Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderversorgung nach Anl 2 Nr 2 AAÜG. ehemalige DDR. Berücksichtigung von Verpflegungsgeld der früheren Deutschen Volkspolizei als Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
Zur Berücksichtigung von Verpflegungsgeld der früheren Deutschen Volkspolizei als Arbeitsentgelt im Rahmen des AAÜG.
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 06.10.2011 abgeändert.
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2009 verurteilt, den Bescheid vom 16. Januar 1996 in der Fassung des Bescheides vom 31. Juli 1997 dahin abzuändern, dass folgende weitere Arbeitsentgelte festgestellt werden:
1960 |
820,75 Mark |
1961 |
1222,75 Mark |
1962 |
1125,60 Mark |
1963 |
393,80 Mark |
1964 bis 1970 jeweils |
803,00 Mark |
1971 |
1350,00 Mark |
1972 bis 1985 jeweils |
1552,20 Mark |
1986 |
1598,10 Mark |
1987 bis 1989 jeweils |
1644,00 Mark |
1990 |
1233,00 Mark |
2. Der Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten für das erstinstanzliche Verfahren zu 80 % und im Übrigen in voller Höhe zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Feststellung weiterer Arbeitsentgelte nach dem AAÜG für den Zeitraum vom 01. Mai 1960 bis 30. September 1990.
Der am 1936 geborene Kläger war vom 01. Juni 1957 bis zum 30. September 1990 bei der Deutschen Volkspolizei der DDR beschäftigt. Mit Überführungsbescheid vom 16.01.1996 stellte die Polizeidirektion Rostock als Sonderversorgungsträger die Zugehörigkeit des Klägers zum Sonderversorgungssystem des Ministeriums des Innern der ehemaligen DDR (Anlage 2 Nr. 2 AAÜG) und die in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte fest. Berücksichtigt wurden hierbei die Dienstbezüge für den Dienstgrad, Dienststellung und Dienstalter sowie das gezahlte Wohnungsgeld. Mit weiterem Bescheid vom 31. Juli 1997 wurde diese Feststellung dahin abgeändert, dass eine Begrenzung für die Jahre 1975 und 1977 bis 1990 nicht mehr erfolgte.
Mit Schreiben vom 09. Januar 2008 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag. Er berief sich auf die Entscheidung des BSG vom 23. August 2007 und begehrte die Berücksichtigung gezahlter Zuschläge und Abgeltungen als Arbeitsentgelt.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 2008 lehnte der Sonderversorgungsträger den Antrag auf Neufeststellung ab. Zur Begründung führte er aus, dass Zulagen wie das Verpflegungs- und das Bekleidungsgeld pauschale Zahlungen gewesen seien. Diese seien nicht sozialversicherungspflichtig gewesen und hätten nicht unmittelbar mit der Entlohnung nach Dienstgrad und Dienststellung und der Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang gestanden, so dass sie nicht berücksichtigungsfähig seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 07. November 2008 Widerspruch und machte geltend dass es sich bei dem gezahlten Verpflegungsgeld um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV handele.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2009 zurück. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass sich das Urteil des BSG vom 23. August 2007 nicht auf ein Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 zum AAÜG, sondern auf ein Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 zum AAÜG beziehe. Das Verpflegungsgeld sei mangels Lohncharakters eindeutig kein Arbeitsentgelt. Vielmehr handele es sich um Aufwendungsersatz. Vom Sonderversorgungsträger sei nur das sozialversicherungspflichtige Entgelt nach § 8 AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen, welches für die Rentenberechnung nach § 54 SGB VI in Verbindung mit § 254a SGB VI zu berücksichtigen wäre. Als Verdienst zählten nur Gehaltsbestandteile, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden seien, was für das Verpflegungs- und Bekleidungsgeld nicht zutreffe.
Am 11. März 2009 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stralsund erhoben und geltend gemacht, dass das Verpflegungsgeld sowie die einmaligen Vergütungen für das Dienstalter und die während der Dienstzeit gezahlten Prämien Arbeitsentgelte im Sinne des AAÜG seien. Maßgeblich sei insoweit der Arbeitsentgeltbegriff des § 14 Abs.1 SGB IV, wonach Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung seien, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch hierauf bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet würden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Der Zusammenhang zwischen der Beschäftigung und dem Verpflegungsgeld sowie den weiteren Besoldungsbestandteilen ergebe sich unmittelbar aus den jeweiligen Besoldungsordnungen. Nach dem Urteil des BSG vom 23. August 2007 komme es nicht darauf an, ob die Zahlungen in der DDR der Beitrags- oder Steuerpflicht unterlegen hätten. Soweit der Beklagte dies anders sehe, mache er selbst bezüglich des Wohnungsgeldes eine nicht nachvollziehbar begründete Ausnahme. Die streitigen Zahlungen seien zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 01. August 1991 auch nicht lohnsteuerfrei gewesen.
Mit Schriftsatz ...