Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragshöhe bei Unterschreiten des Tariflohnes

 

Orientierungssatz

1. Der Feststellung der Versicherungspflicht und der Beitragshöhe ist nicht das gezahlte, sondern das tatsächlich geschuldete Arbeitsentgelt des Versicherten zu Grunde zu legen.

2. Durch Tarifvertrag geregelte Arbeitsentgelte können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.

3. Weil eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitsvergütung im Bereich eines Tarifvertrages ohne ausdrückliche Öffnungsklausel nicht zulässig ist, ist eine solche Betriebsvereinbarung nichtig und steht dem Eingreifen des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages nicht entgegen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 31.08.2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 34.599,50 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über eine Beitragsnachforderung.

Die Klägerin betreibt in ihrem Unternehmen das Handwerk der Gebäudereinigung. Sie beschäftigt neben fest angestellten versicherungspflichtigen Arbeitnehmern auch eine Vielzahl von geringfügig beschäftigten Aushilfen. Dieser Personengruppe, zu der die Beigeladenen zu 1) - 22) zählen, erhielten Stundenlöhne, die unter den Tariflöhnen der jeweils in Nordrhein-Westfalen geltenden allgemein verbindlichen Lohntarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk lagen. In Nordrhein-Westfalen waren für allgemeinverbindlich erklärt: Lohntarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk NRW vom 26.03.1999, gültig ab 01.05.1999 (Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) vom 23.08.1999, BAnz Nr. 179 vom 23.09.1999), Lohntarifvertrag vom 20.01.2000, gültig ab 01.05.2000 (AVE vom 07.04.2000, BAnz Nr. 167 vom 09.05.2000), Lohntarifvertrag vom 15.02.2001, gültig ab 01.05.2001 (AVE vom 12.06.2001, BAnz Nr. 130 vom 17.07.2001). Ferner galten aufgrund AVE der auf Bundesebene vereinbarte Rahmentarifvertrag vom 22.09.1995 (vom 01.10.1995 - 30.04.2000) sowie der Rahmentarifvertrag vom 16.08.2000 (ab 01.09.2000).

Auf Grund einer Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum 01.01.1999 bis 31.12.2000 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 31.03.2004 Beiträge in Höhe von insgesamt 34.878,50 Euro (einschließlich 288,00 Euro Säumniszuschläge nach. Die Beitragsnacherhebung beruht zum Einen auf der Anwendung der allgemein verbindlichen Tarifverträge zum Anderen - in Höhe von 2.348,83 Euro zuzüglich 288,00 Euro Säumniszuschläge - auf der Privatnutzung firmeneigener Kfz in Auswertung des Lohnsteuerhaftungsbescheides vom 24.03.2003. Soweit auf Grund des tatsächlich geschuldeten Entgeltes sich bei den Beigeladenen zu 1) - 22) Versicherungspflicht ergab, erfolgte eine Nachberechnung der Pflichtbeiträge unter Verrechnung der gezahlten Pauschalbeiträge, soweit sich auch unter Berücksichtigung des höheren Entgeltes keine Versicherungspflicht ergab, wurden lediglich Pauschalbeiträge nacherhoben. Den ohne Begründung eingelegten Widerspruch der Klägerin, die sich auch zu dem Anhörungsschreiben nicht geäußert hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2004 zurück.

Zur Begründung der am 28.12.2004 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie betreibe auf der Köln-Messe einen Betrieb, in dem sie zum Einen Gebäudereinigung betreibe, zum Anderen die Entsorgung des von den Messeteilnehmern zurückgelassenen Mülls. Zur Müllbeseitigung habe sie eine Vielzahl von geringfügig Beschäftigten in den jeweiligen Messephasen beschäftigt. Diesen geringfügig Beschäftigten, die ausschließlich mit der Müllentsorgung beauftragt gewesen seien, habe sie nicht die tariflichen Löhne gezahlt. Dies sei zutreffend, da die als Müllentsorger geringfügig Beschäftigten nicht von dem Lohntarifvertrag im Gebäudereinigerhandwerk erfasst würden. Die Abweichung von dem Tarifvertrag sei auch unter Zustimmung des Betriebsrats erfolgt. Die Beitragsnacherhebung für die mit der Müllentsorgung auf der Köln-Messe geringfügig Beschäftigten sei daher rechtswidrig.

Der Aufforderung, diesen Vortrag durch im Einzelnen bezeichnete Unterlagen zu belegen, hat die Klägerin nicht entsprochen. Die in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts anwesenden Beigeladenen zu 3), 7), 12) und 21) haben übereinstimmend erklärt, nicht in der Köln-Messe eingesetzt gewesen zu sein. Sie seien ausschließlich in der Gebäudeinnenreinigung tätig gewesen.

Mit Urteil vom 31.08.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beitragsnachforderung sei nicht zu beanstanden, denn die Klägerin habe unstreitig die tarifvertraglichen Mindestarbeitsentgelte unterschritten. Ihren Vortrag, die Beigeladenen zu 1) - 22) seien nicht den Lohntarifverträgen unterfallen, habe sie trotz Aufforderung nicht belegt.

Gegen das ihr am 06.09.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06.10.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, sie sei auf Grund des Direktionsrecht berechtigt gewesen, alle Beigeladenen auch und vorübergehend in der Köln-Messe einzusetzen. Dies sei auch geschehen...

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