In einem umfangreichen BMF-Schreiben wurden die Änderungen im AEAO veröffentlicht. Diese werden nachfolgend erläutert. Nicht ausgeführt werden die nur redaktionellen Anpassungen und Verweisungen.
Ein großer Teil der Änderungen und Ergänzungen des AEAO befasst sich mit dem Themenfeld der Steuerbegünstigung und der Gemeinnützigkeit.
Steuerbegünstigte Körperschaft (§ 51 AO)
Eine extremistische Körperschaft ist von der Steuerbegünstigung durch § 51 Abs. 3 AO ausgeschlossen. Ob eine Körperschaft als extremistisch einzustufen ist, richtet sich primär nach den §§ 3 und 4 BVerfSchG.
Die Finanzämter stützen sich für die Prüfung im Wesentlichen auf die Feststellungen der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder. Dabei dürfen die Leistungen einer Körperschaft für das Gemeinwohl nicht im Wege einer Gesamtschau gegen Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche tatsächliche Geschäftsführung abgewogen werden. Ist eine Körperschaft im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes ausdrücklich als extremistisch eingestuft, ist eine Steuerbegünstigung im Regelfall ausgeschlossen. Dies kann nur durch den vollen Beweis des Gegenteils widerlegt werden; eine Erschütterung reicht nicht aus (BFH, Urteil v. 14.3.2018, V R 36/16, BStBl 2018 II S. 422, Haufe Index 11662655).
Gemeinnützige Zwecke (§ 52 AO)
Im Bereich der Förderung von Kunst und Kultur wird die Umschreibung eines Kulturwertes präzisiert. Demnach ist das Vorführen von Filmen allein noch keine gemeinnützige Tätigkeit. Kommunale Kinos können gleichwohl unter bestimmten Voraussetzungen gemeinnützig sein. Positiv ist, wenn der kommunale Kinoverein öffentliche Zuschüsse erhält, er in die gesamte Kulturarbeit der Kommune integriert ist, sich das Programm inhaltlich, konzeptionell und formal von anderen Kinos am Ort unterscheidet, Filme in bestimmten Sachzusammenhängen gezeigt bzw. inhaltlich (z.B. durch begleitende Vorträge) aufbereitet werden. Die künstlerische Qualität der gezeigten Filme ist hingegen unerheblich.
Eine neue Nr. 2.4 widmet sich der Gemeinnützigkeit von Anglervereinen. Vereine zur Förderung der nichtgewerblichen Fischerei können wegen der Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege als gemeinnützig anzuerkennen sein. Ein Wettfischen läuft grundsätzlich einer Gemeinnützigkeit zuwider. Werden Angelkarten an Mitglieder verkauft, stellt dies einen steuerbegünstigten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (= Zweckbetrieb) dar. Der Verkauf an Nichtmitglieder ist dagegen ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.
Zu der Gemeinnützigkeit eines Vertriebenenverbands werden beispielhaft Umschreibungen der Tätigkeit in der Satzung genannt, welche noch als Fürsorge für Vertriebene gewertet werden können. Auch sind Beispiele genannt, die einer Gemeinnützigkeit entgegen stehen, da sie gegen das Gebot der Ausschließlichkeit bzw. der Selbstlosigkeit verstoßen bzw. keine Förderung der Allgemeinheit darstellen.
Sodann wird in der neuen Nr. 2.8 Turnierbridge als vergleichbarer Zweck mit aufgenommen. Wird nach dem Regelwerk der World Bridge Federation gespielt, hat der BFH dies als gemeinnützig angesehen (BFH, Urteil v. 9.2.2017, V R 70/14, BStBl 2017 II S. 1106; Haufe Index 10711980).
Ergänzt werden die Ausführungen zu Freiwilligenagenturen. Dies sind Körperschaften, die Menschen für freiwilliges, unentgeltliches Engagement bei steuerbegünstigten Körperschaften oder Körperschaften des öffentlichen Rechts qualifizieren und ihnen die entsprechenden Tätigkeiten vermitteln. Dazu gehören auch Freiwilligenzentren oder Ehrenamtsbörsen. Die Vermittlung der Freiwilligen in das gewünschte Betätigungsfeld ist der Abschluss eines Qualifizierungsprozesses und nicht der vorrangige und überwiegende Tätigkeitsbereich. Ein Entgelt für die Vermittlung führt zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der jedoch einen Zweckbetrieb darstellt.
