Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. Verfassungsmäßigkeit der Neubemessung der Regelbedarfe. Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 für im Haushalt der Eltern lebende über 25-jährige Leistungsberechtigte. Ungleichbehandlung gegenüber Leistungsberechtigten nach dem SGB 2. sachliche Rechtfertigung. Systemunterschiede

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bemessung und Ermittlung des Bedarfes, der der Regelbedarfsstufe 3 zu Grunde gelegt worden ist, genügt den Anforderungen, die das BVerfG in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua = BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 aufgestellt hat.

2. Es bestehen Systemunterschiede zwischen SGB 2 und SGB 12, die die tatsächliche Lebenssituation von Leistungsempfängern nach dem SGB 2 und dem SGB 12 in einer Weise beeinflussen, dass die Regelungen zur Regelbedarfsstufe 3 (Anlage zu § 28 SGB 12) auch vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art 3 GG nicht als verfassungswidrig anzusehen sind.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruches des Klägers auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) für den Zeitraum 4. April 2011 bis 31. Mai 2011 und dabei maßgeblich um die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch auf Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 zusteht.

Der Kläger am … 1986 geborene Kläger wohnte im streitgegenständlichen Zeitraum mit seiner Mutter in einem gemeinsamen Haushalt in einer Wohnung im K…-D…-R… .. in … B…. Die Miete betrug ab dem 1. April 2011 monatlich 556,63 EUR inklusive Heizkostenvorauszahlung.

Der Kläger bezieht seit dem 1. Juli 2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, aufgrund des Bescheides der Deutschen Rentenversicherung vom 26. November 2008 zunächst befristet bis zum 30. Juni 2010, durch Bescheid vom 14. Mai 2010 verlängert bis zum 30. April 2013. Der Auszahlbetrag betrug im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 116,80 EUR.

Der Kläger bezog bis zum 3. April 2011 gemeinsam mit seiner Mutter Leistungen nach dem SGB II.

Ab dem 4. April 2011, seinem 25. Geburtstag, stand der Kläger beim Beklagten im Leistungsbezug.

Dieser bewilligte mit Bescheid vom 13. April 2011 Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII in Höhe von 407,26 EUR für den Zeitraum 4. April 2011 bis 30. April 2011 und in Höhe von 452,50 EUR für den Monat Mai 2011. Bei der Berechnung legte der Beklagte einen Sozialhilfebedarf in Höhe von 291 EUR monatlich entsprechend der Regelbedarfsstufe 3 der Anlage zu § 28 SGB XII zugrunde.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2011 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 28. September 2011 Klage gegen die Entscheidungen des Beklagten erhoben.

Er ist der Auffassung, die Regelbedarfsstufe 3 sei rechtswidrig. Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 19. Mai 2009 (Az: B 8 SO 8/08 R) die Ungleichbehandlung von Beziehern von SGB II und SGB XII-Leistungen gerügt und zur bis zum 31. 12.2010 geltenden Rechtslage entschieden, dass auch gemeinsam mit ihren Eltern in einem Haushalt lebenden SGB XII-Beziehern der (volle) Regelsatz eines Haushaltsvorstandes zustehe. Die seit dem 1.1.2011 geltende Neuregelung würde dazu im Widerspruch stehen. Zudem seien die vom Gesetzgeber zur Begründung der geringeren Höhe der Regelbedarfsstufe 3 angeführten Einspareffekte nicht ausreichend statistisch belegt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 13. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2011 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum 4. April 2011 bis 31. Mai 2011 Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII unter Berücksichtigung eines Regelsatzes in Höhe von 364 EUR zu gewähren,

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf seinen Widerspruchsbescheid, in dem er ausgeführt hatte, dass die bewilligten Leistungen den gesetzlichen Vorgaben entsprächen.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 19. Oktober 2012 und 23. Oktober 2012 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der Beratung und Entscheidung der Kammer gemachten Prozessakte und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 SGG.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 SGG zulässig, aber unbegründet.

Dem Kläger steht keine höhere Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII zu.

Die dem Kläger bewilligten Leistungen entsprechen den gesetzlichen Vorgaben.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, denn er kann seinen Lebensunterhalt nicht ausreic...

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