Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung und Feststellung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgeltes. Sonderversorgung der Angehörigen der Zollverwaltung der DDR. Verpflegungsgeld. Reinigungszuschuss
Leitsatz (amtlich)
Bei der Beantwortung der Frage, ob für in einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem der DDR erzielte Zulagen und Zuschüsse, die grundsätzlich dem Arbeitsentgeltbegriff des § 14 Abs 1 S 1 SGB 4 unterfallen, Steuerpflicht bestand, ist auf das am 1.8.1991 in der Bundesrepublik Deutschland geltende Steuerrecht abzustellen (Anschluss an das Urteil des BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr 4).
Normenkette
SGB IV § 14 Abs. 1 S. 1; AAÜG § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 1, § 8 Abs. 2, 3 S. 1; SGB VI § 99 Abs. 1 S. 1; ArEV § 1; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Sätze 1-2; SGG § 99 Abs. 1, 3 Nr. 2, § 153 Abs. 1
Tenor
Auf die Berufung und die Klage des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 7. Dezember 2010 und der Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2009 geändert.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid der Oberfinanzdirektion Berlin vom 12. Juni 1998 ab 1. September 2008 teilweise zurückzunehmen und als weitere tatsächlich erzielte Arbeitsentgelte
Verpflegungsgeld für die Zeiträume
a) 15. Januar bis 31. Dezember 1969 in Höhe von 703,69 Mark der DDR (M),
b) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1970 in Höhe von 736,83 M,
c) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1971 in Höhe von 1.023,00 M,
d) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1972 in Höhe von 1.372,56 M,
e) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1979 in Höhe von 1.551,24 M,
f) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1980 in Höhe von 1.555,44 M,
g) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1983 in Höhe von 1.551,24 M,
h) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1984 in Höhe von 1.481,99 M,
i) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1985 in Höhe von 1,564,20 M,
j) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1986 in Höhe von 1.514,77 M,
k) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1987 in Höhe von 1.503,48 M,
l) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1988 in Höhe von 1.643,64 M,
m) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1989 in Höhe von 1.643,64 M,
n) vom 1. Januar bis 31. Dezember 1990 in Höhe von 1.643,64 M
sowie
Reinigungszuschüsse für die Zeit vom 1. Mai 1969 bis 31. Dezember 1972, 1. Januar 1979 bis 31. Dezember 1980 und 1. Januar 1983 bis 31. Dezember 1990 in Höhe von monatlich 3,50 M festzustellen.
Für die Zeit vor dem 1. September 2008 wird die Beklagte verpflichtet, den Kläger über die Rücknahme des Bescheides vom 12. Juni 1998 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits zu zwei Dritteln zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Zugunstenverfahren (= Überprüfungsverfahren), ob die Beklagte weitere Arbeitsentgelte als Daten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz festzustellen hat (AAÜG).
Der Kläger wurde 1937 geboren und hat sein Berufsleben bis zum 2. Oktober 1990 in der DDR zurückgelegt. Dort war er am 15. Januar 1969 in den Dienst der Zollverwaltung eingetreten und bis Juli 1981 bei verschiedenen Dienststellen als Offizier für Zollrecht, in der Zeit danach als Lehrer (im Offiziersrang) beim Institut der Zollverwaltung tätig. In den vorhandenen Besoldungsstammkarten sind neben Einträgen für Besoldung und Abzügen für den Versorgungsfonds bzw. die Sozialversicherung zeitweise gesonderte - keinen Beiträgen oder Abgaben unterliegende - Zahlungen für Reinigungszuschüsse, Wohnungsgeld und Verpflegungsgeld dokumentiert.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens beim Träger der Rentenversicherung stellte die Oberfinanzdirektion Berlin als damaliger Träger des Sonderversorgungssystems der Angehörigen der Zollverwaltung der DDR (Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 Nr. 3 zum AAÜG) durch Bescheid vom 12. Juni 1998 der Sache nach die Zugehörigkeit des Klägers zu diesem Sonderversorgungssystem sowie Entgelte für den Zeitraum 15. Januar 1969 bis 31. Dezember 1991 fest. Als “unbegrenztes Gesamtentgelt„ berücksichtigte sie dabei für die Zeit bis zum 31. Dezember 1990 die jeweiligen Jahressummen der in den Besoldungsstammkarten ausgewiesenen Bruttobesoldung und des Wohngeldes. Der Bescheid, der unter dem Vorbehalt stand, dass eine noch ausstehende Auskunft des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Auswirkungen auf die festgestellte Zugehörigkeit zu dem Sonderversorgungssystem habe, wurde vom Kläger nicht angefochten.
Seit 1. Juli 2002 bezieht der Kläger Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 26. April 2002). Bei der Berechnung des Höchstwerts der Rente wurden die in dem Bescheid vom 12. Juni 1998 ausgewiesenen Entgelte - teils begrenzt durch die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze - berücksichtigt.
Im September 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten, den Bescheid ...