Finanzverwaltung nimmt zur Realteilung Stellung
Nachfolgend werden vor allem die eingetretenen Änderungen gegenüber der bisherigen Fassung des BMF-Schreibens dargestellt.
Neu mit aufgenommen wurde die Abgrenzung der “echten“ von der "unechten" Realteilung. Diese Differenzierung resultiert aus der Rechtsprechung des BFH (BFH, Urteil v. 16.3.2017, IV R 31/14, BFH/NV 2017, S. 1093), die von der Finanzverwaltung übernommen wird.
Echte Realteilung
Erfolgt die Auflösung (Betriebsaufgabe) einer Mitunternehmerschaft dadurch, dass die Wirtschaftsgüter unter den Mitunternehmern aufgeteilt werden, spricht man von einer echten Realteilung. Dazu gehört auch das Ausscheiden eines Mitunternehmers indem diesem ein Teilbetrieb, ein Mitunternehmeranteil an einer Tochter-Personengesellschaft oder Einzelwirtschaftsgüter aus einer zweigliedrigen Mitunternehmerschaft übertragen werden und der verbleibende Betrieb durch den anderen Mitunternehmer als Einzelunternehmen fortgeführt wird.
Unechte Realteilung
Besteht trotz Ausscheidens eines Mitunternehmers die bisherige Mitunternehmerschaft weiter, wurde dies bisher nicht als Realteilung, sondern als Verkauf oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils gesehen. Eine Buchwertfortführung wurde von der Finanzverwaltung grundsätzlich abgelehnt.
Nun folgt die Finanzverwaltung der o. g. Rechtsprechung des BFH und geht von einer unechten Realteilung aus, wenn die auf den ausscheidenden Mitunternehmer übertragenen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bei diesem zumindest teilweise weiterhin Betriebsvermögen darstellen. Unerheblich dabei ist, ob der ausscheidende Mitunternehmer einen Teilbetrieb, einen Mitunternehmeranteil oder nur Einzelwirtschaftsgüter erhält.
Auch bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft wird das Ausscheiden aus der Mutter-Personengesellschaft gegen Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils an einer Tochter-Personengesellschaft als unechte Realteilung gewertet.
Keine Realteilung
Anders ist hingegen der Fall, wenn die auf den ausscheidenden Mitunternehmer übertragenen Einzelwirtschaftsgüter vollständig in dessen Privatvermögen überführt werden. Dann liegt keine Realteilung vor, sondern der ausscheidende Mitunternehmer erzielt einen Veräußerungsgewinn.
Auch wenn ein Mitunternehmer ausscheidet, indem sein Mitunternehmeranteil den oder dem verbleibenden Mitunternehmer(n) anwächst und der Ausscheidende dafür eine Abfindung in Geld erhält, liegt keine Realteilung vor.
Gegenstand der Realteilung
Zum Betriebsvermögen, das Gegenstand einer Realteilung sein kann, schränkt das BMF seine bisherige Interpretation ein. Bisher war das gesamte Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft aufgeführt, also einschließlich des Sonderbetriebsvermögens der Realteiler. Nun kann uneingeschränkt nur noch das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft Gegenstand der Realteilung sein.
Das Sonderbetriebsvermögen wird nur mit einbezogen, soweit es bei der Realteilung auf einen anderen Mitunternehmer übertragen wird. Werden ein Wirtschaftsgut von einem Sonderbetriebsvermögens eines Mitunternehmers in ein anderes (Sonder-)Betriebsvermögen desselben Mitunternehmers überführt, ist dies nicht Bestandteil einer Realteilung. Eine Buchwertfortführung wird i.d.R. aber nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG möglich sein.
Positiv ist, dass eine vorherige Einbringung der Anteile an einer Mitunternehmerschaft in andere Personengesellschaften einer Realteilung nicht entgegensteht. Dies unter der Voraussetzung, dass an der anderen Personengesellschaft nur die Personen vermögensmäßig beteiligt sind, die zuvor auch an der Mitunternehmerschaft vermögensmäßig beteiligt waren (so BFH, Urteil v. 16.12.2015, IV R 8/12, BStBl 2017 II S. 766).
