Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Kodierung. OPS 2016 Nr 8-98f (Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung; Basisprozedur). Merkmal "Blutbank" ist erfüllt, soweit Blutdepot nach § 11a TFG vorhanden ist
Leitsatz (amtlich)
Der im OPS-Kode 2016 8-98f* (Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung) verwendete Begriff der "Blutbank" ist jedenfalls erfüllt, wenn das Krankenhaus über ein Blutdepot iSv § 11a Transfusionsgesetz (TFG) verfügt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 05.04.2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.742,06 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit der Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung über das Vorliegen der Strukturvoraussetzungen für die Kodierung des Operationen- und Prozeduren-Schlüssels (OPS) 8-98f* (Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung).
Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zur Versorgung der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassenes Krankenhaus. Sie verfügt über einen zentralen Lagerort und eine Ausgabenstelle zur Anwendung von Blutkomponenten. Leiter dieser Einrichtung war im Jahr 2016 ein Facharzt (Oberarzt) für Anästhesiologie mit der Berechtigung zum Führen der Zusatzbezeichnungen spezielle Intensivmedizin und Notfallmedizin. Ferner unterhält die Klinik ein immunhämatologisches Labor, in dem blutgruppenserologische Untersuchungen durchgeführt werden, die für die Transfusion von Blutprodukten erforderlich sind (Blutgruppenbestimmung, Antikörpersuche, Kreuzprobe). Die Leistungen des Labors stehen täglich 24 Stunden zur Verfügung.
Der unter Trisomie 21 leidende, bei der Beklagten krankenversicherte W. S. (geb 15.08.1961) wurde im Zentrum für Intensivmedizin der Klinik aufgrund einer Aspirationspneumonie stationär auf der Intensivstation behandelt. Vom 18.02.2016 bis 02.03.2016 wurde der Versicherte invasiv beatmet. Aus dem Trachealsekret gelang der Nachweis von Streptococcus pneumoniae und Staphylococcus aureus.
Die Klägerin stellte der Beklagten am 04.03.2016 für die Behandlung 17.537,45 € unter Zugrundlegung der Diagnosis Related Group (DRG) A13F mit der Hauptdiagnose J13 (Pneumonie durch Streptococcus pneumoniae) und dem OPS 8-98f.11 in Rechnung. Die Beklagte überwies zunächst den Rechnungsbetrag und schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg zur Frage der Beatmungsstunden und Prozeduren ein. Dr. v. B. führte im Gutachten vom 02.11.2016 aus, da als Hauptdiagnose J69.0 (Pneumonie durch Nahrung oder Erbrochenes) angesetzt werden müsse und die Strukturvoraussetzungen für OPS 8-98f.- bisher nicht erfüllt seien, ergebe sich mit OPS 8-980.11 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung) die DRG A13H (mit einem Basisbetrag von 11.557,82 €).
Die Beklagte rechnete jedoch am 05.01.2017 mit einem Betrag von 5.742,06 € auf.
Am 19.04.2017 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) auf Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen erhoben. Sie trägt vor, die Beatmungsstunden sowie die Änderung der Hauptdiagnose seien nicht entgeltrelevant. Allein streitig sei der OPS. Sie habe schon jährlich bei den Budgetverhandlungen mit den Kostenträgern eine Selbstauskunft zu den Strukturmerkmalen vorgelegt, so dass die Beklagte diesbezüglich beweisbelastet sei. Sie betreibe eine Blutbank. Denn dabei handele es sich um eine Lagerstätte für verschiedene Blutkonserven (www.wikipedia.de). Die Belieferung erfolge über den DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg, mit dem seit 1983 ein Vertrag bestehe. Alle weiteren Leistungen würde das DRK über sein Institut für klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik U. gGmbH (IKT U.) durchführen, wobei auch die Klägerin in der Lage sei, Prüfungen der Blutkonserven und blutgruppenserologische Untersuchungen (wie Blutgruppenbestimmung, Antikörpersuche und Kreuzproben) vorzunehmen. Das IKT U. könne in Dringlichkeitsfällen, auch innerhalb von 30 Minuten, liefern. Dies sei in dem von der Klägerin vorgelegten Vertrag seit 1983 fixiert. Der streitige OPS sei bezüglich der Frage, welche Leistungen konkret im eigenen Klinikum vorzuhalten seien, schon 2016 geändert worden, das hier streitige Merkmal jedoch nicht einbezogen worden. Damit sei klar, dass die Leistungen einer Blutbank nicht im eigenen Klinikum vorgehalten werden müssten. Die Forderung der Beklagten, es müsse ein transfusionsmedizinischer Dienst vorgehalten werden, sei nicht mit dem Grundsatz der wortlautgetreuen Auslegung zu vereinbaren. Sinnvoll sei dies nur, wenn die Klägerin auch Blutprodukte selbst herstellen würde, was traditionell jedoch die DRK-Blutspendedienste erbrächten. Das Gebiet der Transfusionsmedizin umfasse nach der Weiterbildungsordnung der Landes...