integration) nicht abgewichen werden soll. Es soll auch Analogleistungsberechtigten die Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung außerhalb des allgemeinen Arbeitsmarkts eröffnet werden (Oppermann/Filges,in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., AsylbLG, § 2 Rz. 150). Ob auch für Analogleistungsempfänger nach § 1a die dort normierten Leistungseinschränkungen in Betracht kommen, wird unterschiedlich gesehen (dafür: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss v. 15.6.2020, L 9 AY 78/20 B ER, dagegen: Hess. LSG, Beschluss v. 2.6.2020, L 4 AY 7/20 B ER). Bei den Leistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII und des SGB IX ist den Besonderheiten des AsylbLG Rechnung zu tragen. Dabei handelt es sich um den nicht verfestigten ausländerrechtlichen Status der Leistungsempfänger und ihren grundsätzlich nur vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet. Zur Realität gehört indes, dass sich Leistungsempfänger aufgrund langjähriger Duldung viele Jahre im Bundesgebiet aufhalten (Herbst, in: Mergler/Zink, AsylbLG, § 2 Rz. 41; Oppermann/Filges, a. a. O., Rz. 155).