Begünstigte Realteilung
Klarstellend und im Einklang mit der neueren BFH-Rechtsprechung ist die Aussage, dass für die im Rahmen einer Realteilung übertragenen Wirtschaftsgüter § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG keine Anwendung findet.
Neu und vorteilhaft ist, dass es nun für eine Realteilung nicht mehr erforderlich ist, dass jeder Realteiler auch wesentliche Betriebsgrundlagen des Gesamthandsvermögens erhält. Unverändert fortbesteht die Definition der Wesentlichkeit mit ihrer quantitative Betrachtungsweise (bezogen auf die stillen Reserven) bzw. ihrer funktionale Betrachtungsweise (bezogen auf das wirtschaftliche Gewicht) des Wirtschaftsguts.
Rechtsfolgen einer echten oder unechten Realteilung
Die schon bisher geltenden steuerrechtlichen Folgen einer Realteilung gelten weiter. Ergänzt wurden diese lediglich um Ausführungen zu der neuen Variante einer unechten Realteilung. Werden einzelne Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen des ausscheidenden Mitunternehmers übertragen, realisiert nur dieser Mitunternehmer einen Veräußerungsgewinn. Die verbleibenden Mitunternehmer realisieren auf Ebene der Mitunternehmerschaft einen laufenden Gewinn. Daraus folgt dann auch, dass die Buchwerte der in der Mitunternehmerschaft verbleibenden Wirtschaftsgüter anteilig aufzustocken sind. Dies wird im BMF-Schreiben anhand eines Beispiels plastisch erläutert.
Veräußerung oder Entnahme während der Sperrfrist
Unverändert führt eine Entnahme oder Veräußerung i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG innerhalb der Sperrfrist zu einer rückwirkenden Aufdeckung der in diesen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven. Diese sind als laufender Gewinn zu versteuern. Nur wenn sämtliche stille Reserven aus den wesentlichen Betriebsgrundlagen rückwirkend aufzudecken sind, liegt ein begünstigter Veräußerungsgewinn vor.
Nur eine "echte" Realteilung ist eine Betriebsaufgabe i.S. der Gewerbesteuer (so auch BFH v. 17.2.1994, VIII R 13/94, BStBl 1994 II S. 809). Sind stille Reserven nachträglich aufzudecken, sind sie diesem Vorgang zuzuordnen.
Auch ist der Gewinn nur im Fall der "echten" Realteilung allen Realteilern nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; dies zudem vorbehaltlich anderer gesellschaftsrechtlichen Regelungen. Der Gewinn aus der Aufdeckung von stillen Reserven rechnet grundsätzlich nicht zum Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG. Soweit der Gewinn jedoch nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt, ist er nach § 7 Satz 2 GewStG als Gewerbeertrag zu erfassen.
Bei einer "unechten" Realteilung wird dem ausgeschiedenen Mitunternehmer bei einer schädlichen Veräußerung oder Entnahmen rückwirkend der Gewinn unter Ansatz des gemeinen Wert des Wirtschaftsgutes berechnet. Auf Ebene der Mitunternehmerschaft entsteht ein laufender Gewinn.
Keine Änderungen des Schreibens
Alle übrigen Ausführungen im BMF-Schreiben sind inhalts- und weitgehend auch wortgleich geblieben; dies gilt insbesondere zu
- der Übertragung in das jeweilige Betriebsvermögen,
- einer Betriebsverpachtung im Ganzen,
- der Sicherstellung der Versteuerung der stillen Reserven,
- zur Realteilung mit Spitzen- oder Wertausgleich,
- dem Wertansatz des übernommenen Betriebsvermögens,
- und zu den weiteren Auswirkungen der Sperrfrist.
Zeitliche Anwendung des BMF-Schreibens
Die Regelungen dieses BMF-Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden.
Es ersetzt das bisherige Schreiben vom 20.12.2016, BStBl 2017 I S. 36. Soweit im bisherigen Schreiben Übergangsregelungen enthalten waren, gelten diese fort.
Auf einvernehmlichen Antrag aller Mitunternehmer sind die neuen Grundsätze zu einer “unechten“ Realteilung nicht anzuwenden, wenn diese noch vor dem 1.1.2019 stattgefunden hat.
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