Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Streitwerts für ein Statusfeststellungsverfahren

 

Orientierungssatz

1. Im Verfahren vor dem Sozialgericht ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache gemäß § 52 GKG nach Ermessen zu bestimmen.

2. Bei einem Statusfeststellungsverfahren nach § 7 a SGB 4 besteht das Interesse des klagenden Arbeitgebers regelmäßig darin, eine Beitragsbelastung zu vermeiden, vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R.

3. Maßgebend für die Festsetzung des Streitwerts im Statusfeststellungsverfahren ist damit die mögliche Höhe des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Heranzuziehen ist das gesamte mögliche Arbeitsentgelt i. S. von § 14 SGB 4, begrenzt auf die Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze. Der maßgebliche Zeitraum richtet sich bei längerfristigen Arbeitsbeziehungen in der Regel nach deren absehbarer Dauer, begrenzt auf einen Zeitraum von drei Jahren.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 30.12.2011 geändert. Der Streitwert für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Köln wird auf 27.250 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten haben in der Hauptsache im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) darüber gestritten, ob die Beigeladene zu 1) als IT-Consultant in der Zeit vom 1.7.2008 bis zum 18.10.2009 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu dem klagenden Unternehmen gestanden hat. Die Beigeladene zu 1) erzielte Nettohonorare von 26.886 Euro (1.7.2008 bis 31.12.2008), 38.275 Euro (1.1.2009 bis 30.6.2009) und 18.816,41 Euro (1.7.2009 bis 18.10.2009). Nachdem die Beklagte zunächst festgestellt hatte, dass die Beigeladene zu 1) für die Klägerin "im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung" tätig werde (Bescheid v. 20.1.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 22.9.2009), hat sie während des laufenden Klageverfahrens (Klageerhebung am 23.10.2009) festgestellt, dass für die Beigeladene zu 1) Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten und Arbeitslosenversicherung bestehe (Bescheid v. 16.6.2010). Das Sozialgericht (SG) hat den Streitwert entsprechend dem Auffangstreitwert auf 5.000 Euro festgesetzt (Beschluss v. 30.12.2011). Das Verfahren ist am 10.11.2011 durch Vergleich beendet worden, wobei die Beigeladene zu 1) das von ihr gegen die Beklagte vor dem SG Hamburg geführte Verfahren im Rahmen des Vergleichs für erledigt erklärt hat. Mit der Beschwerde vertreten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Auffassung, der Streitwert belaufe sich für das Verfahren auf 35.270,51 Euro (Beitragsbelastung aus gezahlten Honoraren von 83.977,41 Euro), zuzüglich eines Mehrwerts für den Vergleich von zumindest 5.000,00 Euro. Die Beklagte hält den Beschluss des SG demgegenüber für sachgerecht. Sie bezieht sich auf neuere Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R, u.a.), wonach bei Statusfeststellungsverfahren der Auffangstreitwert maßgebend sei.

II.

Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Berufsrichtern (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 31.8.2009, L 8 B 11/09 R, juris).

Die Beschwerde ist zulässig und insoweit begründet, als der Streitwert nicht entsprechend dem Auffangstreitwert auf 5.000 Euro, sondern auf 27.250 Euro festzusetzen ist. Die weitergehende Beschwerde, die auf die Berücksichtigung des im Vergleich mit erledigten Verfahrens vor dem SG Hamburg abzielt, hat dagegen keinen Erfolg.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz [GKG]). Nur wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts, d.h. die Feststellung der Bedeutung der Sache für den Kläger, keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).

Bei einem Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a SGB IV besteht das Interesse des klagenden (möglichen) Arbeitgebers in der Regel im Wesentlichen darin, eine Beitragsbelastung zu vermeiden (vgl. Senat, Beschluss v. 14.12.2009, L 8 B 21/09 R, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 6.11.2007, L 16 B 3/07 R, Breith 2008, 77 ff.; jeweils m.w.N.). Bietet der Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Streitwert ausreichende Anhaltspunkte, die Höhe einer möglichen Beitragsbelastung abzusehen, so ist daher für einen Rückgriff auf einen Auffangstreitwert kein Raum. Für diese Sichtweise spricht nicht zuletzt, dass § 7a SGB IV nicht zur Elementenfeststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung ermächtigt, sondern nur zur Entscheidung über die Versicherungspflicht insgesamt (BSG, Urteil v. 11.3.20...

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