Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von Wehrdienstentschädigung bei vorwerfbarem Fehlverhalten
Orientierungssatz
1. Eine Wehrdienstbeschädigung i. S. von § 81 Abs. 1 SVG ist eine gesundheitliche Schädigung, die durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Als Wehrdienst gilt nach § 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 SVG dabei auch das Zurücklegen des mit dem Wehrdienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle.
2. Bei einem groben Verkehrsverstoß des Soldaten, der zu dessen Verletzung führt, ist dessen Verhalten bzw. die Risikoerhöhung angemessen zu berücksichtigen. Das Überfahren eines Stopschildes mit 35 km/h ohne angeschnallt zu sein, ist hinsichtlich seines Zusammenhanges mit den dienstlichen Verrichtungen des Soldaten nicht mehr dem Bereich der dienstlichen Sphäre, sondern dem Fehlverhalten im Alltag zuzurechnen. In einem solchen Fall ist das Unfallereignis nicht als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung von Gesundheitsstörungen des Klägers als Wehrdienstbeschädigung streitig, die sich dieser bei einem Verkehrsunfall zugezogen hat.
Der 1974 geborene Kläger war zuletzt Berufssoldat.
Am 11.05.2006 gegen 6:25 Uhr erlitt er bei einem Verkehrsunfall auf der täglichen Fahrt vom Wohnort zur Dienststelle schwere Verletzungen. Er fuhr von seinem Wohnort A-Stadt nach W.. Dort stieg ein Kollege des Klägers, der aus L. kam zu und beide fuhren gemeinsam im Pkw des Klägers auf der Staatsstraße 2220 Richtung R.. Im Kreuzungsbereich mit der Bundesstraße hatte der Kläger ein Stoppschild zu beachten. Der Kreuzungsbereich war aus Sicht des Klägers zusätzlich mit einer Blinkanlage gekennzeichnet. Beim Überqueren der Kreuzung prallte er mit einem Fahrzeug, das auf der Bundesstraße in Richtung S. fuhr, zusammen. Das vorfahrtberechtigte Fahrzeug des Unfallgegners prallte in Höhe des vorderen Kotflügels und der Tür frontal in die rechte Seite des klägerischen Pkw, drehte sich durch den Anprall um 180° und blieb entgegen der Fahrtrichtung im Kreuzungsbereich stehen. Der Pkw des Klägers schleuderte aus seiner Sicht nach links in den angrenzenden Acker. Der Kläger wurde schwer verletzt (Schädel-Hirn-Trauma, Halswirbelbruch, etc.) mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus I. geflogen. Sein Beifahrer, der ebenfalls verletzt wurde (Schlüsselbeinbruch rechts, Prellungen), wurde mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus S. gefahren. Der Unfallgegner erlitt leichtere Verletzungen (Prellungen, Schleudertrauma), die erst im Nachhinein festgestellt wurden.
Aus den Feststellungen der Polizeiinspektion H. im Rahmen der Verkehrsunfallanzeige geht hervor, dass der Kläger nicht angegurtet war und laut Aussage des Unfallgegners vom Unfalltag die Kreuzung trotz Stoppschild ohne anzuhalten überquert hat. Diese Aussage hat der Unfallgegner am 27.05.2006 revidiert. Er gab an, dass er nicht gesehen habe, ob der Kläger am Stoppschild angehalten hat. Er sei sich aber aufgrund der Geschwindigkeit des Pkw sicher, dass der Kläger nicht angehalten hat.
Aus der polizeilichen Zeugenaussage des Beifahrers vom 26.05.2006 geht hervor, dass dieser die Augen während der Fahrt geschlossen gehalten habe. Da ihm die Strecke aber bekannt war, habe er sie mit geschlossenen Augen verfolgen können und auch bemerken können, wie der Kläger am besagten Stoppschild angehalten hat. Auch habe der Kläger an der Kreuzung erst ein größeres Fahrzeug durchfahren lassen, welches aus S. Richtung W. fuhr. Die Augen habe der Beifahrer zu diesem Zeitpunkt geschlossen gehalten. Der Kläger sei dann ganz normal losgefahren. Mitten auf der Kreuzung habe der Beifahrer die Augen geöffnet und das Fahrzeug des Unfallgegners in einem Abstand von 4 bis 5 Meter auf den Pkw des Klägers zukommen gesehen. Auf Nachfrage gab der Beifahrer an, dass der Kläger definitiv an der Stoppstelle angehalten habe. Bezüglich des Sicherheitsgurtes führte der Beifahrer aus, dass er bei seinem Zustieg in W. gesehen habe, dass der Kläger angeschnallt gewesen war.
Aus dem für die E. im Verfahren erstellten DEKRA-Gutachten vom 20.09.2006 geht hervor, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls eine Kollisionsgeschwindigkeit von 45 km/h gehabt habe und der Unfallgegner eine Kollisionsgeschwindigkeit von 60 bis 70 km/h. Bezüglich des Anhaltevorgangs am Stoppschild führt das Gutachten aus, dass, wenn der Kläger am Stoppschild angehalten hätte und aus dem Stand mit maximaler Beschleunigung losgefahren wäre, er bei der Kollision eine Geschwindigkeit von maximal 30 km/h gehabt hätte. Da die festgestellte Kollisionsgeschwindigkeit deutlich höher sei, habe der Kläger die Haltelinie ohne zuhalten überquert. Aus dem Gutachten ergibt sich weiter, dass der Kläger die Haltelinie mit mindestens 35 km/h überfahren habe. Des weiteren sei der Kreuzungsbereich für den Kläger bereits aus großer Entfernung gut einsehbar gewesen und durch mehrfache Vorankündigungen und eine ...