Neu ist die Nr. 4, welche sich mit sog. Erfinderclubs befasst. Diese verfolgen in der Regel die Förderung von Bildung. Eine Förderung der Forschung ist nur gegeben, wenn der Verein selbst forscht und hieraus ggf. Patente erlangt. Die Forschungsergebnisse müssen veröffentlicht und damit der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Der Verein darf nicht lediglich ein Zusammenschluss von Personen sein, die durch Erfindungen, Patente und ihre Verwertung persönliche Einkünfte erzielen wollen. Zwar ist ein gewisses Eigeninteresse der Mitglieder nicht ausgeschlossen, doch die Verfolgung von vorwiegend eigenwirtschaftlichen Interessen verstößt gegen das Gebot der Selbstlosigkeit. Die Förderung einer eigenen gewerblichen Tätigkeit und auch die Förderung der gewerblichen Tätigkeit der Mitglieder sind nicht gemeinnützig. Darunter fallen die Patentierung und Verwertung von Erfindungen der Mitglieder, ebenso das Anmelden und Halten von Patenten für Mitglieder. Unschädlich ist eine allgemeine Information der Mitglieder, z.B. durch Lehrveranstaltungen oder Merkblätter zum Patentrecht.
Die Förderung des Sports wird neu gefasst. Danach ist ein wesentliches Element des Sports die körperliche Ertüchtigung. Dies ist zu bejahen bei Motorsport und Ballon fahren. Kein Sport sind Skat, Bridge, Gospiel, Gotcha, Paintball, IPSC-Schießen und Tipp-Kick. Ebenfalls kein Sport sind Amateurfunk, Modellflug und Hundesport; jedoch sind dies eigenständige gemeinnützige Zwecke (Nr. 23 des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO). Schützenvereine können auch gemeinnützig sein, wenn sie zusätzlich zum Hauptzweck Schießsport auch das Schützenbrauchtum fördern.
Mittelverwendung (§ 55 AO)
Zur Selbstlosigkeit einer eingesetzten Eigengesellschaft enthält der AEAO die Aussage, dass ein Gewinnaufschlag angesichts der fehlenden Gewinnorientierung steuerbegünstigter Einrichtung nicht marktüblich ist. Dazu wird nun noch präzisiert, dass dies nicht für Leistungen gilt, die aus einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stammen.
Sollen an Vorstandsmitgliedern von Vereinen Tätigkeitsvergütungen gezahlt werden, ist eine entsprechende Satzungsregelung erforderlich. Näheres dazu hat das BMF geregelt (BMF, Schreiben v. 21.11.2014, BStBl 2014 I S. 1581, Haufe Index 7536666).
Die überarbeitete Nr. 28 befasst sich mit der zeitnahen Mittelverwendung. Die zufließenden Mittel müssen spätestens nach 2 Jahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die zeitnahe Verwendung ist nachzuweisen; hierzu wird i.d.R. eine sog. Mittelverwendungsrechnung erstellt. Bei der Prüfung der Mittelverwendung wird nicht auf die einzelne Zuwendung, sondern auf die Gesamtheit aller zeitnah zu verwendenden Mittel abgestellt - sog. Saldobetrachtung bzw. Globalbetrachtung (BFH, Urteil v. 20.3.2017, X R 13/15, BStBl 2017 II S. 1110, Haufe Index 11006630).
Unschädliche Betätigungen (§ 58 AO)
Für Mittelbeschaffungskörperschaften, z.B. Fördervereine, wird ergänzend geregelt, dass weitergabefähige Mittel nicht nur solche sind, die bereits mit dem Ziel der Weitergabe beschafft wurden. Vielmehr ist die Weitergabe sämtlicher Mittel unschädlich für die Gemeinnützigkeit, soweit die Satzung im Zeitpunkt der Weitergabe eine Beschaffung dieser Mittel regelt und die Zwecke der hingebenden und empfangenden Körperschaft insoweit identisch sind.
