Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2102. Kniebeschwerden. arbeitstechnische Voraussetzungen. Merkblatt BK 2102. mehrjährige andauernde oder häufig wiederkehrende, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeiten. Messe-Saisonarbeiter und Verlader
Orientierungssatz
1. Zur Nichtanerkennung der Kniebeschwerden eines Messe-Saisonarbeiters und Verladers als Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2102 mangels Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen (hier: Nichtausübung mehrjähriger andauernder oder häufig wiederkehrender, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastender Tätigkeiten).
2. Nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft bzw nach dem Merkblatt BK 2102 sind geeignete belastende Tätigkeiten im Sinne einer BK 2102 zum einen Tätigkeiten, die mit einer die Kniegelenke belastenden Dauerzwangshaltung verbunden sind, insbesondere bei Belastungen durch Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung. Zum anderen zählen hierzu Tätigkeiten mit einer häufig wiederkehrenden erheblichen Bewegungsbeanspruchung, insbesondere Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage. Zur ersten Gruppe gehören zB die Beschäftigungen von Bergleuten unter Tage, von Ofenmaurern, Fliesen- oder Parkettlegern, zur zweiten Gruppe Rangierarbeiter oder Berufssportler in den Bereichen Fußball, Tennis, Skilaufen und -springen bzw Slalom.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 30. August 2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Anerkennung von Kniebeschwerden des Klägers als Berufskrankheit (BK) der Nr 2102 der Anl 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1955 geborene Kläger war - neben der Ausführung mehrerer kurzfristiger Tätigkeiten - von 1985 bis 1989 als Messe-Saisonarbeiter bei der Reinigungswerk H. GmbH und von 1989 bis 2017 als Verlader bzw Verladekontrolleur bei der I. J. beschäftigt. Ausweislich der Angaben seiner Krankenkasse - K. - war er im November 2007 erstmals wegen Kniegelenksschmerzen und ab 2009 wiederholt mit der Diagnose Gonarthrose arbeitsunfähig. Nach Behandlungen des linken Kniegelenks durch den Orthopäden Dr. L. wurde dem Kläger im Februar 2016 eine Knietotalendoprothese links implantiert.
Im Juni 2020 beantragte er bei der Beklagten die Anerkennung seiner Kniebeschwerden als BK.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes zur Arbeitsplatzexposition ein, die zum Ergebnis kam, eine gefährdende Belastung der Kniegelenke iS der BK 2102 habe im Rahmen des von 1989 bis 2017 dauernden Beschäftigungsverhältnisses nicht vorgelegen.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 2020 lehnte die Beklagte daraufhin das Vorliegen einer BK der Nr 2102 ab. Nach der Feststellung des Geschäftsbereichs Prävention hätten beim Kläger keine Einwirkungen vorgelegen, die zur Verursachung einer BK geeignet seien. Der hiergegen eingelegte Widerspruch - zu dessen Begründung sich der Kläger auf einen Arztbrief des Betriebsarztes Dr. M. vom 5. April 2017 und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. N. berief - blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2020).
Hiergegen hat der Kläger am 13. Januar 2021 Klage zum Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, mit der er die Feststellung einer BK der Nr 2102 und eines Anspruchs auf Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung sowie die Verurteilung zur Zahlung einer Verletztenrente geltend gemacht hat. Aufgrund seiner langen und schweren Tätigkeit als Verladekontrolleur bei der Firma I., bei der er auch oft im Hocken oder Knien sowie im Fersensitz habe arbeiten müssen, habe er sich einen Meniskusschaden am Knie zugezogen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30. August 2021 abgewiesen. Soweit der Kläger Leistungen in gesetzlichem Umfang bzw die Gewährung einer Verletztenrente begehrt habe, sei die Klage bereits unzulässig. Im Übrigen sei sie unbegründet, weil die Beklagte zu Recht die Anerkennung seiner Kniegelenkserkrankung als BK nach der Ziff 2102 der Anl zur BKV abgelehnt habe. Das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung der BK 2102 sei nicht nachgewiesen. Der Kläger sei weder häufig wiederkehrenden erheblichen Bewegungsbeanspruchungen noch einer Dauerzwangshaltung (vor allem bei Belastungen durch Fersensitz, Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung) in dem geforderten Ausmaß ausgesetzt gewesen. Derartige Belastungen müssten während eines Drittels der täglichen Arbeitszeit vorgelegen haben, weil bei einer zeitlich geringeren Belastung die Menisken nach medizinischer Erkenntnis ausreichend Zeit hätten, sich zu erholen.
Gegen diese ihm am 3. September 2021 zugestellte Entscheidung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 6. September 2021 Beruf...