Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Anfall der Erledigungsgebühr
Orientierungssatz
1. Adressat des Bescheids über die Erstattung von Kosten im Vorverfahren ist der Widerspruchsführer. Der bevollmächtigte Rechtsanwalt erlangt die Aktivlegitimation für die Klage auf Erstattung höherer Gebühren erst durch eine wirksame Abtretung.
2. Der Wirksamkeit einer Abtretung des Anspruchs auf Erstattung von Kosten im Vorverfahren nach § 398 BGB stehen weder § 53 SGB 1 noch § 399 BGB entgegen.
3. Der Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 der Anlage 1 zum RVG verlangt eine Tätigkeit des Rechtsanwalts, die über die ordnungsgemäße Begründung des Widerspruchs hinausgeht (Anschluss an Urteil des BSG vom 7. November 2006 - B 1 KR 23/06 R -); eine solche stellen weder das Beschaffen von Verwaltungsvorschriften noch die Akteneinsicht dar.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26. April 2006 geändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 324,80 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin in ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin. Sie macht aus abgetretenem Recht eine zusätzliche Erledigungsgebühr (neben der Geschäfts- und Auslagengebühr) für ein erfolgreich abgeschlossenes Widerspruchsverfahren der von ihr vertretenen Versicherten, der Beigeladenen C H, geltend.
Die am 00.00.1973 geborene, mithin zur Zeit der Antragstellung 30-jährige Beigeladene, die seit dem Sommersemester 2003 ein Studium absolvierte, beantragte im Juli/August 2004 die Aufnahme in die studentische Kranken- und Pflegeversicherung (KV/PV) der Beklagten. Die zuvor über ihren Ehemann bestehende Mitgliedschaft in der Familienversicherung war nach Rechtskraft der Scheidung im Juni 2004 entfallen. Erläuternd wies die Beigeladene darauf hin, dass sie nach Abschluss der Berufsausbildung zunächst in dem erlernten Beruf als Friseurin gearbeitet und 1998 und 1999 ihre beiden Söhne geboren habe. Dadurch habe sich ihre weitere berufliche Ausbildung verzögert. Sie bezog sich insoweit auf folgende Unterlagen: Scheidungsurteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 21.06.2004; Studienbescheinigung der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe vom 24.06.2004 über ein im Sommersemester 2004 begonnenes Studium im Studiengang "Soziale Arbeit"; Bescheinigung der Fachhochschule E über ein dort im Studiengang "Sozialpädagogik" im Zeitraum 09.09.2003 bis 29.02.2004 absolviertes, aber nicht abgeschlossenes Studium; Prüfungszeugnis des Berufskollegs L-straße der Stadt X vom 11.07.2003 über den Erwerb der Fachhochschulreife in der Fachrichtung Ernährung und Hauswirtschaft (Beginn der Schulausbildung: 01.08.2002); Berufsausbildungsvertrag über eine Ausbildung zur Friseurin im Zeitraum 17.06.1991 bis 14.08.1994.
Mit Bescheid vom 23.08.2004 lehnte die Beklagte die Aufnahme der Beigeladenen in die studentische KV mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i. V. m. dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zur KV und PV der Studenten vom 12.06.2003 (im Folgenden: Rundschreiben) lägen nicht vor. Der Beigeladenen stehe jedoch die Möglichkeit der freiwilligen KV offen; der Beitrag für die KV und PV betrage 115,92 EUR monatlich.
Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch vom 25.08.2004 machte die Beigeladene selbst geltend, die gesetzlichen sowie die Voraussetzungen des Rundschreibens lägen sehr wohl vor. Sie habe bei Studienbeginn das dreißigste Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt. Die späte Aufnahme des Studiums resultiere aus den Erziehungszeiten für die beiden Kinder. Auch habe sie zunächst - als Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums - die Fachoberschulreife an einer anerkannten Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungsweges erwerben müssen. Zusätzlich sei die späte Antragstellung dadurch bedingt, dass sie erst wegen der Scheidung aus der Familienversicherung ausgeschieden sei. Eine freiwillige KV und PV könne sie als alleinerziehende Mutter zweier Kinder, die sich im Studium befinde, nicht finanzieren. Sie erhalte lediglich Leistungen nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAFöG) in Höhe von 508 EUR sowie Wohngeld in Höhe von 290 EUR monatlich.
Mit Anhörungsschreiben vom 09.09.2004 verblieb die Beklagte dabei, dass eine studentische KV grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres durchgeführt werden könne. Zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Familienversicherung habe die Beigeladene diese zeitliche Grenze jedoch überschritten gehabt. Zugleich forderte die Beklagte mit Schreiben vom 13.09.2004 die Rückgabe der AOK-GesundheitsCard.
Am 24.09.2004 bestellte sich die Klägerin zur Prozessbevollmächtigten für die Beigeladene und beantragte Akteneinsicht. Mit weiterem Schreiben vom 08.10.2004 rügte die Klägerin, dass ihr die Akten immer noch nicht zugänglich gemacht worden seien, und wies no...