Neufassung des AEAO zu § 87a AO
In weiten Bereichen neu gefasst wurde der AEAO zu § 87a AO, der eine der zentralen Bestimmungen für die elektronische Kommunikation mit dem Finanzamt darstellt, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, wenngleich festzuhalten ist, dass diese längst noch nicht so bedeutsam ist wie etwa im Umgang mit Mandanten.
In Nr. 1 AEAO zu § 87a AO wurde der Satz 4 gestrichen, der darstellte, dass die Finanzbehörde, die eine E-Mail Adresse angibt, ihre Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Dokumente erklärt. Neu eingefügt wurde ein Absatz in Nr. 3 zu § 87a AO, in dem dargestellt wird, dass es kein Fall des § 87a Abs. 3 und 4 AO ist, wenn das Gesetz neben der Schriftform auch die elektronische Übermittlung zulässt oder zur elektronischen Übermittlung verpflichtet. Vollkommen gestrichen wurde Nr. 4 zu § 87a AO, die den Beweis durch elektronische Dokumente zum Inhalt hatte.
Die jetzige Änderung des AEAO zu § 87a AO steht in einem engen Zusammenhang mit dem am 31.7.2013 verkündeten Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung und der Änderung weiterer Gesetze, welches die Verwaltung stärker für die Möglichkeit einer elektronischen Kommunikation öffnen sollte. Das Gesetz steht mit seiner gesetzgeberischen Intention in einer Reihe mit einer Vielzahl von gesetzlichen Neuerungen der letzten Jahre. Zu denken ist etwa an die verpflichtende Einreichung von Steuererklärungen auf elektronischem Wege (siehe etwa § 25 Abs. 4 EStG, § 31 Abs. 1a KStG, § 14a GewStG, § 181 Abs. 2a AO, hierbei sind allerdings Ausnahmen bei vielen Beteiligten zu beachten, denn die Finanzverwaltung ist bislang regelmäßig immer noch nicht in der Lage, mehr als 10 Beteiligte elektronisch zu verarbeiten; § 18 Abs. 1 UStG, § 41a EStG) oder auch die Einführung der E-Bilanz durch Schaffung des § 5b EStG. Aber auch in der AO hat die elektronische Kommunikation in der Vergangenheit bereits verschiedentlich ihren Niederschlag gefunden.
Die zentrale Regelung in der AO für die elektronische Kommunikation mit der Finanzverwaltung ist § 87a AO. Hierbei wurden durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung die Abs. 3 und Abs. 4 der Regelung jetzt neu gefasst. § 87a Abs. 1 AO wurde ein Satz hinzugefügt, in dem ausgeführt wird, dass die kurzzeitige Entschlüsselung, die beim Versenden einer De-Mail-Nachricht durch den Dienstanbieter geschieht, um eine Schadsoftware zu ermitteln, nicht gegen das Verschlüsselungsgebot des § 87a Abs. 3 AO verstößt. Die beiden neuen Absätze sehen sodann vor, dass an Stelle der Schriftform und der qualifizierten elektronischen Signatur weitere Verfahren möglich sind, nämlich die Eingabe einer Erklärung in ein elektronisches Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät – also etwa über ein festes Terminal im jeweiligen Finanzamt – zur Verfügung gestellt wird, oder das über öffentliche Netze zur Verfügung gestellt wird. Dabei wird die Identität des Steuerpflichtigen bei einer Eingabe über ein Terminal vor Ort festgestellt. Bei einer Eingabe über öffentliche Netze muss sich der Steuerpflichtige über die Identitätsfunktion insbesondere des neuen Personalausweises identifizieren, sowie bei Versendung von Dokumenten per De-Mail mit der Versandoption „sichere Anmeldung“. Die Behörde kann Bescheide seit 1.7.2014 per De-Mail mit der Versandoption „sichere Anmeldung“ versenden. Die bisherigen Übermittlungsformen, also vor allem das in der Praxis längst etablierte ELSTER, bleiben weiterhin möglich.
