Verfahrensgang

SG Leipzig (Urteil vom 30.01.1997; Aktenzeichen S 2 V 152/94)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 30. Januar 1997 mit dem Bescheid vom 07. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 1994 sowie mit dem Bescheid vom 13. Februar 1992 in der Gestalt der Bescheide vom 06. Juli 1993 und vom 12. Februar 1998 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, für die Zeit vom 01. Oktober 1997 bis zum 02. Juli 2000 berufliche Betroffenheit anzuerkennen und dem Kläger für diesen Zeitraum eine Grundrente in entsprechender Anwendung des BVG nach einer MdE um 80 v. H. sowie einen Berufsschadensausgleich auf der Grundlage eines Betriebswirtes (FH) in der Position eines Abteilungsleiters als Vergleichsberuf zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu einem Viertel zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Umfang der Gewährung von Entschädigungsleistungen in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) wegen eines Impfschadens.

Bei dem am … geborenen Kläger, Sohn eines Schlossers, traten am 12. Tage nach einer Diphtherie-Schutzimpfung vom 21. Oktober 1952 Krankheitssymptome, insbesondere eine Lähmung im Bereich des rechten Armes (an dem die Impfung vorgenommen worden war) auf.

Erst 1958 gelangte dieser Sachverhalt dem Rat des Kreises Leipzig-Stadt zur Kenntnis; der Kreisarzt diagnostizierte eine spinale Form einer Poliomyelitis und nahm einen Zusammenhang mit der Impfung an (Bl. 2, 3 B-Akten).

Die Entschädigung wurde zunächst auf einen Gesamtbetrag von 3.325,00 M, zahlbar in monatlichen Raten zu 25,00 M festgesetzt (Bl. 6 B-Akten); 1964 wurde auf erneuten Antrag des Klägers hin eine Aufstockung der Gesamt-Entschädigung auf 5.000,00 M verfügt. Zur Begründung der zeitlichen Begrenzung der Entschädigungszahlungen wurde angeführt, der Kläger habe zwar einen Dauerschaden davongetragen, er sei jedoch ausbildungsfähig und erlerne einen Beruf, so dass ein Härtefall nicht vorliege (Bl. 5 B-Akten).

Nach Beendigung dieser Zahlung im Jahre 1969 und erneutem Einspruch des Klägers gegen die Einstellung der Leistungen wurde im Dezember 1970 eine „Vereinbarung” zwischen dem Kläger und der staatlichen Versicherung der DDR des Inhalts getroffen, zur Abgeltung des Anspruchs auf Verdienstausfall und Mehraufwendungen werde dem Kläger eine monatliche Rente i. H. v. 60,00 M auf Dauer gezahlt (Bl. 14, 16 B-Akten).

In einem neurologischen Gutachten vom 19. Dezember 1979 heißt es u.a.:

… berichtet jetzt, dass sich seine Symptomatik in den letzten zehn Jahren nicht verändert habe … In beruflicher Hinsicht sei er durch die Armlähmung nicht behindert, d.h. er habe gelernt, alle Arbeiten mit dem linken Arm bzw. mit der linken Hand auszuführen. Er sei bereits als körperbehinderter Schulabgänger entsprechend berufsberaten und gelenkt worden, habe die Lehre als Industriekaufmann bestritten, dann eine Ausbildung als Ingenieurökonom absolviert und sei jetzt als Problemanalytiker auf dem Gebiet der Betriebsorganisation tätig. Diesen Aufgabenbereich könne er trotz der Lähmung des rechten Armes ohne Beeinträchtigung bewältigen. (Bl. 9 B-Akten).

Mit einem von Amts wegen erlassenen Teilbescheid vom 13. Februar 1992 erkannte das Versorgungsamt Leipzig eine „Gebrauchsunfähigkeit des rechten Armes” als Impfschaden an. Dadurch sei der Kläger ab dem 3. Oktober 1990 um 60 v. H. in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert. Auf dieser Grundlage werde dem Kläger ab dem 3. Oktober 1990 eine monatliche Rente nach dem Bundes-Seuchengesetz i.V.m. dem BVG zuerkannt (Betrag ab dem 1. Januar 1992: 251,00 DM). Über die Gewährung einer Ausgleichsrente, eines Ehegattenzuschlages, von Kinderzuschlägen sowie eines Berufsschadensausgleichs werde noch gesondert entschieden.

Mit Bescheid vom 6. Juli 1993 wurde die Rente zugunsten des Klägers neu festgesetzt; der Zahlungsbetrag betrug ab Juli 1992 283,00 DM, ab Januar 1993 301,00 DM und ab Juli 1993 345,00 DM.

In dem Erhebungsbogen des Beklagten über seinen schulischen und beruflichen Werdegang gab der Kläger an, ohne die Schädigung hätte er einen handwerklich-technischen Beruf erlernt und später ein berufsbezogenes Studium aufgenommen. Als Belege legte er diverse Zeugnisse und Arbeitsverträge vor und reichte verschiedene Entgeltbescheinigungen und Leistungsnachweise ein (Bl. 68 ff., 57 ff. B-Akten).

Mit Bescheid vom 7. April 1994 lehnte der Beklagte eine Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit sowie die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs, einer Ausgleichrente und eines Ehegattenzuschlages ab. Die Erhöhung der MdE gem. § 30 Abs. 2 BVG müsse abgelehnt werden, da sich der Kläger trotz der anerkannten Schädigungsfolge zum Ingenieurökonom habe qualifizieren können und keine besondere berufliche Betroffenheit erkennbar sei. Die Arbeitslosigkeit des K...

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