Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Neubemessung der Regelbedarfe ab 1.1.2011. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Von einer Verfassungswidrigkeit des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes (juris: RBEG), also der Ermittlung der Regelbedarfe, ist nicht auszugehen, insbesondere wurden die Vorgaben des BVerfG in dessen Urteil vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua = BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) eingehalten.
2. Az beim LSG: L 12 AS 1420/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die verfassungsgemäße Höhe des dem Kläger zu gewährenden Regelbedarfs.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger bezieht seit März 2008 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II).
Auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 21.02.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 10.03.2011 für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 699,- EUR, d.h. 359,- EUR als Regelleistung bzw. Regelbedarf und 340,- EUR als Kosten bzw. Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Nach dem Beschluss des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I, S. 453) durch den Gesetzgeber erließ der Beklagte am 26.03.2011 einen Änderungsbescheid, mit dem eine Erhöhung des monatlichen Regelbedarfs auf 364,- EUR für den genannten Zeitraum erfolgte.
Bereits am 22.03.2011 erhob der Kläger Widerspruch, den er damit begründete, dass die Regelleistung bzw. der Regelbedarf für die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht ausreiche. Die Neuregelung entspräche nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in dessen Entscheidung vom 09.02.2010. Das gewählte Statistikmodell sei durch eine Vermischung mit anderen Methoden nicht konsequent angewandt worden, so dass es zu erheblichen Bedarfsunterdeckungen komme. Die Reduzierung der Bezugsgruppe der Einpersonenhaushalte im Rahmen der Bedarfsermittlung von 20 auf 15 % sei zudem nicht sachgerecht begründet worden. Des Weiteren führe der nicht erfolgte Ausschluss der verdeckt Armen aus den im Rahmen der Ermittlung berücksichtigten Referenzhaushalten zu Zirkelschlüssen. Erfolgte Bedarfskürzungen bzw. Einstufungen einzelner Bedarfspositionen als nicht regelsatzrelevant seien weder realitätsgerecht noch methodisch vertretbar.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2011 zurück. Der Bescheid vom 10.03.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.03.2011 sei nicht zu beanstanden.
Am 25.05.2011 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, dass auch der Ausschuss der Vereinten Nationen für wirtschaftlich, soziale und kulturelle Rechte die Grundsicherung nach dem SGB II nicht für hinreichend halte.
Er beantragt,
den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 10.03.2011 und vom 26.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2011 zu verurteilen, ihm Grundsicherungsleistungen in Höhe des Existenzminimums zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist nicht in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Der Bescheid vom 10.03.2011 in der Fassung vom 26.03.2011 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2011 ist nicht rechtswidrig.
Streitgegenstand ist die Höhe des dem Kläger im Zeitraum von April bis September 2011 zu gewährenden monatlichen Regelbedarfs.
Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II werden ab 01.01.2011 als Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts bei Personen, die alleinstehend sind, monatlich 364,- EUR anerkannt. Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst nach § 20 Abs. 1 SGB II insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Die neuen Regelbedarfe wurden durch das Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regel...