Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufungszulassung. grundsätzliche Bedeutung. Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung. Pauschalierung. Höhe eines abweichenden Bedarfs bei konkreter Erfassung. Angemessenheitsgrenze
Leitsatz (amtlich)
Ob ein abweichender Mehrbedarf für die Warmwasserbereitung nach § 21 Abs 7 S 2 SGB 2 (letzter Halbsatz) besteht, wenn im Einzelfall konkret ermittelt werden kann, welcher Energieanteil auf die Warmwasserversorgung entfällt und ob dieser in Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten zu übernehmen ist, oder ob auch in diesen Fällen ein begründeter Ausnahmefall vom Leistungsberechtigten geltend zu machen ist, bedarf einer grundsätzlichen Klärung, ebenso wie die Frage, ob eine abstrakte Grenze für unangemessene Kosten der Warmwasserbereitung bestehen könnte und wo diese ggf zu ziehen wäre.
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 19. Dezember 2012 zugelassen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Warmwasserversorgung nach § 21 Abs. 7 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; in der seit 01.04.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuches vom 24.03.2011, BGBl. I. S. 453, in der Bekanntmachung der Neufassung vom 13.05.2011, BGBl. I S. 850) für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.11.2011 zu gewähren sind.
Die 1954 geborene Klägerin steht seit dem 01.01.2005 im Leistungsbezug des Beklagten. Auf ihre Weiterbewilligungsanträge hatte der Beklagte ihr zunächst monatliche Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 01.10.2010 bis 31.05.2011 in Höhe von 666,00 € (Bescheid vom 14.10.2010) und für den Bewilligungszeitraum vom 01.06.2011 bis 30.11.2011 in Höhe von 671,00 € (Bescheid vom 02.05.2011; davon jeweils monatlich 307,00 € Kosten der Unterkunft und Heizung) bewilligt.
Am 01.07.2011 beschwerte sich die Klägerin beim Beklagten, weil ihr ab Beginn des Jahres Heizkosten für Warmwasser zustünden. Darauf bestehe sie selbstverständlich rückwirkend. Ihre letzte Jahresabrechnung habe 162,08 € betragen. Eine telefonische Nachfrage beim Vermieter der Klägerin ergab, dass die Versorgung nur mit Fernwärme ohne Warmwasseraufbereitung erfolge. Daraufhin gewährte der Beklagte der Klägerin mit Änderungsbescheiden vom 05.07.2011 für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.05.2011 bzw. vom 01.06.2011 bis 30.11.2011 monatliche Leistungen in Höhe von 679,00 € inklusive eines monatlichen Mehrbedarf für Warmwasserbereitung von 8,00 €. Der Widerspruch der Klägerin dagegen, den sie damit begründete, dass die pauschale Erstattung bei Warmwasserversorgung durch Strom unzureichend sei, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 29.07.2011).
Am 09.08.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass sich ihr letzter Betrag für die Warmwasserbereitung auf monatlich 13,60 € belaufen habe. Da ihr Verbrauch im Durchschnitt liege, stehe ihr auch die vollständige Erstattung zu und nicht ein fiktiv festgelegter Betrag von 8,00 €. Die sonstigen Mietkosten würden nicht fiktiv sondern tatsächlich übernommen, was selbstverständlich auch für die Warmwasserkosten gelten müsse. Bei der ungenügenden Pauschalierung sei sie benachteiligt gegenüber den Mietern, bei denen die Warmwasserversorgung in der Gesamtmiete in den Betriebskosten mit verrechnet werde, was größtenteils der Fall sei. Das verstoße gegen den Gleichheitssatz. Die genaue Warmwasserabrechnung könne von ihr vorgelegt werden, da die Gasabrechnung nur das Warmwasser betreffe, sodass hier wie bei den Mietern, bei denen die Warmwasserkosten in den Betriebskosten enthalten seien, der tatsächliche Betrag zu erstatten sei. Es bestehe ein großer Unterscheid, ob früher 8,00 € abgezogen oder jetzt gezahlt würden. Bei einer Jahresabrechnung, die noch anderen Verbrauch beinhalte, z.B. Gasherd, sollte ein Pauschbetrag nochmals neu ermittelt werden. Auf die gerichtliche Anfrage, ob ein im Einzelfall abweichender Bedarf als Ausnahme geltend gemacht werde, hat die Klägerin an ihrem bisherigen Vorbringen festgehalten.
Das Sozialgericht hat die Klage nach vorheriger Anhörung mit Gerichtsbescheid vom 19.12.2012 abgewiesen. Die streitbefangenen Änderungsbescheide vom 05.07.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2012 seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht habe der Beklagte den nach § 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 SGB II errechneten Betrag von 8,37 € gemäß § 77 Abs. 5 SGB II auf 8,00 € abgerundet. Ein weiterer Anspruch auf die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen der dezentralen Warmwassererzeugung, der über den mit den angegriffenen Bescheiden bewilligten Mehrbedarf hinaus gehe, sei nicht gegeben. Umstände des Einzelfalls i.S.v. § 21 Abs. 7 Satz 2 Halbsatz 2 SGB II, die eine abweichende Bewertung er...