Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Neubemessung der Regelbedarfe ab 1.1.2011. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die Neubemessung der Regelbedarfe nach dem SGB 2 zum 1.1.2011 begegnet - auch nach den Vorgaben des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua = BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) - keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Tenor
Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger steht im laufenden Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Unter dem 28.12.2010 stellte der Kläger bei der ARGE für die Grundsicherung Arbeitsuchender in der Städteregion A., deren Rechtsnachfolger der Beklagte ist (nachfolgend Beklagter) einen Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen. Mit Bescheid vom 28.12.2010 bewilligte der Beklagte ihm für die Zeit vom 01.02.2011 bis 31.07.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 359 EUR sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 418,50 EUR monatlich.
Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 07.01.2011 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, der Berechnung der bewilligten Leistungen lägen Vorschriften des SGB II zugrunde, die mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 für verfassungswidrig erklärt worden seien. Es ergäben sich im Zusammenhang mit der Ermittlung der Regelbedarfe und der Leistungen im "Bildungspaket" verfassungsrechtliche Bedenken. Die Höhe der bewilligten Leistungen sei zu niedrig, insbesondere ergebe sich aus einer Studie der Universität zu C., dass alleine für eine ausgewogene Ernährung ein monatlicher Betrag von bis zu ca. 245,40 EUR festgestellt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2011 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach dem Urteil des BVerfG gebe es einen Gesetzentwurf des Deutschen Bundestages hinsichtlich der betroffenen Vorschriften. Da der Bundesrat aber noch nicht zugestimmt habe, fehle es derzeit an einer Rechtsgrundlage zur Anhebung bewilligter Leistungen.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit der am 18.03.2011 erhobenen Klage. Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts sei verfassungswidrig und zu gering bemessen. Im Weiteren verwies der Kläger auf eine angefügte rechtsgutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. jur. N. TU-B.
Während des Klageverfahrens erließ der Beklagte unter dem 26.03.2011 einen Änderungsbescheid, mit dem rückwirkend ab dem 01.01.2011 die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf monatlich 364 EUR festgesetzt wurden. Die sich ergebenden Differenzbeträge wurden dem Kläger ausgezahlt.
Auch nach Erlass dieses Bescheides hält der Kläger an seinen Ausführungen fest. Er ist der Ansicht, der Beklagte habe ihm höheres Arbeitslosengeld II zu bewilligen. Hierzu beruft sich der Kläger unter Anderem auf die in der mündlichen Verhandlung überreichte wissenschaftliche Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. GmbH zum Thema "Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung" von April 2008 sowie eine mit der Klage eingereichte rechtsgutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. jur. N. der TU-B. zu der Frage, ob der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 20.10.2010 den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (Az. 1 BvL 1/09) entspricht.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 28.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2011 in der Fassung des Bescheides vom 26.03.2011 zu verurteilen, ihm Grundsicherungsleistungen in Höhe des Existenzminimums zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, es bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der bewilligten Leistungen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Der Bescheid vom 28.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2011 in der Fassung des Bescheides vom 26.03.2011 - der nach § 96 SGG in das Verfahren einzubeziehen ist - war nicht rechtswidrig. Dem Kläger steht ein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht zu.
Der Kläger ist Berechtigter im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Seit dem 01.01.2011 werden als Regelbedarf nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II monatlich 364 EUR an Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind, anerkannt. Dieser Regelbedarf wurde dem K...