Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfall und Höhe der Rechtsanwaltsgebühren in einem Verfahren der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Bei deutlich unterdurchschnittlichem Umfang und ebenso unterdurchschnittlicher Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit in einem Verfahren der Grundsicherung ist die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr mit 85.- €. festzusetzen. Bei Vertretung zweier weiterer Beteiligter erhöht sie sich um jeweils 30 %.
2. Die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG ist bei einer Dauer des Termins von 38 Minuten in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr mit 85.- €. festzusetzen.
3. Wurde die Klage zurückgenommen, so rechtfertigt ein verbleibender Streit über die Kosten nicht den Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 i. V. m. Nr. 1002 VV RVG.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 3. November 2016 (S 13 SF 1197/14 E) geändert.:
Die Vergütung des Beschwerdeführers wird auf 498,37 € festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwalts-vergütung für ein beim Sozialgericht Nordhausen (SG) anhängig gewesenes Verfahren (S 17 AS 1607/07) der von dem Beschwerdeführer vertretenen Kläger zu 1. und 3. und der Klägerin zu 2.
Am 6. August 2007 erhob der Beschwerdeführer für die Kläger Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2006 (Änderungsbescheid zum Änderungsbescheid vom 1. Februar 2006 - Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2005) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2007. Mit Schriftsatz vom 30. August 2007 übersandte er die Prozessvollmachten. Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2008 führte er aus, die Beklagte habe zu dem Widerspruch vom 14. Februar 2006 (W 7221/06) gegen den Bescheid vom 10. Februar 2006 den Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2007 erlassen. Einen solchen Widerspruch hätten die Kläger nicht eingelegt. Vielmehr hätten diese einen Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 1. Februar 2006 (W 7220/07) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10. Februar 2006 am 14. Februar 2006 eingelegt. Der vorliegende Widerspruchsbescheid schließe demnach ein Vorverfahren ab, welches es nicht gegeben habe. Der Widerspruchsbescheid sei damit rechtswidrig und aufzuheben. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 6. März 2006 habe das Vorverfahren zum Widerspruch vom 14. Februar 2006 insgesamt geendet. Mit Beschluss vom 22. Juli 2008, abgeändert durch Beschluss vom 27. Juli 2008, bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 27. Juli 2008, in dem insgesamt drei Verfahren der Kläger verhandelt wurden und der von 11:51 Uhr bis 13:44 Uhr dauerte, schlossen die Beteiligten einen Vergleich, der sämtliche Verfahren umfasste. Unter Punkt 1 erklärte sich die Beklagte bereit, für den gesamten Leistungszeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 eine Neuberechnung der Leistungen nach dem SGB II vorzunehmen; unter Punkt 2. nahm der Beschwerdeführer die Klage S 17 AS 1607/07 zurück. Die Beklagte erklärte sich u.a. bereit 50 v.H. der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu übernehmen.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 28. Dezember 2011 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:
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Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG einschließlich Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG |
272,00 € |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG |
200,00 € |
Erledigungsgebühr Nr. 1006, 1005, 1002 VV RVG |
190,00 € |
Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG |
16,20 € |
Fahrtkosten Nr. 1003 VV RVG |
16,20 € |
Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG |
20,00 € |
Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG |
20,00 € |
Zwischensumme |
734,40 € |
Umsatzsteuer, 7008 VV RVG |
139,54 € |
Gesamtbetrag |
873,94 € |
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 18. November 2018 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die zu zahlende Vergütung auf 667,95 € (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 113,33 €, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 68,00 €, Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 142,50 €, Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 €, Auslagen/Pauschale 20,00 €, Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 10,80 €, Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 6,67 €, Umsatzsteuer Nr. 7008 106,65 €) fest.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 18. Dezember 2013 Erinnerung eingelegt und beantragt die Verfahrens-, die Termins- und die Einigungsgebühr antragsgemäß festzusetzen. Seine Gesamtbearbeitungszeit habe 9 Stunden und 37 Minuten betragen. Der Beschwerdegegner hat beantragt die Erinnerung zurückzuweisen und ebenfalls Erinnerung eingelegt mit der Begründung, die Erledigungsgebühr nach Nrn. 1005, 1006, 1002 VV RVG sei nicht entstanden. Im Vergleich am 25. Juli 2008 sei die Rücknahme des Klageverfahre...