Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Pilot. Freelancer. Vereinbarung von Dienstleistungen. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur abhängigen Beschäftigung eines Piloten.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2014 wird insoweit aufgehoben, als es den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2012 für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 31. Mai 2010 aufgehoben hat und festgestellt hat, dass keine Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 2/3, die Beklagte 1/3 der Kosten des Rechtsstreits. Die Beigeladenen müssen jedoch ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht der Sache nach der Status der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) (nachfolgend nur noch: “der Beigeladene„) im Rahmen seiner Tätigkeit als Pilot und Chauffeur bei der Klägerin in der Zeit vom 1. November 2008 bis 31. Mai 2010.

Der 1959 geborene Beigeladene ist Berufspilot. Er hatte seinen Pilotenschein, seine Berufspilotenlizenz, die Musterberechtigung und Instrumentenflugberechtigung selbst finanziert.

Der Geschäftsführer der Klägerin suchte im Jahr 2008 einen Piloten als sogenannten Freelancer zur Führung des konzerneigenen Flugzeuges. Der Beigeladene erklärte sich im Oktober 2008 bereit, ab November 2008 Aufträge für die Klägerin zu übernehmen. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht geschlossen. Die Einzelheiten der Vereinbarung sind zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen streitig.

Der Beigeladene teilte jedenfalls per E-Mail seine freien Termine im November 2008 mit. Für die Tätigkeit wurde ein monatliches Pauschalhonorar von 7 500,00 Euro vereinbart. Die monatlichen Honorare und Aufwendungen stellte der Beigeladene der Klägerin unter Ausweisung von Umsatzsteuer in Rechnung.

Seine Beauftragung erfolgte auf Abruf. Bei Übernahme eines Auftrages stellte die Klägerin gelegentlich einen Pkw zur Verfügung, damit der Beigeladene den Geschäftsführer abholen und zum Flughafen chauffieren konnte.

Sie übernahm Taxi- und Übernachtungskosten des Beigeladenen. Dieser hatte auch die Möglichkeit, in einer Werkswohnung in P zu übernachten.

Die Vertragsbeteiligten gingen im Streit auseinander. Der Geschäftsführer der Klägerin hatte sich eine stärkere Verfügbarkeit des Beigeladenen gewünscht, war unzufrieden über (kurzfristige) Absagen und dessen Vorgaben, wann und wo er erreichbar sein könne.

Die Klägerin kündigte die Vertragsbeziehung zum 31. Mai 2010.

Hiergegen erhob der Beigeladene Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Berlin.

Am 1. Februar 2011 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Er gab an, als in Vollzeit angestellter Berufsflugzeugführer das Firmenflugzeug zu fliegen, die Wartung des Flugzeugs zu überwachen und zu organisieren sowie die Rechnungen der im Flugbetrieb anfallenden Kosten zu überprüfen. Der Auftraggeber, vertreten durch den Geschäftsführer der Klägerin, bestimme einzig und allein, wann welche Flüge für den Geschäftsführer und die zu seiner Firmengruppe gehörenden Firmen durchgeführt würden. Er -der Beigeladene- habe sich praktisch ständig zur Verfügung halten müssen, um die in der Regel kurzfristig geplanten Flüge durchführen zu können. Die Arbeitszeit sei in vollem Umfang durch den Auftraggeber bestimmt gewesen. Er sei vollständig in die Arbeitsorganisation eingegliedert, was sich u. a. durch die zur Verfügungstellung eines Firmenmobilphones, Firmenkreditkarten und Firmenwagen sowie der Übernahme der Kosten für Flugtauglichkeitsuntersuchungen und Schulungsmaßnahmen zeige. Auch während seines Urlaubes oder bei Krankheit sei die Vergütung voll bezahlt worden.

Die Klägerin stellte bereits im Verwaltungsverfahren ihren Standpunkt klar, dass eine Tätigkeit als Freelancer vereinbart sein sollte, und bezog sich auf einen E-Mail-Schriftverkehr vom 28. Oktober 2008.

Der Beigeladene habe jederzeit frei über seine Arbeitskraft verfügen können, wie sich in seinem tatsächlichen Verhalten dokumentiert habe. Unter anderem habe er die vom Geschäftsführer vorgesehenen Flüge zunächst bestätigt und dann teilweise einfach ausfallen lassen. Der Beigeladene habe bei Abwesenheit und Verhinderung entweder den Geschäftsführer direkt oder dessen persönliche Assistentin zu informieren gehabt. Er habe eine Ersatzkraft frei auswählen können. Es sei keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin erfolgt. Der Beigeladene habe weder an Dienstbesprechungen teilgenommen noch sei er in Dienstpläne eingegliedert gewesen. Die Zahlung von pauschalen Honoraren sei bei vielen Dienstleistungen üblich. Ebenso sei es üblich, dass sogenannte Freelancer kein eigenes Flugzeug hätten.

Das Arbeitsgericht Berlin wies mit Urteil vom 4. Mai 2011 (37 Ca 10100/10) die Klage des B...

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