Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 31.1.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.3.2017, Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum 1.1.2017 bis 28.2.2018 zu gewähren.

Der Beklagte trägt die zur Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vom beklagten Jobcenter für die Zeit vom 1.1.2017 bis 28.2.2018 - in diesen Monaten erhielt sie bislang von der Beigeladenen eine Leistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Die Klägerin, geboren 1989, ist afghanischer Staatsangehörigkeit. Sie reiste im November 2015 nach Deutschland ein, nachdem sie ihren in Deutschland lebenden Ehemann 2014 geheiratet hatte. Im Februar 2016 stellten die Ehepartner einen Antrag auf Leistungen beim beklagten Jobcenter. Der Ehemann erhielt bereits aufgrund einer Schwerbehinderung Leistungen nach dem SGB XII. Mit Bescheid vom 17.3.2016 bewilligte das Jobcenter Leistungen in Höhe des Regelbedarfes und anteiliger Unterkunftskosten vom 1.2.2016 bis 31.1.2017 für die Klägerin (Bl. 37 Verw.akte Bekl). Das Ehepaar lebte in einer gemeinsamen Wohnung mit den Schwiegereltern.

Mit Schreiben vom 29.8.2016 erklärte der Schwiegervater gegenüber dem Jobcenter, die Klägerin lebe seit dem 20.7.2016 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt.

Ab Oktober 2016 stellte das Jobcenter daraufhin seine Zahlungen ein.

Im Oktober 2016 stellte die Klägerin einen Asylantrag und erhielt eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens, längstens gültig bis zum 12.1.2017 (Bl. 39 Hefter).

Mit Bescheid vom 17.10.2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Flüchtlingseigenschaft, die Asylanerkennung und den subsidiären Schutzstatus ab - ein Abschiebungsverbot gem.§ 60 Absatz 5 AufenthG wurde festgestellt (Bl. 53 Hefter). Die Klägerin erhielt ein Merkblatt mit dem Hinweis, sie habe das Recht, eine Aufenthaltserlaubnis nach§ 25 Absatz 3 AufenthG zu beantragen und sie habe einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.

Mit Schreiben vom 25.10.2016 beantragte die Klägerin - durch ihre Prozessbevollmächtigte - bei der Ausländerbehörde einen Aufenthaltstitel (Bl. 57 Gerichtsakte).

Das BAMF erließ am 6.12.2016 eine Abschlussmitteilung für das Asyl bzw. Dublin-Verfahren der Klägerin und eine Teil-Abschlussmitteilung zum Abschiebeverbot (Bl. 84/86 Hefter).

Von Dezember 2016 bis Februar 2018 erhielt die Klägerin Leistungen von der Beigeladenen nach § 3 AsylbLG in Höhe von insgesamt 354,- € monatlich.

Im Januar 2017 beantragte die Klägerin Leistungen nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 31.1.2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin habe Anspruch auf Asylbewerberleistungen.

Den dazu erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 1.3.2017 als unbegründet zurück. Gem.§ 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II seien Leistungsberechtigte nach§ 1 AsylbLG von den Leistungen des SGB II ausgeschlossen. Entgegen den Ausführungen der Klägerin habe sie Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG. Ihr Asylverfahren sei noch nicht in vollem Umfang abgeschlossen. Dies zeige sich auch daran, dass das BAMF der Bevollmächtigten am 6.12.2016 nur eine Teil-Abschlussmitteilung zugesandt habe. Die Klägerin besitze keinen Aufenthaltstitel, sondern lediglich eine Aufenthaltsgestattung. Der Unterschied zu Fällen des§ 25 Abs. 1 und 2 AufenthG liege darin, dass bei Zuerkennung von Asylberechtigung, Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärem Schutz durch das Gesetz eine Aufenthaltserlaubnis fingiert werde, auch wenn tatsächlich (noch) kein Titel vorliege. In Fällen des§ 25 Absatz 3 AufenthG sei jedoch unklar, ob ein Titel erteilt werden könne oder nicht, da hierfür eine Einzelfallprüfung erforderlich sei. Nach Auskunft der Ausländerbehörde komme in diesen Fällen eine Fiktionsbescheinigung nicht in Betracht. Auch wenn die Widerspruchsführerin bereits die Ausstellung eines Aufenthaltstitels beantragt habe, sei unklar, ob ihr ein Titel nach§ 25 Absatz 3 AufenthG erteilt werden könne. Eine Fiktionsbescheinigung könne aus diesem Grund nicht ausgestellt werden. Die Klägerin sei daher von den Leistungen des SGB II ausgeschlossen.

Mit bei Gericht am 29.3.2017 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin dazu Klage erhoben.

Sie trägt im Wesentlichen vor, sie habe einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach§ 25 Absatz 3 AufenthG und halte sich somit mit einem Aufenthaltstitel im Sinne des§ 7 Absatz 1 Satz 2 SGB II auf. Dadurch sei sie leistungsberechtigt. Es sei unzutreffend, dass zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis immer eine Einzelfallprüfung erforderlich sei. Vielmehr soll eine Erlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebeverbot vorliege. Es liege hier kein besonderer Ausnahmenfall vor, der eine Abweichung von der Regelerteilung rechtfertige. Die Klägerin sei also fiktiv Inhaberin einer Aufenthaltserlaubnis und nicht mehr leistungsberechtigt nach dem AsylbLG. Das Asylverfahren sei abgeschlossen.

Die Aufenthaltsgesta...

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