Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Bescheid über Beitragsnachforderung und Statusfeststellung. einstweiliger Rechtsschutz. Beschränkung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage nach § 7a Abs 6 SGB 4 idF vom 16.7.2021 auf Statusfeststellungsverfahren im engeren Sinne
Leitsatz (amtlich)
Nach Maßgabe des § 7a Abs 6 SGB IV in der seit dem 1. April 2022 geltenden Fassung haben Widerspruch und Klage nur in Statusfeststellungsverfahren aufschiebende Wirkung, dh insbesondere nicht bei der Feststellung einer Versicherungspflicht im Rahmen einer Betriebsprüfung.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle mit dem berichtigten Datum vom 21. Juni 2023 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auf 80.238,39 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin (im Folgenden: Ast.) hat keinen Erfolg.
Es wird insoweit nach § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die ausführliche und zutreffende Begründung des Sozialgerichts Halle im Beschluss mit dem berichtigten Datum vom 21. Juni 2023 Bezug genommen.
Der bei dem Sozialgericht Halle am 31. März 2023 eingegangene Antrag bezieht sich auf die Feststellung des unveränderten Fortbestehens der Aussetzung der Vollziehung und hilfsweise die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vor dem Sozialgericht Halle im Verfahren S 11 BA 23/20. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ergeben sich insoweit keine Änderungen im Beschwerdeverfahren. Auch die Beschwerdebegründung gibt keinen Raum für eine andere Entscheidung.
Die Feststellung der aufschiebenden Wirkung auf Grund einer Entscheidung der Antrags- und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Ag.) kann schon in Bezug auf den Ablauf des Verfahrens nicht geltend gemacht werden. Der angefochtene Bescheid vom 25. September 2019 über eine Beitragsnachforderung von 363.481,79 € (einschließlich 109.548,50 € Säumniszuschlägen) betrifft insgesamt 16 Fahrzeugüberführer bzw. Fahrzeugüberführerinnen mit der Feststellung einer Versicherungspflicht in der Sozialversicherung bzw. in einem Fall einer geringfügigen nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung von unterschiedlicher Dauer im Zeitraum Januar 2014 bis Dezember 2016. Im Rahmen der Teilabhilfe auf den Widerspruch der Ast. reduzierte sich die Nachforderung auf 320.953,55 € (einschließlich 95.602,50 € Säumniszuschlägen). Diese Teilabhilfe beruhte darauf, dass für zwei Personen auf Grund der Beschäftigung eigener Arbeitnehmer nicht mehr von einer Versicherungspflicht der Tätigkeit für die Klägerin ausgegangen wurde. Nach Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2020 als unbegründet hat die Klägerin gegen den vorgenannten Bescheid am 30. November 2020 Klage vor dem Sozialgericht Halle erhoben ( S 11 BA 23/20). Auf den Antrag der Ast. erfolgte durch die Ag. mit Schreiben vom 3. Dezember 2020 und mit folgendem Wortlaut erneut unter dem 8. Dezember 2020 die Aussetzung der Vollziehung der Beitragsforderung mit folgender Maßgabe: „[…] bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung im Klageverfahren zum Aktenzeichen S 25 BA 18/20 bzw. bis zu einer sozialrechtlichen Ergänzung des § 7a Abs. 7 SGB IV dahingehend, dass Widerspruch und Klage ausschließlich im Anfrageverfahren aufschiebende Wirkung haben, nicht jedoch bei sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen nach § 28h Abs. 2 SGB IV und § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV[…]“. Das Klageverfahren ist mit Beschluss des Sozialgerichts vom 26. Mai 2021 ruhend gestellt worden. Mit Schreiben vom 21. März 2023 hat die Ag. unter Hinweis auf die Neuregelungen zum Statusfeststellungsverfahren die Aussetzung der Vollziehung sodann beendet. Weder handelt es sich bei der Mitteilung über die Aussetzung der Vollziehung durch die Ag. um einen eigenständigen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X; vgl. insoweit statt aller Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2021 -L 11 BA 660/21-, juris, RdNr. 29) noch ist die Behörde nach § 86a Abs. 3 Satz 5 SGG gehindert, ihre Entscheidung jederzeit zu ändern oder aufzuheben.
Soweit die Ast. zumindest im erstinstanzlichen Verfahren gemeint hat, im Bereich der Betriebsprüfung sei im Rahmen ihres Antrags im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nach § 86a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGG i.V.m. § 7a Abs. 6 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeine Grundsätze für die Sozialversicherung - SGB IV) in der Fassung des Art. 2c des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 16. Juli 2021 (im Folgenden „n.F.“, BGBl. I, S. 2970) zu berücksichtigen, weil auch der sozialversicherungsrechtliche Status der von dem Bescheid betroffenen natürlichen Pers...