Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht bzw -freiheit. Künstler. Ausübung einer anderweitigen nicht künstlerischen selbstständigen Tätigkeit. Stromeinspeisung durch Betrieb einer Solaranlage. Maßgeblichkeit des Einkommensteuerbescheids. Beurteilung der Entgeltgeringfügigkeit im Rahmen einer vorausschauenden Betrachtung. Erwerbsmäßige selbstständige Tätigkeit. Regelmäßiges Arbeitseinkommen. Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Durchschnittswerte
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Frage, ob der in der Künstlersozialversicherung versicherte Künstler eine anderweitige (nicht künstlerische) selbstständige Erwerbstätigkeit (hier: Stromeinspeisung durch Solaranlage auf Wohnhausdach) ausübt, sind die Feststellungen des Einkommensteuerbescheids maßgeblich. Das gilt nicht für die Frage der (Entgelt-)Geringfügigkeit der selbstständigen Erwerbstätigkeit.
2. Insoweit findet eine vorausschauende und nicht eine rückschauende Betrachtung (durch Umrechnung des im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Jahresbetrags auf Monatsbeträge) statt.
Normenkette
KSVG § 5 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Nr. 1, §§ 7, 10, 10a; SGB IV § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1, § 15; EStG § 2 Abs. 1 S. 2, § 15 Abs. 1; SGB X § 48 Abs. 1; SGB I § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27.03.2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Zuschüssen zum (privaten) Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag für das Jahr 2007.
Der 1952 geborene Kläger, Diplom-Designer (FH), ist als Grafik-Designer selbstständig erwerbstätig und mittlerweile Gesellschafter-Geschäftsführer der 1991 gegründeten Firma h. g. GmbH. Mit Bescheid vom 12.07.1989 stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Bestehen von Versicherungspflicht des Klägers zur Renten- und Krankenversicherung gem. § 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ab 15.12.1987 fest. In dem Bescheid ist (u.a.) darauf hingewiesen, dass die Aufgabe der selbstständigen künstlerischen bzw. publizistischen Tätigkeit und die Änderung oder der Eintritt rechtserheblicher Sachverhalte (z.B. Aufnahme einer abhängigen, über eine Nebentätigkeit hinausgehenden Beschäftigung oder einer anderen selbstständigen nichtkünstlerischen/-publizistischen Tätigkeit, Bezug von Altersruhegeld, Bezug von Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz) unverzüglich mitzuteilen sind.
Mit Bescheid vom 17.11.2000 befreite die Beklagte den Kläger auf dessen am 04.09.2000 gestellten Antrag gem. § 7 KSVG ab 01.01.2001 von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung; gem. § 5 Abs. 2 Nr. 2 KSVG bestehe deswegen auch Versicherungsfreiheit in der Pflegeversicherung. Die Beklagte stellte außerdem fest, dass dem Kläger ab 01.01.2001 ein Anspruch auf Beitragszuschuss zu den Aufwendungen für seine (private) Kranken- und Pflegeversicherung zusteht (§§ 10, 10a KSVG).
In der Folgezeit setzte die Beklagte den Beitragszuschuss des Klägers auf dessen Jahresmeldungen (Angabe der tatsächlichen Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung) u.a. durch Bescheide vom 12.06.2002, 09.07.2003, 10.06.2004, 03.06.2005, 26.05.2006, 08.06.2007, 13.06.2008, 12.08.2009, 18.05.2010, 27.05.2011, 11.05.2012 (endgültig) fest. Der Bescheid vom 03.06.2005 und die Folgebescheide - mit Ausnahme des Bescheids vom 12.08.2009 - enthalten (u.a.) den Hinweis, dass Sachverhalte, die zu Änderungen in der Beurteilung der Versicherungspflicht bzw. Zuschussberechtigung führen können, wie z. B. Aufgabe der selbstständigen künstlerischen/publizistischen Tätigkeit, Änderung des Tätigkeitsschwerpunktes zu Lasten künstlerischer/publizistischer Arbeiten, Beschäftigung von mehr als einem Arbeitnehmer, Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung oder einer nicht künstlerischen/nicht publizistischen selbstständigen Tätigkeit, Bezug einer Rente, Aufnahme eines Studiums, Verlegung des Tätigkeitsortes in das Ausland für mehr als ein Jahr, (≪ab 18.05.2010≫ Beginn/Ende des Bezugs von Leistungen der Agentur für Arbeit ≪z.B. Arbeitslosengeld I oder II≫) unverzüglich mitzuteilen sind. In den Aufforderungen der Beklagten zur Abgabe der Jahresmeldungen wird jeweils darauf hingewiesen, dass zur endgültigen Berechnung des Beitragszuschusses der Nachweis über die tatsächlichen Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung benötigt wird. Entsprechende Ausführungen finden sich als Hinweis auf dem Jahresmeldungsformular der Beklagten.
Mit Bescheid vom 13.06.2008 setzte die Beklagte den Zuschuss zur (privaten) Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers für das Jahr 2007 endgültig auf 2.842,92 € bzw. 213,48 € fest. Zuvor hatte sie den Kläger mit Schreiben vom 09.04.2008 aufgefordert, seine tatsächlichen Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung nachzuweisen; der Kläger hatte die Nachweise (Bescheinigungen der H. vom 22.01.2008: Krankenversicherung 6.656,32 €; Pfl...