Teilweise Neufassung des AEAO zu § 122 AO
§ 122 AO regelt die Bekanntgabe von Verwaltungsakten. Die diesbezüglichen Bestimmungen des AEAO sind quasi eine Dauerbaustelle. Auch jetzt sind die entsprechenden Textziffern wieder in Teilbereichen überarbeitet worden. Neben der oben dargestellten Gleichstellung von Lebenspartnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft betreffen die Änderungen die Bekanntgabe an Bevollmächtigte sowie die Bekanntgabe bei Testamentsvollstreckung, Nachlasspflegschaft und Nachlassverwaltung.
Bei der Bekanntgabe an einen Bevollmächtigten findet sich nunmehr der ausdrücklich Hinweis, dass ein Steuerbescheid auch bei Vorlage einer Empfangsvollmacht dem Steuerpflichtigen bekannt zu geben ist, wenn der Bevollmächtigte wegen einer unerlaubten Hilfeleistung in Steuersachen nach § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen wurde oder wenn ihm die Hilfelistung in Steuersachen nach § 7 StBerG untersagt wurde. Bei einer förmlichen Zustellung ist allerdings nach Vorlage einer schriftlichen Vollmacht stets dem Bevollmächtigten zuzustellen.
Schließlich wurde der Abschnitt neu formuliert, der die Bekanntgabe an einen Testamentsvollstrecker, einen Nachlasspfleger oder bei Nachlassverwaltung betrifft. Hierbei wurden insbesondere die Folgen aus dem Urteil des BFH vom 11.6.2013 (Az. II R 10/11) umgesetzt. Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung Testamentsvollstreckung und Nachlassverwaltung sowie die Bekanntgabe von Erbschaftsteuerbescheiden. Zudem wird klargestellt, dass sich der Erbe das Verschulden eines Testamentsvollstreckers oder eines Nachlassverwalters i. S. d. § 110 AO nicht zurechnen lassen muss, da diese kein Vertreter der Erben sind. Hingegen ist der Nachlasspfleger gesetzlicher Vertreter des unbekannten Erben.
Teilweise Neufassung des AEAO zu § 129 AO
Scheinbar einer der neuen Lieblingstummelplätze der Verwaltung scheint der § 129 AO zu sein, der die Änderung von Verwaltungsakten bei offenbaren Unrichtigkeiten ermöglicht. Die entsprechenden Ausführungen im AEAO wurden wiederum teilweise geändert. In Nr. 2 des AEAO zu § 129 AO wurde dabei nur das Wort bereits in den zweiten Satz eingefügt. Dies dürfte allein deklaratorischen Charakter haben und die Enge des Anwendungsbereichs betonen.
In Nr. 4 zu § 129 AO wurde der Verweis auf das Urteil des BFH vom 27.8.2013 (Az. VIII R 9/11) aufgenommen. In dieser interessanten Entscheidung wurde es als offenbare Unrichtigkeit angesehen, wenn Umsatzsteuerzahlungen in der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht als Betriebsausgaben angesetzt worden sind, aber aufgrund der Umsatzsteuererklärung dem Finanzamt bekannt waren. Durch die Aufnahmen dieses Urteils in den AEAO erkennt die Verwaltung das Urteil endgültig an.
Ergänzung des AEAO zu § 170 AO
In Nr. 3 des AEAO zu § 170 AO wurde ein Absatz angefügt, der ausführt, dass eine Nichtveranlagungsbescheinigung keine Auswirkungen auf die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO hat. Dies entspricht den Ausführungen des BFH in seinem Beschluss vom 15.5.2013 (Az. VI R 33/12).
Ergänzung des AEAO zu § 233a AO
Eine der wohl am schwierigsten zu handhabenden Bestimmungen der AO in der Praxis ist die Vollverzinsung nach § 233a AO. Auch der AEAO zu dieser Norm schreckt eher ab, weist diese Regelung doch über 70 Textziffern auf. Wichtig erscheint indes die Klarstellung, dass aufgrund europarechtlicher Vorgaben die Steuer, die bei einem Wegzug aus Deutschland nach § 6 AStG entsteht sowie die Entstrickungsgewinne nach UmwStG, nicht zu verzinsen sind. Diese Ausführungen sind sicherlich zutreffend. Zudem wurde in Nr. 70.1.2. der Hinweis auf 2 BFH-Urteile vom 7.11.2013 (X R 22/11; X R 23/11) zu fiktiven Erstattungszinsen eingefügt.
