Verschärfte Regelungen zur Probezeit vor Zusage einer Pension an den Gesellschafter-Geschäftsführer
Insbesondere darf die Pensionszusage nicht zu früh erteilt werden; vielmehr wird verlangt, dass der Geschäftsführer und die GmbH selbst vor Erteilung der Pensionszusage die Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Erst nach Ablauf einer sog. Probezeit – so die Rechtsprechung und Finanzverwaltung – sei die Pensionszusage durch das Arbeitsverhältnis veranlasst. Wird die Pensionszusage vorher erteilt, soll sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein, sodass die dafür erfassten Rückstellungen verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) darstellen.
Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 28.4.2010 dazu eine strengere Auffassung vertreten als die Finanzverwaltung. Mit dem jetzt veröffentlichten BMF-Schreiben hat sich die Finanzverwaltung der strengeren Auffassung angeschlossen und ihre Mitarbeiter angewiesen, diese Auffassung anzuwenden, wenn die Pensionszusage nach dem 29.7.2010 (Datum der Veröffentlichung des BFH-Urteils) erteilt wurde.
Beratungshinweis: Steuerberater, die Mandanten im Zusammenhang mit einer Pensionszusage beraten haben, sollten deshalb unbedingt prüfen, ob die von ihnen vorgeschlagene Pensionszusage den strengeren Anforderungen entspricht, wenn diese nach dem 29.7.2010 vereinbart wurde.
Begriffsbestimmung
Das BMF unterscheidet die Begriffe zusagefreie Zeit und versorgungsfreie Zeit. Nur die zusagefreie Zeit zählt zur Probezeit.
Als zusagefreie Zeit wird der Zeitraum zwischen Dienstbeginn und der erstmaligen Vereinbarung einer schriftlichen Pensionszusage verstanden. Dieser Zeitraum wird als Probezeit angesehen.
Als versorgungsfreie Zeit wird der Zeitraum zwischen Erteilung einer Pensionszusage und der erstmaligen Anspruchsberechtigung verstanden; die Finanzverwaltung betont, dass dieser Zeitraum nicht zur Probezeit zählt.
Dauer der Probezeit grundsätzlich 2-3 Jahre
Steuerberater sollten beachten, dass grundsätzlich eine Probezeit von 2–3 Jahren einzuhalten ist. Wird ein Gesellschafter-Geschäftsführer neu eingestellt, muss er grundsätzlich erst 2–3 Jahre für die GmbH bzw. Kapitalgesellschaft tätig sein, bevor ihm eine aus dem Beschäftigungsverhältnis herrührende Pensionszusage erteilt werden kann. Von diesem Grundsatz werden folgende, für die Praxis bedeutsame Ausnahmen gemacht:
1. Neu gegründete Kapitalgesellschaft muss zunächst 5 Jahre tätig sein
Wird eine GmbH bzw. andere Kapitalgesellschaft neu gegründet, muss die Kapitalgesellschaft zunächst die künftige wirtschaftliche Entwicklung und damit die künftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft zuverlässig abschätzen können, bevor sie sich wirtschaftlich mit einer Pensionszusage belastet. I. d. R. soll diese Einschätzung frühestens nach 5 Jahren möglich sein. Wird vorher eine Pensionszusage erteilt, unterstellt die Finanzverwaltung und die ständige Rechtsprechung eine Veranlassung der Zusage durch das Gesellschaftsverhältnis.
2. Bei Änderung des "Rechtskleides" kürzere Probezeit möglich
Ausnahmen davon gelten, wenn das Unternehmen in anderer Rechtsform seit Jahren tätig war und lediglich – etwa durch Betriebsaufspaltung oder Umwandlung – sein Rechtskleid ändert. Dann kann die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der neu gegründeten Kapitalgesellschaft anhand der bisherigen Erfahrungen auch in der Gründungsphase gewissenhaft beurteilt werden. Die Einhaltung einer 5-jährigen Probezeit ist in solchen Fällen verzichtbar.
Das gilt insbesondere, wenn das Unternehmen durch seine bisherigen leitenden Angestellten aufgekauft wird und sie das Unternehmen als Geschäftsführer in der neu gegründeten GmbH fortführen (sog. Management-Buy-Out). Hier hält die Finanzverwaltung eine Probezeit von einem Jahr für ausreichend.
Verschärfte Regelungen beim Verstoß gegen die Probezeit - Haftungsfallen für Steuerberater
Bislang vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass bei einem Verstoß gegen die Probezeit lediglich die Aufwendungen für die Pensionszusage während der Probezeit als vGA zu erfassen sind; Rückstellungen, die nach Beendigung der Probezeit für die während der Probezeit vereinbarten Pensionszusage geltend gemacht werden, sollten keine vGA mehr darstellen, da die Versorgungszusage in eine fremdvergleichsgerechte Zusage „hereinwachse“. Diese Regelung hat den Vorteil, dass sich eine zu früh erteilte Pensionszusage nach Ablauf der Probezeit automatisch in eine Pensionszusage umwandelte, die ab diesem Zeitpunkt keine vGA mehr auslöst. Das Risiko, das durch die Annahme von der vGA bestand, wurde auf die Dauer der Probezeit begrenzt und war dadurch überschaubar. Das Haftungsrisiko in der Steuerberatung war entsprechend gering.
Der BFH hat sich in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2010 gegen diese großzügige Regelung gestellt und entschieden, dass es für die Frage der Veranlassung ausschließlich auf den Zeitpunkt der Vereinbarung ankomme. Wird die Pensionszusage noch während der Probezeit vereinbart, sind sämtliche Rückstellungen als vGA zu behandeln, und zwar auch die, die nach Beendigung der Probezeit zu bilden sind. Damit ist das Haftungsrisiko für die Beratung im Zusammenhang mit der Erteilung einer Pensionszusage erheblich(!) gestiegen. Diese verschärfte Regelung gilt für alle Zusagen, die nach dem 29.7.2010 getroffen wurden.
Praxistipp: Steuerberater sollten sicherheitshalber bei allen Pensionszusagen, die nach diesem Stichtag erteilt wurden, prüfen, ob die Probezeit tatsächlich eingehalten wurde. Bestehen Zweifel daran, sollte die bisherige Pensionszusage gegeben falls aufgehoben und eine neue erteilt werden. Zu beachten ist, dass die Finanzverwaltung die Auffassung vertritt, dass eine bloße Änderung der Zusagen, z.B. Erhöhung der Leistungen, keine neue Pensionszusage darstellt.
Ist im Einzelfall unklar, ob bereits die Probezeit abgelaufen ist, sollte dies unbedingt mit der Finanzverwaltung durch Einholung einer verbindlichen Auskunft geklärt werden. Die Einholung einer verbindlichen Auskunft ist zwar kostenpflichtig; aber im Hinblick darauf, dass auch Jahre später die gesamten Rückstellungen für eine Pensionszusage als vGA behandelt werden können, rechtfertigt die im Verhältnis zu diesem Risiko geringen Kosten. Scheut der Mandant die Kosten für die verbindliche Auskunft, sollten steuerliche Berater dies beweisbar in ihren Unterlagen vermerken, um nicht später wegen Beratungsfehler in Anspruch genommen zu werden.
BMF, Schreiben v. 14.12.2012, IV C 2 – S 2742/10/10001
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