Vermögensbindung (§ 61 AO)
Zu den Regeln der satzungsmäßigen Vermögensbindung ist ergänzt worden, dass eine solche auch vorliegt, wenn in der Satzung eine in einem EU-/EWR-Staat ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts als Anfallsberechtigte aufgeführt wird.
Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (§ 64 AO)
Eine Beteiligung einer gemeinnützigen Körperschaft an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft stellt keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Hierzu wird in Nr. 3 mit aufgenommen, dass dies vom BFH erneut bestätigt worden ist (BFH, Urteil v. 18.2.2016, V R 60/13, BStBl 2017 II S. 251, Haufe Index 9417639).
Ferner wurde eine neue Nr. 7 eingefügt, die regelt, dass eine gemeinnützige Körperschaft verpflichtet ist, ihre Mittel ausschließlich zur Förderung gemeinnütziger Zwecke einzusetzen. Ein steuerlicher Abzug derartiger Aufwendungen als Betriebsausgaben scheidet aus, weshalb auch Aufwendungen für die Erfüllung von Satzungszwecken nicht abziehbar sind. Auch können solche Aufwendungen nicht aufgrund einer "Auflage" als abziehbare Betriebsausgaben behandelt werden (entgegen BFH, Urteil v. 5.6.2003, I R 76/01, BStBl 2005 II S. 305, Haufe Index 974100).
Die neue Nr. 13 befasst sich mit Beschäftigungsgesellschaften. Dies sind Körperschaften, die Hilfe für früher arbeitslose bzw. von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen zum Ziel haben (z.B. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Umschulungen). Beschäftigungsgesellschaften sind i.d.R. nicht gemeinnützig, wenn sie Waren herstellen und vertreiben oder Leistungen an Dritte erbringen. Dieses Auftreten wie andere Unternehmen mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit ist kein gemeinnütziger Zweck, auch wenn dadurch Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen werden. Liegt hingegen das Schwergewicht der Tätigkeit auf der beruflichen Qualifizierung, der Umschulung oder der sozialen Betreuung, kann die Beschäftigungsgesellschaft als gemeinnützig anerkannt werden. Die Warenproduktion bzw. der Vertrieb sind dann jedoch als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb steuerpflichtig.
Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb darf weder nach Satzungszweck noch nach der tatsächlichen Geschäftsführung Selbst- oder Hauptzweck sein. Ggf. liegt ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb vor, insbesondere wenn die Voraussetzungen des § 68 Nr. 3 AO erfüllt sind. Das wird in der Praxis auf Werkstätten für behinderte Menschen, die nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes förderungsfähig sind und Personen Arbeitsplätze bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können. Das wird auch für Einrichtungen zur Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, die der Eingliederung von Behinderten dienen, zutreffen.
Ein Zweckbetrieb wird auch vorliegen bei einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der nur eine aus- oder weiterbildende Tätigkeit gegen Teilnehmergebühren anbietet. Gleiches gilt, wenn Waren oder Dienstleistungen an Dritte gegen Entgelt erbracht werden, sofern diese Ausfluss der beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen sind.
Eine neue Nr. 16 regelt die entgeltliche Übernahme von Verwaltungstätigkeiten durch Einsatzstellen, Zentralstellen und Träger i.S.d. BFDG. Diese Tätigkeiten begründen einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (teilweise entgegen BFH, Urteil v. 23.7.2009, V R 93/07, BStBl 2015 II S. 735, Haufe Index 2241842).
In Nr. 35 wird geregelt, dass das Veranstalten von Trabrennen ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sein kann und dieser mit dem Betrieb eines Totalisators einen einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bildet. Diesem Betrieb sind sämtliche Einnahmen und Ausgaben zuzuordnen, die durch ihn veranlasst sind. Die bisherige pauschale Regelung zum Gewinn mit 15 % der Einnahmen gilt weiterhin.
Wohlfahrtspflege (§ 66 AO)
Ein Zweckbetrieb einer Einrichtung der Wohlfahrtspflege kann auch der Einzelverkauf gesammelter Kleidungsstücke in einer Kleiderkammer oder einer ähnlichen Einrichtung sein. Dies erfordert jedoch, dass mindestens 2/3 der Leistungen der Einrichtung hilfebedürftigen Personen zukommen.
