Grundsicherung: Mehrkosten bei Kieferorthopädie kein Härtefall

Härtefallleistungen im Sinne der Grundsicherung werden nur bei medizinisch notwendigen Behandlungen gewährt, die nicht von der Krankenkasse gezahlt werden. Ergänzende Leistungen bei kieferorthopädischer Behandlung führen laut BSG-Urteil jedoch nicht zur Härtefallgewährung.

Die zuständige gesetzliche Krankenkasse bewilligte die Kostenübernahme für eine kieferorthopädische Behandlung. Die Kostenzusage erfolgte auf Grundlage eines Behandlungsplans des behandelnden Kieferorthopäden. Ergänzend erstellte der Kieferorthopäde einen weiteren Heil- und Kostenplan über Mehrleitungen, die nicht zum Leistungsumfang der Krankenkasse gehören. Diesen legte die (spätere) Klägerin dem Jobcenter zur Kostenzusage vor.

Jobcenter lehnt Übernahme der Mehrkosten bei Kieferorthopädie ab

Die aus dem ergänzenden Heil- und Kostenplan resultierenden Mehrkosten der kieferorthopädische Behandlung lehnte das Jobcenter Köln ab. Die Klägerin scheiterte auch vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht (LSG) mit ihrem Wunsch nach Kostenübernahme der ergänzenden kieferorthopädischen Behandlung durch das Jobcenter.

Keine Härtefallleistung im Sinne der Grundsicherung bei ergänzendem Heil- und Kostenplan

Die Voraussetzungen zur Gewährung einer Härtefallleistung seien nicht gegeben, so das LSG. Die kieferorthopädische Behandlung nach dem ergänzenden Heil- und Kostenplan sei weder ein laufender, noch einen besonderen Bedarf. Der ergänzende Heil- und Kostenplan könne abgewiesen werden, da die medizinisch notwendige kieferorthopädische Behandlung durch die gesetzliche Krankenversicherung übernommen werde.

Härtefall nur bei medizinisch notwendiger Behandlung und Ablehnung der Krankenkasse

Das Bundessozialgericht (BSG) bestätigte mit Urteil v. 12.12.2013 (B 4 AS 6/13 R), dass der Bedarf (Heil- und Kostenplan für ergänzende kieferorthopädische Behandlung) nicht unabweisbar war.



Hintergrund: Ein medizinischer Bedarf ist in der Grundsicherung nur dann unabweisbar, wenn die gesetzliche Krankenversicherung nicht zur Leistungserbringung bzw. Bedarfsdeckung verpflichtet ist. Denn das Grundsicherungsrecht ist stets nachrangig gegenüber anderen Sozialleistungssystemen.


Der Leistungsberechtigte muss den Bedarf grundsätzlich zuerst gegenüber der Krankenkasse geltend machen. Lehnt die Krankenkasse die Leistungsgewährung ab und handelt es sich um eine medizinisch notwendige Behandlung, die die gesetzliche Krankenversicherung aber nur unter Einschränkungen erbringt, kann eine Härtefallleistung zur Existenzsicherung in Betracht kommen.

Leistung der Krankenkasse deckt medizinisch notwendigen Bedarf ab 

Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei kieferorthopädischer Versorgung sind zwar beschränkt. Trägt die Krankenkasse jedoch die Kosten der kieferorthopädischen Behandlung, erbringt diese die gesetzlich vorgesehene medizinisch notwendige Versorgung. Die medizinische Notwendigkeit für die ergänzende kieferorthopädischen Behandlung durch den Kieferorthopäden war damit bereits aus diesem Grunde nicht gegeben.


Rechtsgrundlage: § 21 Abs. 6 SGB II

Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. 


BSG Kassel

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