Ergänzung des AEAO zu § 350 AO
§ 350 AO regelt die Beschwer im Rechtsbehelfsverfahren. In AEAO Nr. 3 zu § 350 AO wird dabei ausgeführt, dass bei einer Nullfestsetzung grundsätzlich keine Beschwer besteht. Dies gilt nicht in folgenden Fällen:
- Mit dem Einspruch wird eine Steuervergütung begehrt (z. B. die Festsetzung einer negativen Umsatzsteuer).
- Durch den Einspruch soll die Anwendung des § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG i. d. F. des JStG 2010 (vom Steuerbescheid abweichende Berücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags) ermöglicht werden.
- Es wird eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG begehrt.
- Die der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen sind für ein anderes steuerliches oder außersteuerliches Verfahren bindend.
Von besonderer Bedeutung ist dabei die Regelung zu Punkt 2, die neu in den AEAO eingefügt wurde Damit nimmt der AEAO zu einer von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht geklärten Frage Stellung. Ein Fall soll die Problematik verdeutlichen.
Beispiel
Die Einkommensteuer 05 wird auf 0 EUR festgesetzt. Der Verlustrücktrag in das Jahr 04 wird nur i. H. v. 30.000 EUR vorgenommen. Der Steuerpflichtige meint, es müssten 40.000 EUR zurückgetragen werden. Der Steuerpflichtige muss nach ständiger Rechtsprechung des BFH den Einkommensteuerbescheid 04 anfechten. Dann wird indirekt auch die Veranlagung 05 überprüft.
Alternative: Die Einkommensteuer 05 wird wie bisher auf 0 EUR festgesetzt. Der Steuerpflichtige beantragt nach § 10d Abs.1 Satz 5 EStG den Verlustvortrag. Der verbleibende Verlust wird entsprechend dem Einkommensteuerbescheid mit 30.000 EUR festgestellt. Der Steuerpflichtige meint, es müssten 40.000 EUR festgestellt werden.
Da bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen sind, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, zugrunde zu legen sind (§ 10d Abs. 4 Satz 4 EStG), kann der Verlust von 40.000 EUR im Feststellungsbescheid nur dann angesetzt werden, wenn der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid 05 zuvor geändert worden ist. Daher muss der Steuerpflichtige gegen den Einkommensteuerbescheid 05 Einspruch einlegen, auch wenn die Steuer 0 EUR beträgt und bleibt (so auch AOAE zu § 350 AO Anm. 3b). Ist der Einspruch nicht mehr zulässig, kommt ein Ansatz des erhöhten Verlustes nur in Betracht, wenn zumindest dem Grunde nach eine Korrekturvorschrift erfüllt ist (§ 10d Abs. 4 Satz 5 EStG).
Ergänzung des AEAO zu § 357 AO
Schließlich wurden die Ausführungen zur Einlegung des Einspruchs überarbeitet. Hierbei wird klargestellt, dass ein Einspruch auch elektronisch eingereicht werden kann. Dies entspricht der Gesetzesfassung des § 357 AO durch das oben kurz dargestellte Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung. Allerdings ist festzuhalten, dass dies im Einklang mit der schon bisher vertretenen Rechtsauffassung steht, sodass es sich insoweit allein um eine Klarstellung handelt.
Neu eingefügt wurden schließlich AEAO Nr. 4 zu § 357 AO. Dieser stellt klar, dass ein Einspruch gegen den Solidaritätszuschlag nicht automatisch ein Einspruch gegen die Einkommenssteuer und die Kirchensteuer darstellt. Dies beruht auf einem Urteil des BFH (v. 19.8.2013, X R 44/11). Da der jeweilige Einspruch allerdings auszulegen ist, kommt es jeweils auf die Umstände des Einzelfalls an, um beurteilen zu können, was vom Steuerpflichtigen oder seinem Berater angefochten worden ist.