Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Nachweis für Fortbildungsverpflichtung. Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Fortbildungsverpflichtung. verfahrensausfüllende und norminterpretierende Verwaltungsvorschrift. Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung über die Pflicht zur fachlichen Fortbildung
Leitsatz (amtlich)
§ 95d Abs 3 S 4 SGB 5 stellt auf den Nachweis ab. Insofern kommt es nicht darauf an, ob der Vertragsarzt der Fortbildungsverpflichtung innerhalb der Frist nachgekommen ist (vgl bereits SG Marburg vom 4.7.2012 - S 12 KA 906/10 und S 12 KA 165/11).
Orientierungssatz
1. Der Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB 5 kommt weder nach dem Gesetz noch nach anderen Vorschriften eine Außenwirkung zu. Es handelt sich, da einseitig von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erlassen, um keine vertraglichen Bestimmungen oder besondere Richtlinien iS des § 81 Abs 3 Nr 2 SGB 5. Insofern handelt es sich bei den Richtlinien um verfahrensausfüllende und norminterpretierende Verwaltungsvorschriften.
2. Die gesetzliche Regelung über die Pflicht zur fachlichen Fortbildung im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung ist verfassungsgemäß (vgl SG Marburg vom 23.3.2011 - S 12 KA 695/10).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Festsetzungen des Honoraranspruchs für die Quartale III und IV/09 und hierbei um einen Abzug in Höhe von 3.451,34€ und 3.613,56€, insgesamt von 7.064,90€ wegen der Nichterfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d SGB V.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit drei Fachärzten für Anästhesiologie, die zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt bereits seit dem 01.07.1993 zugelassen sind.
Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 23.12.2009 das Gesamthonorar für das Quartal III/09 auf 125.326,27€ netto fest. Für den Primär- und Ersatzkassenbereich setzte sie das Bruttohonorar bei 844 Behandlungsfällen auf 126.889,24€ fest, wobei der Kürzungsbetrag wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht 3.451,34€ betrug. Gegen die Kürzung wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht legte die Klägerin am 17.03.2010 Widerspruch ein.
Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 27.03.2010 das Gesamthonorar für das Quartal IV/09 auf 126.788,54€ netto fest. Für den Primär- und Ersatzkassenbereich setzte sie das Bruttohonorar bei 877 Behandlungsfällen auf 127.189,85€ fest, wobei der Kürzungsbetrag wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht 3.613,56€ betrug.
Gegen die Kürzung wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht legte die Klägerin am 30.06.2010 Widerspruch ein.
Zur Begründung ihrer Widersprüche trug die Klägerin vor, Herr Dr. A3 habe nachweislich die notwendigen Weiterbildungspunkte erbracht und bei der Landesärztekammer Hessen (LÄKH) eingereicht. Er habe im maßgeblichen Zeitraum seine Fortbildungspflichten entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen erfüllt.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die LÄKH unter Datum vom 20.08.2010 mit, sie könne bestätigen, dass Herr Dr. A3 im maßgeblichen Zeitraum bis zum 30.06.2009 mehr als 250 Fortbildungspunkte erworben habe. Der Nachweis darüber sei durch Einsendung von Teilnahmebescheinigungen mit Posteingang bei ihr am 02.03.2010 erfolgt.
Die Beklagte verband beide Widerspruchsverfahren und wies mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2010 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie auf die Fortbildungsverpflichtung nach § 95d SGB V. Bei Nichterfüllung der Fortbildungsverpflichtung sei sie verpflichtet, das Honorar um 10 % für die ersten vier Quartale, die auf den 5-Jahre-Zeitraum folgten, um 10 % zu kürzen. Der Nachweis der 250 Fortbildungspunkte erfolge vorrangig über ein Zertifikat der Landesärztekammer bzw. Landespsychotherapeutenkammer oder über ein Zertifikat, das in Musterregelungen der Bundesärztekammer bzw. Bundespsychotherapeutenkammer entspreche. Die Fortbildungsverpflichtung sei grundsätzlich ohne Prüfung durch sie nachgewiesen, wenn der Vertragsarzt die Fortbildung durch ein Fortbildungszertifikat der Hessischen Landesärztekammer oder der Psychotherapeutenkammer belegen könne. Herr Dr. A3 habe kein entsprechendes Kammerzertifikat bis zum Stichtag 30.06.2009 ihr gegenüber vorgelegt. In Hessen bestehe darüber hinaus die Möglichkeit, mittels eines elektronisch geführten Online-Punktekontos bei der Landesärztekammer den Stand der Fortbildungspunkte direkt an sie zu übermitteln und auf diese Weise den Nachweis der Fortbildungsverpflichtung zu führen. Der auf diese Weise übermittelte Punktestand des Fortbildungskontos habe zum Stichtag 30.06. bzw. 30.09.2009 weniger als die notwendigen 250 Punkte, nämlich 177 Punkte betragen.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.12.2010 ihre Klage eingereicht.
Sie trägt vor, § 4 Abs. 1 der Regelungen der KBV zur Fortbildungsverpflichtung sei nicht eingehalten worden. Nach dieser Regelun...