Eine Übermittlung von Sozialdaten ist nur zulässig, soweit eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis nach dem Sozialgesetzbuch vorliegt. Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde Stelle. Erfolgt die Übermittlung auf Ersuchen eines Dritten, an den die Daten übermittelt werden, trägt dieser die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben in seinem Ersuchen.[1]

Es gibt eine Abwägung der Zwecke, des Umfanges und unter welchen Voraussetzungen eine Übermittlung von Sozialdaten gerechtfertigt erscheint. Bei der Bestimmung der Übermittlungszwecke hat sich der Gesetzgeber davon leiten lassen, dass das Sozialgeheimnis nur zugunsten gleichwertiger sozialer Zwecke (z. B. Übermittlung für die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben) oder überwiegender Gemeinschaftsinteressen (z. B. Übermittlung für den Schutz der inneren und äußeren Sicherheit) offenbart werden darf.

4.1 Aufgaben der Polizeibehörden o. dgl.

Zur Erfüllung von Aufgaben u. a. der Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften, Gerichte und Behörden der Gefahrenabwehr dürfen die in § 35 SGB I genannten Stellen bestimmte Sozialdaten übermitteln. Voraussetzung ist jedoch, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht beeinträchtigt werden und das Ersuchen nicht länger als 6 Monate zurückliegt.[1]

4.2 Erfüllung sozialer Aufgaben

Die Vorschrift berücksichtigt, dass Aufgaben im sozialen Bereich nicht von einer einheitlichen Sozialverwaltung, sondern von einer Vielzahl verschiedener Stellen innerhalb eines gegliederten Systems durchgeführt werden.[1]

Gerade deshalb dürfen die Daten-/Informationsflüsse zwischen den Sozialleistungsträgern und ihren Verbänden nicht behindert werden, weil das ineinandergreifende Leistungsgefüge der sozialen Sicherung als Lebens- und Existenzsicherung funktionieren muss.

Im Gegensatz zur Übermittlung nach § 68 SGB X beschränkt sich die Übermittlungsbefugnis nicht auf bestimmte Datenarten. Da in § 35 Abs. 4 SGB I Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse den personenbezogenen Daten gleichgestellt werden, dürfen auch diese Geheimnisse übermittelt werden.

 
Praxis-Beispiel

Zulässigkeit der Übermittlung

Eine AOK erfragt bei einer IKK frühere Mitgliedszeiten des Rentenantragstellers, um die Vorversicherungszeit in der KVdR prüfen zu können.

Die IKK darf die Informationen weitergeben, da die Übermittlung für die Feststellung der Versicherungspflicht und damit für die Erfüllung einer sozialen Aufgabe erforderlich ist.

Die Krankenkassen sind ausdrücklich befugt, einem Arbeitgeber mitzuteilen, ob die Fortdauer einer Arbeitsunfähigkeit oder eine erneute Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers auf derselben Krankheit beruht und wie viele Tage ggf. auf die Höchstbezugsdauer der Entgeltfortzahlung anzurechnen sind.[2] Die Übermittlung von Diagnosen an den Arbeitgeber ist selbstverständlich nicht zulässig.

4.3 Durchführung eines Strafverfahrens

Krankenkassen dürfen Sozialdaten übermitteln, soweit dies

  • zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen eines Verbrechens oder
  • wegen einer sonstigen Straftat von erheblicher Bedeutung

erforderlich ist. Eine Übermittlung von Sozialdaten zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer anderen Straftat ist zulässig, soweit die Übermittlung auf die in § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Angaben und die Angaben über erbrachte oder demnächst zu erbringende Geldleistungen (z. B. Krankengeld) beschränkt ist.[1] Die Übermittlung nach § 73 Abs. 1 und 2 SGB X ordnet der Richter oder die Richterin an.[2]

4.4 Verletzung der Unterhaltspflicht/Versorgungsausgleich

Sozialdaten dürfen auch zur Verwirklichung von Unterhaltsansprüchen und des Versorgungsausgleichs übermittelt werden. Zweck dieser Regelung ist es, eine (auch künftige) Unterhaltsbedürftigkeit und damit eine hierauf beruhende Erbringung von Sozialleistungen i. S. v. § 11 SGB I zu vermeiden.[1]

Um Missbräuchen vorzubeugen, dürfen im Rahmen des § 74 Abs. 1 SGB X Sozialdaten gegenüber Privatpersonen nur übermittelt werden, soweit der Unterhalts- oder Ausgleichsverpflichtete nach den Vorschriften des BGB auskunftspflichtig ist. Außerdem ist erforderlich, dass der Auskunftspflichtige zuvor mit dem ausdrücklichen Hinweis gemahnt wurde, dass die in § 35 SGB I genannten Stellen übermittlungsbefugt werden, wenn er seiner gesetzlichen Pflicht nicht innerhalb einer angemessenen Frist nachkommt. Für die Durchführung der in § 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X genannten Verfahren (z. B. Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs) gelten die strengeren Voraussetzungen nicht.

4.5 Einschränkungen

Die in den §§ 68 bis 75 SGB X enthaltenen Übermittlungsbefugnisse werden insbesondere durch § 76 SGB X eingeschränkt.

Danach dürfen personenbezogene Daten, die dem Sozialleistungsträger von einem Arzt oder einer anderen in § 203 Abs. 1 und 4 StGB genannten Person (z. B. Zahnarzt, Apotheker, Psychologe) zugänglich gemacht worden sind, nur unter den Voraussetzungen übermittelt werden, unter denen diese Personen (z. B. der Arzt) selbst übermittlungsbefugt wären.[1]

Diese Regelung bewirkt, ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge