Neue steuerliche Herstellungskosten-Untergrenze nach dem Entwurf der EStÄR 2012
Von dieser Möglichkeit wurde Gebrauch gemacht. Insbesondere hinsichtlich der folgenden Problematik wurde der Richtlinienentwurf von der Wirtschaft bereits erwartet:
Ausgangssituation
Mit BMF-Schreiben zu den steuerlichen Folgen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) vom 12.3.2010 (BStBl 2010 I, S. 239) erweiterte die Finanzverwaltung die steuerliche Herstellungskosten-Untergrenze. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sollte dabei über den handelsrechtlichen Ansatz nach § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB in der Fassung des BilMoG (Materialeinzelkosten, Fertigungseinzelkosten, Sonderkosten der Fertigung, Materialgemeinkosten, Fertigungsgemeinkosten und der Werteverzehr des Anlagevermögens) für steuerliche Zwecke auch die angemessenen Kosten der allgemeinen Verwaltung, angemessenen Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen und Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung als Wertuntergrenze einbezogen werden. Diese Ausführungen stießen in der Wirtschaft und der Fachwelt auf massiven Widerstand, sodass die Finanzverwaltung ein neues BMF-Schreiben vom 22.6.2010 (BStBl 2010, S. 597) herausgegeben hat in welchem geregelt wurde, dass bis zur Anpassung der EStR die nicht produktionsbezogenen Kosten nicht zwingend zu den Herstellungskosten zu aktivieren sind.
Neue Verwaltungsauffassung
In R 6.3 Abs. 1 EStÄR 2012 nimmt das BMF nun
die angemessenen Kostender allgemeinen Verwaltung,
die angemessenen Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs,
die angemessenen Aufwendungen für freiwillige Leistungen und
die angemessenen Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung
auf. D.h. zusätzlich zu dem bisherigen steuerlichen Mindestansatz, müssen noch zwingend die Verwaltungskosten einbezogen werden. Bisher bestand nach R. 6.4 EStR 2008 ein Wahlrecht. Eine Übergangsregelung in R 6.3 Abs. 9 EStÄR 2012 sieht vor, dass soweit die Absätze 1 und 3 von R 6.3 Abs. 4 EStR 2008 abweichen, es nicht zu beanstanden ist, wenn für Wirtschaftsjahre, die vor der Veröffentlichung der EStÄR 2012 im BStBl enden, noch nach R 6.3 Abs. 4 EStR 2008 verfahren wird. In R 6.3 Abs. 3 EStÄR 2012 ist inhaltlich unverändert geregelt was zu den allgemeinen Kosten der Verwaltung zählt.
Praxisprobleme
In personengeführten mittelständischen Unternehmen finden sich i. d. R. keine komplexen Kostenrechnungssysteme, um die notwendigen Daten für die Ermittlung der steuerlichen Wertuntergrenze zu gewinnen. Die Umlage der entsprechenden Gemeinkostenbestandteile in der Kostenträgerrechnung ist relativ schwierig, da hierfür die notwendigen Bezugsgrößen festgelegt werden müssen und dies dürfte in vielen Unternehmen nicht so einfach sein. Des Weiteren müssten auch die „angemessenen“ Kosten, die durch die Produktion veranlasst sind, ermittelt werden. Diskussionen in künftigen Betriebsprüfungen sind somit bereits vorherzusehen.
Reaktionen der Verbände
Die Verbände (DIHK, IDW, BStBK, DStV) haben in ihren Stellungnahmen erwartungsgemäß die Neuregelung des R 6.3 EStÄR 2012 kritisiert, vor allem der Anwendungszeitpunkt nach R 6.3 Abs. 9 EStÄR 2012. Im Zuge der Umsetzung des Entwurfs der EStÄR müsste die neue Verwaltungsauffassung grundsätzlich für Wirtschaftsjahre angewendet werden, die vor Veröffentlichung der EStÄR 2012 im BStBl enden. Die Übergangsregelung stellt hierbei nicht auf den Herstellungszeitpunkt, sondern auf den Bilanzstichtag ab. Somit müssten bei Veröffentlichung der EStÄR 2012 im Jahr 2012 sämtliche in der Steuerbilanz zum 31.12.2012 vorhandenen hergestellten Wirtschaftsgüter neu bewertet werden.
Ausblick
Eine Prognose über den Zeitpunkt der Veröffentlichung der endgültigen EStR 2012 im BStBl und der tatsächlichen Änderung der R 6.3 EStR 2008 ist derzeit nicht möglich. Es ist aber zu erwarten, dass die Veröffentlichung noch in diesem Jahr erfolgt. Es müssten dann folgerichtig bereits für das Wirtschaftsjahr 2012 die Verwaltungskosten steuerlich zu den Herstellungskosten aktiviert werden, wenn die Finanzverwaltung nicht von ihrer falschen Auffassung abrückt. Somit besteht für die Unternehmen dringend noch im Wirtschaftsjahr 2012 Anpassungsbedarf.
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