Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 137
Die mit Wirkung zum 11.5.2019 eingeführte Neufassung des Abs. 2b Satz 3 soll der Verbesserung und Förderung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung dienen. Damit wird ein Ziel des TSVG verfolgt, dass allen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung ein gleichwertiger Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung ermöglicht wird, indem Wartezeiten auf Arzttermine verkürzt, das Sprechstundenangebot erweitert und die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen verbessert werden. Insbesondere soll unangemessen langen Wartezeiten auf Behandlungstermine bei Haus-, Kinder- und Fachärztinnen und -ärzten vorgebeugt werden. Eine qualitativ gute und gut erreichbare medizinische Versorgung aller versicherten Patientinnen und Patienten ist nach der Gesetzesbegründung zentrale Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung. Die in Abs. 2b Satz 3 gesetzlich vorgesehenen Zuschläge betreffen die für die Behandlung von durch die Terminservicestelle vermittelten Patienten sowie die Terminvermittlung durch den Hausarzt bei Vorliegen einer medizinischen Dringlichkeit.
Rz. 138
Die konkrete prozentuale Differenzierung der Vergütungszuschläge nach Nr. 1 bis 3 war vor dem Hintergrund erfolgt, dass die Differenzierung der Pauschalen in wesentlichen Teilen bereits seit dem 1.1.2012 durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vorgesehen ist. Zwar hatte der Bewertungsausschuss die Differenzierung in seinem Grundsatzbeschluss v. 22.10.2012 festgelegt, eine Umsetzung im EBM war aber aufgrund der immer wieder verschobenen Reform des EBM durch den Bewertungsausschuss und wegen der Komplexität der Umsetzung bisher nicht erfolgt. In diesem Zusammenhang war die bisherige Regelung mit Wirkung zum 11.5.2019 aufgehoben worden, dass die Pauschalen soweit möglich nach (weiteren) Morbiditätskriterien insbesondere zur Abbildung des Schweregrades der Erkrankungen zu differenzieren sind.
Rz. 139
Nunmehr hat der Gesetzgeber anstelle des Bewertungsausschusses mit Wirkung zum 1.9.2019 die verbindliche Vorgabe der unterschiedlichen Zuschläge auf die jeweiligen Versichertenpauschalen selbst geregelt, und zwar unterschiedlich gestaffelt nach der Länge der Wartezeit. Die Zeitspanne zwischen dem 11.5.2019 und dem 31.8.2019 diente dazu, dass sich die Praxisverwaltungssysteme auf die gesetzlich vorgegebenen, extrabudgetären Zuschläge einstellen konnten.
Nach Abs. 2b Satz 3 Nr. 1 wird ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 % der jeweiligen Versichertenpauschale gewährt, wenn Behandlungen in Akutfällen nach § 75 Abs. 1a Satz 3 Nr. 4 durchgeführt werden.
Nach Satz 3 Nr. 2 beträgt der Zuschlag 100 % der jeweiligen Versichertenpauschale, wenn die Behandlung spätestens am 4. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Abs. 1a Satz 3 beginnt.
Ein Zuschlag von 80 % der jeweiligen Versichertenpauschale ergibt sich für den Fall (Nr. 3), dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Abs. 1a Satz 3 beginnt.
Ein Zuschlag von 40 % der jeweiligen Versichertenpauschale wird gewährt (Nr. 4), wenn eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Abs. 1a Satz 3 beginnt.
Ein Zuschlag in Höhe von mindestens 15,00 EUR kommt für die erfolgreiche Vermittlung eines Behandlungstermins nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 infrage.
Hinzu können noch Qualitätszuschläge vorgesehen werden, in denen die in besonderen Behandlungsfällen erforderliche Qualität vergütet wird. Der Bewertungsausschuss ist gehalten (Satz 3), bis zum 31.12.2021 mit Wirkung zum 1.3.2022 eine Anpassung der im EBM für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung zur Vergütung der regelmäßigen zeitgebundenen ärztlichen Beratung nach § 2 Abs. 1a des Transplantationsgesetzes sowie über die Organ- und Gewebespende zur Abgabe, Änderung oder Widerruf zu erlassen.
Diese Vergütungsregelungen gelten gemäß § 120 auch für die notwendigen Behandlungen durch Krankenhäuser.
Durch Beschluss des Bewertungsausschusses v. 19.6.2019 sind die Zuschläge für den Terminservicestelle-Terminfall und der Zuschlag für den Terminservicestelle-Akutfall in den EBM durch die Aufnahme von Zusatznummern in die Liste der kodierten Zusatznummern integriert worden. Zur Abbildung der alters- und fachgruppenspezifischen Bewertung der Zusatzpauschalen werden weitere Zusatznummern aufgenommen.
Nach den EBM-Abrechnungsbestimmungen gilt der Tag der Kontaktaufnahme des Versicherten bei der Terminservicestelle (TSS) als 1. Zähltag für die Berechnung des gestaffelten prozentualen Zuschlags. Die Zusatzpauschalen sind nur in Fällen mit Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale oder in Fällen, in denen ausschließlich Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern nach Abschnitt 1.7.1 EBM durchgeführt werden, berechnungsfähig. In Abhängigkeit zur Anpassung des EBM in Bezug auf die Videosprechstunde wird die Berechnungsfähigkeit der Zusatzpauschale überprüft und ggf. erweitert. Die Zusatzpauschalen sind i...