Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Modedesignerin. eigenschöpferische Entwicklung von Entwürfen. Künstlerin
Leitsatz (amtlich)
Eine Modedesignerin, deren Tätigkeit ganz überwiegend in der eigenschöpferischen Entwicklung von Entwürfen besteht, ist Künstlerin im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 7. Juni 2007 wird geändert.
Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2006 versicherungspflichtig nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz ist.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin aus beiden Rechtszügen zu vier Fünfteln.
Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Feststellung von Versicherungspflicht in der Künstlersozialkasse (KSK).
Die im August 1959 geborene Klägerin absolvierte ein Studium der Erziehungswissenschaft und erlernte den Beruf einer Damenschneiderin. Im Januar 2005 wandte sie sich an die Beklagte und stellte einen Antrag auf Aufnahme in die KSK. In einem von ihr ausgefüllten Fragebogen gab sie an, dass sie seit Juni 2004 in dem Gemeinschaftsatelier “D.„ in Bremen selbständig tätig sei. Sie habe eine Ich-AG gegründet und dafür einen Existenzgründungszuschuss erhalten. Sie entwerfe Kleidungsstücke und Accessoirs aus verschiedenen Materialien, die anderweitig gefertigt und von ihr vermarktet würden.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. März 2005 die Feststellung von Versicherungspflicht in der KSK mit der Begründung ab, dass die Tätigkeit der Klägerin in erster Linie von handwerklichen Aspekten geprägt werde. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung begründeten diese Tätigkeiten keine Versicherungspflicht in der KSK.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 13. April 2005 Widerspruch ein und machte geltend, dass die Beklagte ihre Tätigkeit nicht richtig bewerte. Ihre Arbeit werde durch die Anfertigung von Entwürfen geprägt, nicht von der handwerklichen Näharbeit. Ihre Tätigkeit sei am ehesten mit der eines Bildhauers vergleichbar. Sie habe mit ihren Arbeiten auch an einer Begleitveranstaltung der Kunsthalle Bremen zur Ausstellung “Monet und Camille - Frauenportraits im Impressionismus„ teilgenommen.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 7. November 2005 zurück. Es sei zwar einzuräumen, dass die Arbeit der Klägerin gestalterische Elemente mit eigenschöpferischem Charakter aufweise. Im Vordergrund stehe aber die handwerkliche Prägung der Arbeit.
Mit ihrer am 9. Dezember 2005 bei dem Sozialgericht (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass sie als Künstlerin zu erachten sei. Sie nehme mit ihren Entwürfen an einschlägigen Märkten und Messen teil. Mit dem Schneiderhandwerk könne ihre Tätigkeit nicht verglichen werden, weil nicht die Anfertigung der Kleidungsstücke, sondern deren Entwurf bei ihrer Arbeit im Vordergrund stehe. In erster Linie sei sie eigenschöpferisch tätig, was sich in der Vielzahl der verwendeten Materialien und der Verschiedenartigkeit der Kleidungsstücke ausdrücke. Die Anfertigung der Entwürfe überlasse sie anderen.
Das SG Bremen hat der Klage durch Urteil vom 7. Juni 2007 stattgegeben, die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin auf Grund ihrer Betätigung der Versicherungspflicht in der KSK unterliege. Der Kunstbegriff werde im Künstlersozialversicherungsgesetz nicht näher definiert. Die Definitionsansätze in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien insbesondere in Bezug auf die Tätigkeit von Modedesignern, die ihre Entwürfe, wie die Klägerin, nicht selbst herstellten, nicht frei von Widersprüchen. Es erscheine nicht sachgerecht, danach zu differenzieren, ob die Entwürfe selbst oder fremd vermarktet würden. Bei Industrie- oder Web-Designern gehe das Bundessozialgericht (BSG) von Versicherungspflicht in der KSK aus. Ein Unterschied zur Tätigkeit der Klägerin könne nicht ausgemacht werden. Sie sei daher als Künstlerin zu erachten. Vor diesem Hintergrund komme es auf den vom BSG entwickelten Gesichtspunkt der Anerkennung in Künstlerkreisen nicht an.
Gegen dieses ihr am 29. Juni 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10. Juli 2007 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, dass das SG die höchstrichterliche Rechtsprechung unrichtig auslege. Das BSG habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass handwerklich geprägte Tätigkeiten nicht der Versicherungspflicht in der KSK unterlägen. Dies gelte auch für Tätigkeiten, die als Kunsthandwerk bezeichnet würden. Nur wenn ein Endprodukt hergestellt werde, aus dem kein eigener Gewinn oder eigene Wertschätzung geschöpft werde, könne die Anfertigung als Kunst betrachtet werden. Die Klägerin vermarkte nach ihrem eigenen Vorbringen aber ihre Entwürfe selbst.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 7. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstins...