Rz. 2
Die Vorschrift ist fast wortgleich mit dem früheren § 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 BSHG. Die Regelung des § 15a Abs. 1 Satz 3 BSHG wurde zu § 29 Abs. 1 Satz 6 in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung (vgl. BT-Drs. 15/1514 S. 60 zu § 35). Eine (§ 15a Abs. 1 Satz 3) entsprechende leicht veränderte und erweiterte Bestimmung findet sich jetzt in § 35 Abs. 1 Satz 2 bis 5 aber nicht in § 36 (vgl. dazu Rz. 16).
Rz. 3
§ 36 trägt dem Umstand Rechnung, dass in bestimmten Fällen die üblichen Leistungen zum Lebensunterhalt nicht ausreichen, um dringende Bedarfslagen zu beseitigen. Inhaltlich ist die Vorschrift bereits in dem Grundsatz der vorbeugenden und nachgehenden Leistungen (§ 15) angelegt. Hierauf wurde vor Einführung des § 15a BSHG von der Praxis auch zurückgegriffen. Die Regelung hat insofern Ausnahmecharakter, als sie dem Grundsatz widerspricht, dass Sozialhilfeleistungen nicht zur Schuldentilgung erbracht werden sollen. Nicht unproblematisch kann im Einzelfall das Konkurrenzverhältnis zwischen § 36 und § 37 sein (vgl. dazu Rz. 21).
Rz. 4
In der Anfangszeit nach Einführung des SGB II und des SGB XII ab dem 1.1.2005 erhielt die Vorschrift Bedeutung im Rahmen der Leistungen von Arbeitslosengeld II; denn dort gab es zunächst keine dem § 36 vergleichbare Regelung, nach der ohne das Vorliegen besonderer zusätzlicher Voraussetzungen rückständige Miet- bzw. Heizkosten oder sonstige Energiekostenrückstände übernommen werden konnten, was zu einer Vielzahl gerichtlicher Verfahren insbesondere im Eilrechtsschutz führte. Zur Überwindung dieses Mangels wurde die Auffassung vertreten, § 36 – damals noch § 34 – könne auch für Leistungsberechtigte nach dem SGB II Anwendung finden. Die Anwendung sei nicht durch § 5 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen (vgl. zuletzt z. B. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 4.4.2006, L 3 ER 41/06 AS; Sächsisches LSG, Beschluss v. 11.7.2006, L 3 B 193/06 AS-ER). Die Problematik wurde zwischenzeitlich dadurch beseitigt, dass der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende v. 20.7.2006 (BGBl. I S. 1706) § 22 (Abs. 5) SGB II mit Wirkung zum 1.8.2006 geändert hat, der seitdem – inzwischen in § 22 Abs. 8 und 9 SGB II – eine dem § 36 vergleichbare Regelung enthält. Die systematisch nicht unproblematische Rechtsprechung zur Anwendung des § 36 im Leistungsbereich des SGB II ist dadurch obsolet geworden (so auch Berlit, in: LPK-SGB XII, 6. Aufl. 2017, § 22 Rz. 239). Für Personen, die grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II erhalten könnten, aber nicht bedürftig sind, bleibt § 36 SGB XII jedoch anwendbar (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 SGB XII – vgl. dazu auch Rz. 6).