Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist in einem gerichtskostenpflichtigen Verfahren nach dem SGG keine Entscheidung in der Hauptsache ergangen, ist die Kostenentscheidung des Sozialgerichts nach § 197a SGG iVm § 158 Abs 2 VwGO unanfechtbar.

 

Tenor

Die Beschwerden der Beklagten gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Kiel vom 20. Oktober 2006 werden zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten stritten in den Hauptverfahren S 4 KR 167/05, S 4 KR 200/05, S 4 KR 207/05, S 4 KR 209/05 vor dem Sozialgericht Kiel um Krankenhausbehandlungskosten.

Nachdem die Kammer die jeweiligen Krankenunterlagen der Versicherten beigezogen hatte, erklärten die Beteiligten die Verfahren zunächst wegen der geltend gemachten Behandlungskosten und später auch wegen der Verzugszinsen für erledigt. Die Klägerin stellte jeweils Kostenanträge.

Mit Beschlüssen vom 20. Oktober 2006 hat das Sozialgericht Kiel der Beklagten jeweils die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Wegen der Rechtsgrundlage hat das Gericht in den gleichlautenden Beschlüssen auf § 197a Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 161 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) verwiesen. Danach entscheide das Gericht über die Kosten durch Beschluss nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der bisherigen Sach- und Rechtslage. Vorliegend habe die Klägerin jeweils zu Recht die Übersendung einer medizinischen Begründung für die Notwendigkeit der stationären Behandlung auf die Aufforderung hin verweigert. Die Klage habe deshalb Aussicht auf Erfolg gehabt.

Gegen die der Beklagten jeweils am 8. November 2006 zugestellten Beschlüsse richten sich deren Beschwerden vom 24. November 2006, denen das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (L 5 B 308/07 KR, L 5 B 314/07 KR, L 5 B 313/07 KR, L 5 B 312/07 KR). Die Beklagte hält die Beschwerden gegen die Kostenentscheidungen für zulässig. Nach ihrer Auffassung enthalte § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG im Ergebnis keine Verweisung auf § 158 Abs. 2 VwGO. Sollte die Beschwerde dagegen nicht zulässig sein, möge sie als außerordentlicher Rechtsbehelf dienen. In der Sache halte sie die Kostenentscheidung aus rechtlichen Gründen für fehlerhaft.

Demgegenüber hält die Klägerin die Beschwerden für unzulässig, da § 197a Abs. 1 2. Halbsatz SGG ausdrücklich auf die Regelungen der §§ 144 bis 162 VwGO verweise. Gemäß § 158 Abs. 2 VwGO sei kein Rechtsmittel gegeben, wenn in der Hauptsache keine Entscheidung ergehe. Im Übrigen sei die Kostenentscheidung auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

Mit Beschluss vom 18. April 2007 hat der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts die Beschwerden zur gemeinsamen Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens L 5 B 308/07 KR verbunden. Wegen der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts gegebenen Zuständigkeit des 1. Senats in Knappschaftssachen sind die Sachen in die Zuständigkeit des 1. Senats übergegangen.

II.

Die Beschwerden sind vorliegend als unzulässig zurückzuweisen, da sie nicht statthaft sind.

Nachdem die Beteiligten die Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, musste das Sozialgericht auf Antrag der Klägerin über die Kosten entscheiden. Da keiner der Beteiligten zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört, ist die Kostengrundentscheidung nicht nach § 193 SGG, sondern nach § 197a Abs. 1, 3. Halbsatz SGG zu treffen. Hierfür bestimmt das Gesetz die entsprechende Anwendung der §§ 154 bis 162 der VwGO. Gemäß § 158 Abs. 2 VwGO ist eine Entscheidung über die Kosten unanfechtbar, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen ist.

In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, ob die Vorschrift des § 158 Abs. 2 VwGO mit dem Ausschluss der Beschwerde in den gerichtskostenpflichtigen Verfahren vor den Sozialgerichten anwendbar ist. Dass § 158 Abs. 2 VwGO nicht anwendbar sei, meinen: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 25. August 2003 - L 5 B 25/02 KR - Breith. 2003, 877; LSG Potsdam, Beschl. vom 28. April 2004 - L 6 B 44/03 AL ER - SGb 2005, 55; Knittel in: Hennig, SGG, Loseblattausgabe, § 197a Rdnrn. 17, 18; im Ergebnis auch Rohwer-Kahlmann, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz (SGG), Loseblattausgabe, § 172 Rdnr. 24.

Der Senat folgt jedoch der anders lautenden Auffassung, wonach § 158 Abs. 2 VwGO bei unstreitiger Verfahrenserledigung in einem gerichtskostenpflichtigen sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden ist (siehe bereits Beschluss des erkennenden Senats vom 3. Januar 2007 - L 1 B 84/06 U -; so auch LSG Hessen, Beschl. v. 29. März 2004 - L 14 B 55/03 P -, zitiert nach Juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 6. Oktober 2004 - L 3 B 79/03 KA - Breith. 2005, 446; so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28. April 2003 - L 11 B 8/03 KA -, so angegeben in LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25. August 2003, a.a.O.; M. Krasney, Anm. zu LSG Berlin, Beschl. v. 28. April 2004, a.a.O., in SGb 2005, 57; Binder in: HK-SGG, 2003, § 19...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge