Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Gewährung von Grundsicherungsleistungen bei eigenem Einkommen des Grundsicherungsempfängers. vorläufige Leistungsbewilligung. Auswirkungen eines Änderungsbescheides auf die vorläufige Leistungsbewilligung. Zulässigkeit der Aufhebung eines rechtswidrigen Bescheides wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse
Orientierungssatz
1. Allein die unzureichende Begründung einer als vorläufig bewilligten Leistung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende führt noch nicht zur Annahme einer endgültigen Leistungsbewilligung.
2. Wird ein Bescheid über die vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende durch Änderungsbescheid abgeändert, der sich auf die Leistungshöhe bezieht, so bewirkt der Änderungsbescheid dann, wenn er nicht selbst die Leistung für vorläufig erklärt oder auf die vorläufige Leistungsfestsetzung im Ausgangsbescheid Bezug nimmt, mit der Änderung zugleich die endgültige Festsetzung der Leistung.
3. Haben sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert, die einem Leistungsbescheid zugrunde lagen (hier: Änderung des anzurechnenden Einkommens bei einer Grundsicherungsleistung), so ist eine Aufhebung auch dann zulässig, wenn es sich um einen anfänglich rechtswidrigen Dauerverwaltungsakt handelt und diese Rechtswidrigkeit gerade nicht Grund der Aufhebungsentscheidung ist.
4. Einzelfall zur teilweisen Aufhebung und Erstattung einer Leistung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende wegen nachträglicher Berücksichtigung höherer Einkünfte.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 12.03.2018 abgeändert. Der Klägerin wird hinsichtlich der Anfechtung des Aufhebungsbescheides vom 12.07.2017 sowie des Erstattungs- und Aufrechnungsbescheides vom 12.07.2017 für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T aus J beigeordnet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit Bescheid vom 16.12.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 30.06.2017 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II i.H.v. 788,46 Euro monatlich unter ausdrücklicher und ausführlicher Berufung auf § 41a SGB II. Hierbei rechnete der Beklagte auf den Bedarf der Klägerin i.H.v. 794,86 Euro Einkommen i.H.v. 108,00 Euro bzw. nach Abzug der Freibeträge i.H.v. 6,40 Euro an. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 13.01.2017 Widerspruch ein.
Am 26.01.2017 reichte die Klägerin ein Schreiben ihrer Vermieterin vom 12.01.2017 ein, wonach sich ab dem 01.01.2017 die Kaltmiete von zuvor 244,45 Euro auf 259,45 Euro erhöht habe. Mit Änderungsbescheid vom 30.01.2107 hob der Beklagte wegen dieser Mieterhöhung den Bescheid vom 16.12.2016 auf und bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 30.06.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. 803,46 Euro monatlich; ein Vorläufigkeitsvorbehalt war in diesem Bescheid nicht mehr enthalten. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2017 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.12.2016 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 13.03.2017 Klage erhoben. Sie macht geltend, der Bescheid vom 16.12.2016 sei nicht hinreichend bestimmt. Der Bescheid enthalte hinsichtlich der vorläufig bewilligten Leistungen keine Ermessensentscheidung. Die Berechnung des Einkommens könne nicht nachvollzogen werden. Die Bestimmung des Regelbedarfs bzw. dessen Fortschreibung zum 01.01.2016 (gemeint wohl: 01.01.2017) sei verfassungswidrig. Die Leistungen für die Kosten der Unterkunft seien unzureichend und könnten in der bewilligten Höhe nicht nachvollzogen werden.
Jeweils nach Erhalt reichte die Klägerin bei dem Beklagten die Entgeltabrechnungen für die Monate Januar bis Juni 2017 ein (Entgelt für Januar bis Mai 2017 i.H.v. 126,00 Euro monatlich sowie für Juni 2017 i.H.v. 162,00 Euro). Die Abrechnung für Januar 2017 datierte vom 31.01.2017 und bescheinigte eine Auszahlung des Entgelts in bar.
Mit Bescheid vom 12.07.2017 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 31.05.2017 i.H.v. 789,06 Euro monatlich und für Juni 2017 i.H.v. 760,26 Euro. Er rechnete auf den Bedarf der Klägerin i.H.v. 809,86 Euro monatlich in der Zeit von Januar bis Mai 2017 ein monatliches Einkommen i.H.v. 20,80 Euro (126,00 Euro abzüglich der Freibeträge von 105,20 Euro) und im Juni 2017 ein Einkommen i.H.v. 49,60 Euro (162,00 Euro abzüglich der Freibeträge von 112,40 Euro) an. Mit weiterem Bescheid vom 12.07.2017 machte der Beklagte gegenüber der Klägerin einen Erstattungsanspruch wegen zu Unrecht gewährter Leistungen i.H.v. insgesamt 72,00 Euro für die Zeit vom 01.01.2017 bis 30.06.2107 unter Berufung auf § 41a Abs. 6 SGB II geltend (Überzahlung in den Monaten Januar bis März 2017 i.H.v. 14,40 Euro monatlich und im Juni 2017 i.H.v. 28,80 Euro). Er verfügte die Aufrechnung mit dem Erstattungsanspruch i.H.v. 40,90 Euro monatlich ...