Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung einer Schuldzinsenzahlung zum Erwerb von Wohneigentum bei der Bewilligung von Kosten der Unterkunft
Orientierungssatz
1. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 SGB 2 in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Zu den berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft bei einer Eigentumswohnung zählen nur die mit dem Eigentum unmittelbar verbundenen Lasten. Hierzu gehören die Zinsen für ein Immobiliendarlehen und das Wohngeld.
2. Bei einer selbstgenutzten Eigentumswohnung, die nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB 2 nicht als Vermögen zu verwerten ist, zählen zu den Kosten der Unterkunft die Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Lasten zu tragen hat.
3. Aufwendungen zu den Kosten der Unterkunft sind solche Aufwendungen, die der Hilfebedürftige in der Bedarfszeit für die Nutzung oder Gebrauchsüberlassung einer bestimmten Unterkunft Dritten gegenüber kraft bürgerlichen oder öffentlichen Rechts aufzubringen hat. Die bloße Rechtspflicht zur Zahlung von Aufwendungen reicht aus.
4. Besteht zwischen einem von den Eltern des Hilfebedürftigen aufgenommenen Immobiliendarlehen und einem diesem entsprechenden mit den Eltern geschlossenen Darlehensrückzahlungsvertrag eine rechtlich bedeutsame Verknüpfung, dann ist die Verpflichtung des Hilfebedürftigen zur Rückzahlung der Darlehenstilgung in Höhe der Zinsen als Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen. Dies setzt voraus, dass es in erster Linie nicht der Wille der Eltern war, die Unterkunft des Hilfebedürftigen zu sichern, sondern den Erwerb der Eigentumswohnung zu ermöglichen.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. Februar 2007 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung einer monatlichen Leistungsrate zur Schuldzinstilgung, die die Klägerin ihren Eltern gemäß vertraglicher Vereinbarung im Zusammenhang mit ihrer Eigentumswohnung schuldet, als weitere Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 20. April 2006 bis 31. Oktober 2006.
Die am XXX 1973 geborene Klägerin beantragte am 20. April 2006 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II -. Sie ist von Beruf Illustratorin/ Grafik-Designerin und arbeitete zuletzt freiberuflich. Ab dem 7. März 2006 wurde der Klägerin Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Sie bewohnt seit dem 31. März 2006 eine 49 qm große Eigentumswohnung in der S.-Straße, H., die die Klägerin mit notariellem Kaufvertrag vom 23. Dezember 2005 für einen Kaufpreis in Höhe von 99.000,- Euro erwarb. Die Wohnung wurde finanziert durch einen Darlehensvertrag, den die Eltern der Klägerin am 12. Januar 2006/ 25. Januar 2006 mit der W.Bank über einen Kreditbetrag von 71.000,- Euro schlossen. Darin war eine monatliche Leistungsrate für Zinsen und Tilgung in Höhe von 311,81 Euro vorgesehen. Als Sicherung wurde eine Grundschuld auf die Wohnung der Klägerin in der S. bestellt.
Am 13. Januar 2006 schloss die Klägerin mit ihren Eltern einen schriftlichen "Vertrag zur Darlehensrückzahlung". Darin wurde zunächst ausgeführt, dass die Finanzierung der Wohnung in der S. in Hamburg nur dadurch habe realisiert werden können, dass die Eltern der Klägerin gegenüber der W.Bank als Darlehensnehmer den Darlehensvertrag geschlossen hätten, da die Klägerin erst seit kurzem ihr Studium abgeschlossen habe und in H. selbständig tätig sei. Die Klägerin verpflichtete sich insoweit, ihren Eltern "den Betrag von monatlich 311,81 Euro während der Laufzeit des Darlehens-Vertrages von 15 Jahren zu zahlen". Ferner sieht der Vertrag vor, dass der Darlehensvertrag zwischen den Eltern und der W.Bank auf die Klägerin "umgeschrieben" werden soll, sobald die Bank aufgrund der Kontinuität der beruflichen Tätigkeit der Klägerin dafür ihre Zustimmung erteilen werde. Damit würden die Zahlungen direkt an die Bank erfolgen und der Vertrag zwischen der Klägerin und ihren Eltern gegenstandslos.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 1. Juni 2006 Leistungen - nach Anrechnung von Krankengeld - für den Zeitraum vom 20. April bis 31. Oktober 2006 in Höhe von 273,52 Euro monatlich. Als Leistungen für Unterkunft und Heizung wurde ein monatlicher Betrag in Höhe von insgesamt 192,02 Euro anerkannt, der sich im Wesentlichen aus dem geschuldeten Wohngeld sowie der Vorauszahlung für Heizung zusammensetzt.
Hiergegen legte die Klägerin am 9. Juni 2006 Widerspruch ein. Die Klägerin führte im Wesentlichen aus, dass die Beklagte die monatliche Schuldbelastung von 311,81 Euro gegenüber ihren Eltern nicht berücksichtigt habe. Sie sei verpflichtet, diesen Betrag ihren Eltern zu zahlen. Ihre Eltern hätten durch die Kreditaufnahme den Kauf der Wohnung ermöglicht. Der plötzliche Eintritt von Arbeitsunfähigkeit der Klägerin sei zum Zeitpunkt des Erwerbs der Klägerin nicht v...