Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwertung von Beweisergebnissen aus dem Zeitraum, in dem die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung zuletzt erfüllt waren
Orientierungssatz
Rentenversicherung (R) - Zur Verwertung von Beweisergebnissen aus dem Zeitraum, in dem die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung zuletzt erfüllt waren
Leitsatz (redaktionell)
Das Gericht muss zur Frage einer mehrere Jahre zurückliegenden Minderung der Leistungsfähigkeit nicht ermitteln, wenn die aus der betreffenden Zeit vorhandenen Unterlagen keinen Hinweis auf eine rentenberechtigende Leistungsminderung ergeben.
Normenkette
SGB VI §§ 43, 241 Abs. 2; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 15. Juli 2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) hat.
Bei dem am ... 1964 geborenen Kläger ist der Monat September 1980 der erste mit Pflichtbeiträgen belegte Monat. Der Versicherungsverlauf enthält zuletzt für November 2017 eine gemeldete Zeit für den Bezug von Arbeitslosengeld II.
Den Antrag des Klägers auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 19. Februar 2016 lehnte die Beklagte unter Hinweis auf ein Leistungsvermögen des Klägers von mindestens sechs Stunden täglich für leichte Arbeiten mit weiteren Funktionseinschränkungen ab (Bescheid vom 24. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2017). Die Beklagte stützte sich hierbei im Wesentlichen auf die im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren eingeholten Befundberichte und beigezogenen Rehabilitationsentlassungsberichte.
Hiergegen hat der Kläger am 2. Februar 2017 Klage vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben und diese im Wesentlichen damit begründet, dass er unter Schmerzen an Wirbelsäule und Extremitäten leide und auch unter Schmerzmedikation maximal 400 m zu Fuß gehen könne. Er hat auf das für die Agentur für Arbeit D. nach Aktenlage erstattete Gutachten vom 24. März 2016 verwiesen, in dem ihm ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten attestiert wird.
In den vom Sozialgericht eingeholten Befundberichten hat die Fachärztin für Allgemeinmedizin S. unter dem 8. Februar 2018 eine Zunahme der Schmerzintensität bei der bei dem Kläger diagnostizierten Spinalkanalstenose mitgeteilt. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie F. hat in seinem Befundbericht vom 16. Februar 2018 eine hochgradige Spinalkanalstenose als Diagnose angegeben. Die Beschwerden des Klägers seien unverändert ohne Besserungstendenz. Zu den Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt 73 bis 80, 82, 85 bis 86 und 89 bis 96 Bd. I der Gerichtsakten Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat das Gutachten von dem Facharzt für Orthopädie und Chirurgie T. vom 1. Oktober 2018 eingeholt, das auf der Grundlage der ambulanten Untersuchung des Klägers am 26. September 2018 erstattet worden ist. Aus klinisch-objektiver Sicht hat der Sachverständige bei dem Kläger leichte bis mäßige Funktionsstörungen an der Lendenwirbelsäule (LWS) festgestellt. Das von dem Kläger demonstrierte Schonhinken und Wegknicken des rechten Beines bzw. rechten Fußes bei der körperlichen Untersuchung des Gangbildes sei sozialmedizinisch nicht überzeugend. Der Kläger sei weiterhin in der Lage, eine leichte Beschäftigung, wie z.B. leichte Sortier- oder Büroarbeiten, überwiegend im Sitzen mit den üblichen Ruhepausen, über sechs Stunden täglich auszuüben und viermal täglich mehr als 501 m in jeweils weniger als zehn Minuten zurückzulegen. Die von dem Kläger angegebene Benutzung von zwei Unterarmgehstützen sei auf eine psychische Alteration zurückzuführen. Es bleibe abzuwarten, ob der Kläger durch die geplante Operation an der LWS am 4. Oktober 2018 eine Besserung angeben werde.
Aus der stationären Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik G. vom 18. September bis zum 16. Oktober 2019 ist der Kläger nach dem Entlassungsbericht vom 23. Oktober 2019 mit einem Leistungsvermögen zumindest noch für leichte körperliche Arbeiten von sechs Stunden und mehr täglich entlassen worden. Wegen der Wirbelsäulenerkrankung seien Arbeiten mit überwiegend einseitiger Körperhaltung, häufiges Bücken oder Hocken, häufige Überkopfarbeit oder Torsionsbewegungen der Wirbelsäule, starke Vibrationsbelastungen oder Temperaturschwankungen, Witterungseinflüsse, wie Kälte, Nässe oder Zugluft, nicht mehr zuzumuten. Die dort bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bezieht sich auf das zu diesem Zeitpunkt noch fortbestehende Arbeitsverhältnis des Klägers als Schweißer und Rohrleger.
Zu dem Entlassungsbericht vom 6. Juli 2020 übe...