Wenn der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger das Reverse-Charge-Verfahren angewendet haben, obwohl dies unter objektiven Kriterien unzutreffend war, gilt der Leistungsempfänger dennoch als Steuerschuldner, wenn kein Steuerausfall entsteht. Hat der Leistungsempfänger den Umsatz in zutreffender Höhe besteuert, gilt diese Voraussetzung als erfüllt.
Hinweis: Die Vereinfachungsregelung gilt nicht bei allen Sachverhalten des Reverse-Charge-Verfahrens, sondern nur bei: Bauleistungen, der Lieferung von Erdgas und Elektrizität durch im Inland ansässige Unternehmer, der Lieferung von Schrott und Altmetall, den Gebäudereinigungsleistungen, der Lieferung von Gold, der Lieferung von Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern und Spielekonsolen oder integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand sowie der Lieferung von Edelmetallen und unedlen Metallen.
Wichtig: Die Vereinfachungsregelung des § 13b Abs. 5 Satz 7 UStG gilt aber nicht, wenn fraglich war, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens in der Person der beteiligten Unternehmer (z. B. die Eigenschaft als Bauleistender) erfüllt sind.
Keine Anwendung der Differenzbesteuerung
In allen Abschnitten des UStAE hat die Finanzverwaltung die neue gesetzliche Regelung des § 13b Abs. 5 Satz 9 UStG mit aufgenommen, dass die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger dann nicht infrage kommen kann, wenn der leistende Unternehmer die Differenzbesteuerung anwendet.
Wichtig: Dem notwendigen Hinweis auf die Anwendung der Differenzbesteuerung in einer ordnungsgemäßen Rechnung (§ 14a Abs. 6 UStG) kommt damit besondere Bedeutung zu.
Übergangsregelungen
Breiten Raum nehmen die Übergangsregelungen in dem BMF-Schreiben ein, die sowohl die Ausführung von Leistungen über den 1.10.2014 hinaus sowie auch die Anzahlungsfälle betreffen.
Wichtig: Grundsätzlich gilt: Eine Leistung unterliegt den umsatzsteuerrechtlichen Regelungen, die im Moment der Ausführung der Leistung gelten. Dies gilt auch dann, wenn der Unternehmer vor dem 1.10.2014 schon Anzahlungen für Leistungen erhalten hat und die Leistung oder die Teilleistung erst ab dem 1.10.2014 ausführt.
Die Regelungen zur Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens haben aber nicht nur eine Bedeutung für die Frage, wer die USt schuldet. Auch auf die korrekte Abrechnung (Netto-Rechnung ohne gesonderten Steuerausweis, Hinweis in der Rechnung auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft, wenn § 13b UStG anzuwenden ist; gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer in einer Rechnung, wenn die Leistung nicht unter das Reverse-Charge-Verfahren fällt) muss geachtet werden.
Aus Vereinfachungsgründen kann bei der Lieferung von Tablet-Computern, Spielekonsolen sowie den edlen und unedlen Metallen wie folgt verfahren werden:
- Hat der Unternehmer vor dem 1.10.2014 eine Anzahlung für eine ab dem 1.10.2014 ausgeführte Lieferung erhalten und dafür eine Rechnung mit gesonderter USt ausgestellt, ist diese Rechnung zu berichtigen. Es wird aber nicht beanstandet, wenn der leistende Unternehmer die Anzahlungsrechnung nicht berichtigt und in der (Reverse-Charge-)Schlussrechnung nur den um das vereinnahmte Entgelt geminderten Betrag angibt.
- Wird für eine vor dem 1.10.2014 ausgestellte Rechnung die Anzahlung erst ab dem 1.10.2014 vereinnahmt, ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner; eine dem entgegenstehende Rechnung muss berichtigt werden.
- Wird eine Rechnung ab dem 1.10.2014 ausgestellt für eine Lieferung, die vor dem 1.10.2014 ausgeführt worden ist, bleibt der leistende Unternehmer Steuerschuldner. Die Rechnung ist mit USt zu erstellen.
- Bei der Berichtigung nach dem 30.9.2014 einer vor dem 1.10.2014 erstellten und bezahlten Rechnung über Anzahlungen, kann wie folgt verfahren werden: Wurde die Anzahlungsrechnung vorher nicht berichtigt, erfolgt eine Berichtigung nur insoweit, als der überzahlte Betrag zurückgezahlt wurde. Der Leistungsempfänger wird bei Anwendung der Nichtbeanstandungsregelung nur insoweit zum Steuerschuldner, wie ein weiteres Entgelt vereinnahmt wird.
