Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an den Nachweis geltend gemachter Kosten der Unterkunft gegenüber dem Grundsicherungsträger bei verwandtschaftlicher Verbundenheit mit dem Vermieter

 

Orientierungssatz

1. Der Hilfebedürftige hat nach § 22 Abs. 1 SGB 2 einen Anspruch auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Bei verwandtschaftlicher Verbundenheit des Leistungsberechtigten mit dem Vermieter muss der Mieter einer ernsthaften und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung des Vermieters ausgesetzt sein (BSG Urteil vom 3. 3. 2009, B 4 AS 37/08 R).

2. Ist der Grundsicherungsberechtigte nicht nachweisbar einem wirksamen und ernsthaften Zahlungsverlangen in Bezug auf die geltend gemachten Nebenkosten, die weitergehenden Kosten der Unterkunft in Form von Stromkosten bzw. höheren Warmwasserkosten ausgesetzt, so sind diese vom Leistungsträger nicht zu übernehmen.

3. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Antragsteller über einen mehrere Jahre zurückliegenden Zeitraum hinreichende Belege oder Nachweise für die tatsächliche Entstehung der geltend gemachten Kosten im Sinne einer ernsthaften Zahlungsverpflichtung gegenüber seinem verwandten Vermieter nicht vorlegen kann.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 19.08.2021; Aktenzeichen B 4 AS 42/21 BH)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.3.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.10.2006 bis zum 31.8.2009.

Der im Haus seiner Eltern wohnende Kläger bezieht - mit geringfügigen Unterbrechungen - seit dem 1.1.2005 von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Eltern sind an dem Grundstück, auf dem sich das Haus befindet, erbbauberechtigt.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheiden vom 24.10.2006, 17.7.2007 und 19.2.2008 für die Zeit vom 1.10.2006 bis zum 31.3.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs, d.h. in Höhe von damals 345 EUR, sowie Kosten der Unterkunft vom 1.10.2006 bis 31.12.2006 i.H.v. 107,22 EUR (78,83 EUR für Unterkunft und 28,39 EUR für Heizung) für Januar 2007 bis März 2007 i.H.v. 110,68 EUR (Erhöhung der Heizkosten auf 31,85 EUR) und für den Februar 2007 weitere (einmalige) Heizkosten i.H.v. 48,46 EUR.

Für den Zeitraum vom 1.4.2007 bis 30.9.2007 bewilligte die Beklagte mit Bescheiden vom 27.3.2007, 17.7.2007 und 19.2.2008 und für den Zeitraum vom 1.10.2007 bis 29.2.2008 mit Bescheiden vom 17.9.2007, 26.11.2007 und 19.2.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs, d.h. in Höhe von damals monatlich 345 EUR (April bis Juni 2007) bzw. 347 EUR (Juli 2007 bis Februar 2008), sowie Kosten der Unterkunft i.H.v. jeweils 110,68 EUR (78,83 EUR Kosten der Unterkunft und 31,85 EUR Heizung)

In den darauffolgenden Bewilligungszeiträumen bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 19.2.2008 für die Zeit vom 1.3.2008 bis 31.8.2008 und mit Bescheid vom 10.9.2008 für die Zeit vom 1.9.2008 bis zum 28.2.2009 die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs, d.h. in Höhe von damals 347 EUR (März bis Juli 2008) bzw. 351 EUR (Juli bis Februar 2008), sowie weiterhin Kosten der Unterkunft i.H.v. 110,68 EUR (78,83 EUR Kosten der Unterkunft und 31,85 EUR Heizung)

Mit Bescheiden vom 2.3.2009 und vom 21.4.2009 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 1.3.2009 bis zum 31.8.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs, d.h. in Höhe von damals 351 EUR, sowie Kosten der Unterkunft i.H.v. 117,69 EUR (Unterkunftskosten i.H.v. 78,83 EUR und Heizkosten i.H.v. 36,86 EUR).

Die Berechnung der Kosten der Unterkunft und Heizung nahm die Beklagte dabei anhand der vom Kläger vorgelegten Unterlagen vor, aus denen sich Aufwendungen seiner Eltern für Darlehensraten (Darlehen der Sparkasse und Darlehenskasse S, Bauspardarlehen T, Arbeitgeberdarlehen U AG), Erbpachtzinsen und sonstigen Kosten (Grundsteuer, Kanalbenutzungsgebühren, Abfallbeseitigungsgebühren, Straßenreinigungsgebühren, Gewässergebühren, Schornsteinfegerrechnungen, Gebäudeversicherungen, Brauchwasser) sowie der Heizkosten (Wärmekostenabrechnungen) ergaben. Sämtliche Belege waren an den Vater bzw. an die Eltern des Klägers adressiert. In den Wärmekostenabrechnungen für die verschiedenen Zeiträume wurden die Verbrauchskosten für Heizung und Warmwasser separat ausgewiesen. Die Wärmekostenabrechnungen der Jahre 2005 bis 2008 wiesen die nachfolgenden Beträge aus:

2005

Heizkosten = 917,03 EUR

Verbrauchskosten Warmwasser = 329,21 EUR

2006

Heizkosten = 984,59 EUR

Verbrauchskosten Warmwasser = 407,02 EUR

2007

Heizkosten = 1.146,49 EUR

Verbrauchskosten Warmwasser = 387,37 EUR

2008

Heizkosten = 1.326,84 EUR

Verbrau...

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