Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Höhe von Übergangsgeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grundlage einer fiktiven Bemessungsgrundlage. Zuordnung eines staatlich anerkannten Erziehers zur Qualifikationsgruppe 2 nach § 68 Abs 2 S 2 Nr 2 SGB 9 2018
Leitsatz (amtlich)
1. Der Abschluss zur staatlich anerkannten Erzieherin oder zum staatlich anerkannten Erzieher an einer Fachschule führt zur Anwendung der Qualifikationsgruppe 2 des § 68 Abs 2 SGB IX. Weitere Anforderungen sind nicht zu erfüllen.
2. Maßgeblich für die der individuellen beruflichen Qualifikation folgenden Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe des § 68 Abs 2 SGB IX ist allein der bereits erlangte Abschluss unabhängig vom konkreten Zugang zu dieser Qualifikation.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 2. Juli 2021 und der Bescheid der Beklagten vom 9. September 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2020 werden aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die mit Bescheid vom 22. August 2019 bewilligte Maßnahme Übergangsgeld unter Berücksichtigung einer Eingruppierung in die Qualifikationsgruppe 2 zu gewähren.
Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Vor-, Klage- und Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von höherem Übergangsgeld während einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Zugrundelegung einer Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2.
Die 1975 geborene Klägerin verfügt über einen mittleren Schulabschluss. Sie schloss 1999 eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin ab. In der Zeit von August 2005 bis Juni 2008 absolvierte sie an der Staatlichen Fachschule für Sozialpädagogik in H eine Ausbildung mit dem Abschluss „staatlich anerkannte Erzieherin“. In diesem Beruf war sie bis 2017 tätig.
Mit Bescheid vom 22. August 2019 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Weiterbildung für den Beruf als Kauffrau (Büromanagement) für die Zeit vom 26. August 2019 bis zum 28. Juli 2021 bei dem BFW H gGmbH.
Mit Bescheid vom 9. September 2019 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die gewährte Maßnahme ab dem 26. August 2019 Übergangsgeld. Die Höhe bemaß die Beklagte nach dem kalendertäglichen Regel- bzw. Nettoarbeitsentgelt. Die Beklagte verglich vor der Bewilligung die Berechnung des Übergangsgeldes auf der Grundlage von 80 v. H. des kalendertäglichen Regelentgeltes bzw. das kalendertägliche Nettoarbeitsentgelt mit dem fiktiven Arbeitsentgelt nach Qualifikationsgruppen. Hierfür legte die Beklagte die Qualifikationsgruppe 3 gem. § 68 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - (SGB IX) zugrunde. Die fiktive Berechnung war für die Klägerin nicht günstiger.
Gegen den Bewilligungsbescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie die Zahlung eines höheren Übergangsgeldes in Anwendung eines fiktiven Arbeitsentgeltes auf der Grundlage der Qualifikationsgruppe 2 unter Beachtung ihrer Qualifizierung als staatlich anerkannte Erzieherin begehrte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2020 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Versicherte, die erfolgreich eine Ausbildung in einer Fachschule absolvierten, würden regelmäßig in die Qualifikationsgruppe 3 eingestuft. Es handele sich hierbei um Bildungsgänge, die zu einem Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf führten. Die Klägerin habe die berufliche Tätigkeit als staatlich anerkannte Erzieherin im Rahmen einer Ausbildung von August 2005 bis Juni 2008 an der Staatlichen Fachschule für Sozialpädagogik in H erlernt und diese mit einer Abschlussprüfung beendet. Es handele sich hierbei um eine abgeschlossene Ausbildung an einer Fachschule. Dementsprechend sei für die Ermittlung des fiktiven Arbeitsentgelts die Qualifikationsgruppe 3 zugrunde zu legen. Eine höhere Qualifikationsgruppe ergebe sich nicht, da hierfür neben einem Fachschulabschluss die in § 68 Abs.2 Satz 2 SGB IX genannte weitere Qualifikation erforderlich sei. Andernfalls würde die Fachschulausbildung trotz gleicher formaler Wertigkeit und paralleler Ausbildungsinhalte gegenüber betrieblichen, grundständigen Ausbildungen privilegiert. Das würde jedoch dem gesetzlich vorgegebenen vierstufigen Schema der Qualifikationsgruppen widersprechen.
Am 5. Februar 2020 hat die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Lübeck erhoben. Ihren Berufsschulabschluss habe sie an einer Fachschule für Sozialpädagogik erworben. Dem Gesetzeswortlaut entsprechend sei dieser Abschluss der Qualifikationsgruppe 2 zuzuordnen. Wenn der Gesetzgeber bestimmte Fachschulabschlüsse von der Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 hätte ausnehmen wollen, hätte er dies getan. Für diese Ausbildung könne zudem ein sogenanntes Meister-BAföG beantragt werden. Für die Ausbildung zur Erzieherin gebe es unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen, die alle zu demselben Fachschulabschluss führten.
Die Klägeri...