Schonfrist für Neufälle
Bei der Lieferung von Tablet-Computern, Spielekonsolen sowie den edlen und unedlen Metallen wird es nicht beanstandet, wenn für alle Lieferungen, die vor dem 1.1.2015 ausgeführt werden, die Beteiligten einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers ausgehen. Der Umsatz muss dann aber vom leistenden Unternehmer voll besteuert werden. Dies gilt auch in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 30.9.2014 und vor dem 1.1.2015 vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder von Teilen des Entgelts ausgeführt wird.
Übergangsregelungen für Bau- und Gebäudereinigungsleistungen
Bezüglich der Übergangsregelungen bei den Bauleistungen sowie bei den Gebäudereinigungsleistungen hat die Finanzverwaltung verschiedene Möglichkeiten zusammengestellt, die jeweils abhängig davon, ob die Steuerschuldnerschaft zum 1.10.2014 vom leistenden Unternehmer auf den Leistungsempfänger oder umgekehrt übergeht, anzuwenden sind. Zusammengefasst ergeben sich die folgenden Möglichkeiten:
Leistungsempfänger ist zum Zeitpunkt der Leistung Steuerschuldner | Leistender Unternehmer ist zum Zeitpunkt der Leistung Steuerschuldner | |
Schlussrechnung über nach dem 30.9.2014 erbrachte Leistungen bei Abschlagsrechnung vor dem 1.10.2014 | Grundsätzlich ist die Anzahlungsrechnung zu berichtigen. Es wird aber nicht beanstandet (Nichtbeanstandungsregelung), wenn der leistende Unternehmer die Anzahlungsrechnung nicht berichtigt und in der Schlussrechnung nur den um das vereinnahmte Entgelt geminderten Betrag angibt. | Grundsätzlich ist die Anzahlungsrechnung zu berichtigen. Die Berichtigung kann unterbleiben, wenn der leistende Unternehmer in seiner Schlussrechnung die USt für das gesamte Entgelt anfordert; die Anrechnung der Anzahlung erfolgt mit dem Nettoentgelt. Ist der Leistungsempfänger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, wird es nicht beanstandet (Nichtbeanstandungsregelung), wenn in der Schlussrechnung nur das um das vor dem 1.10.2014 vereinnahmte Entgelt geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird. |
Berichtigung einer vor dem 1.10.2014 erstellten Rechnung über Anzahlungen, wenn die Zahlung nach dem 30.9.2014 erfolgt | Der Leistungsempfänger ist mit Zahlungszufluss Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung; soweit in der Anzahlungsrechnung USt ausgewiesen wurde, ist diese zu berichtigen. | Der leistende Unternehmer ist mit Zahlungszufluss Steuerschuldner für die von ihm ausgeführte Leistung; soweit in der Anzahlungsrechnung keine USt ausgewiesen wurde, ist diese zu berichtigen (das bisherige Nettoentgelt ist als Bruttoentgelt anzusehen). |
Abrechnung nach dem 30.9.2014 über Leistungen, die vor dem 1.10.2014 erbracht worden sind | Der Leistungsempfänger bleibt Steuerschuldner; die Rechnung ist ohne USt und mit dem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft auszustellen. | Der leistende Unternehmer bleibt Steuerschuldner; die Rechnung ist mit gesondert ausgewiesener USt auszustellen. |
Berichtigung nach dem 30.9.2014 einer vor dem 1.10.2014 erstellten und bezahlten Rechnung über Anzahlungen | Wurde die Anzahlungsrechnung vorher nicht berichtigt, erfolgt eine Berichtigung nur insoweit, als der überzahlte Betrag zurückgezahlt wurde. Der Leistungsempfänger wird bei Anwendung der Nichtbeanstandungsregelung nur insoweit zum Steuerschuldner, wie ein weiteres Entgelt vereinnahmt wird. | Wurde in der Schlussrechnung nur das um das vor dem 1.10.2014 vereinnahmte Entgelt geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird, ist die Rechnung nur insoweit zu berichtigen, als der überzahlte Betrag zurückgezahlt wurde. Der leistende Unternehmer wird bei Anwendung der Nichtbeanstandungsregelung nur insoweit zum Steuerschuldner, wie ein weiteres Entgelt vereinnahmt wird. |
Wichtig: Es gibt keine darüber hinaus gehende Übergangsregelung bei den Bauleistungen und Gebäudereinigungsleistungen (wie bei den neu hinzugefügten Sachverhalten des Reverse-Charge-Verfahrens bis zum 31.12.2014).
vielen Dank für den Hinweis und das Lob; wir haben die Jahreszahl korrigiert.
Beste Grüße
Yan Christoph, Redaktion haufe.de/steuern