Krankenhäuser (§ 67 AO)
Der AEAO zu § 67 wurde neu gefasst. Wirklich neu ist jedoch nur, dass zu dem Zweckbetrieb Krankenhaus typischerweise die von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachte Leistungen gehören, soweit das Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrages von Gesetzes wegen zu diesen Leistungen befugt ist und der Sozialversicherungsträger die Kosten trägt (BFH, Urteil v. 18.10.2017, V R 46/16, BStBl 2018 II S. 672, Haufe Index 11398788). Zudem wurde mit aufgenommen, dass für die Beurteilung eines Krankenhauses als Zweckbetrieb nur § 67 AO maßgebend ist; die Voraussetzungen des § 66 AO müssen nicht zusätzlich vorliegen.
Zweckbetriebe (§ 68 AO)
Inklusionsbetriebe
Die bisherige Bezeichnung “Integrationsprojekte“ in Nr. 6 wird durch den neuen Begriff “Inklusionsbetriebe“ ersetzt. Damit sind auch inhaltliche Änderungen verbunden. So steigt die Mindestquote für beschäftigte schwerbehinderte Menschen von 25 % auf 30 %, um sozialrechtlich als Inklusionsbetrieb anerkannt zu werden. Hingegen bleibt die für die steuerliche Eignung als Zweckbetrieb erforderliche Beschäftigungsquote von mindestens 40 % unverändert. Neu ist wiederum, dass auf diese Quoten die Anzahl der psychisch kranken beschäftigten Menschen angerechnet wird, sofern diese behindert oder von einer Behinderung bedroht sind und deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf besondere Schwierigkeiten stößt.
Es gibt kein förmliches Anerkennungsverfahren, sondern es wird auf den Leistungsbescheid des Integrationsamtes abgestellt; bei Beschäftigung psychisch kranker Menschen auf den Leistungsbescheid des Rehabilitationsträgers. Geändert hat sich die Ermittlung der Beschäftigungsquote von 40 %, bei welcher alle schwerbehinderten und psychisch kranken Menschen, für die entsprechende Leistungen erbracht werden, zu berücksichtigen. Bei Inklusionsbetrieben ist dies für Beschäftigte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit ab 12 Stunden möglich. Bis VZ 2018 kann es bei der bisherigen Regelung gemäß § 75 SGB IX bleiben.
Die Nr. 7 ist im BMF-Schreiben zwar komplett wiedergegeben, darin gibt es außer der Übernahmen des Begriffs “Inklusionsbetriebe“ und geänderten Verweisungen auf das SGB IX keine inhaltlichen Neuerungen.
Bildungseinrichtungen
Die neue Nr. 15 befasst sich mit Volkshochschulen und ähnlichen Einrichtungen und führt aus, dass an Veranstaltungen belehrender Art i.S.d. § 68 Nr. 8 AO keine besonderen inhaltlichen Anforderungen zu stellen sind. Werden überwiegend Vorträge mit belehrendem Charakter gehalten, ist dies ausreichend (BFH, Urteil v. 21.6.2017, V R 34/16, BStBl 2018 II S. 55, Haufe Index 11258302).
Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen
Umfangreich sehen die Änderungen zu Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen in den neuen Nr. 16 bis 20 aus. Doch das liegt allein daran, dass anstelle der bisherigen Verweisung auf das BMF-Schreiben vom 22.9.1999, BStBl 1999 I S. 944 nun dessen Inhalt im AEAO direkt abgedruckt wird.
Eine Ergänzung dazu ist die Verweisung auf die Grundsätze des BFH-Urteils v. 4.4.2007 (I R 76/05, BStBl 2007 II S. 631, Haufe Index 1761570). Danach ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob sich die Auftragsforschung von der steuerbegünstigten Tätigkeit trennen lässt. Ist danach die Auftragsforschung von untergeordneter Bedeutung, kann der Träger der Einrichtung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gleichwohl steuerbefreit sein; die Auftragsforschung stellt dann einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Die Steuerbefreiung geht jedoch verloren, wenn die Auftragsforschung als eigenständiger Zweck neben die Eigenforschung (Grundlagenforschung) tritt; dies ist ein Verstoß gegen das Gebot der Ausschließlichkeit des § 56 AO.