Zweifelsfragen zur unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen nach § 6 Abs. 3 EStG
Unentgeltliche Übertragung von Mitunternehmeranteilen
Ursächlich für das neu überarbeitete BMF-Schreiben vom 20.11.2019 waren mehrere Urteile des BFH. Die Urteile befassten sich mit unentgeltlichen Übertragungen von Mitunternehmeranteilen ohne bzw. mit nur unterquotalem Sonderbetriebsvermögen, der unentgeltlichen Aufnahme eines Mitgesellschafters bzw. der Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch. Von den Beteiligten wurde jeweils geltend gemacht, dass für die Übertragung das Buchwertprivileg des § 6 Abs. 3 EStG greift und es damit zu keiner Aufdeckung von stillen Reserven kommt.
Rechtsprechung des BFH
Die maßgebenden Urteile des BFH sind nachfolgend in chronologischer Reihenfolge kurz skizziert.
- BFH Urteil vom 02.08.2012 - IV R 41/11: In dem Urteil kam der BFH zum Ergebnis, dass es bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils bei gleichzeitiger Ausgliederung von Sonderbetriebsvermögen zu keiner Aufdeckung der stillen Reserven kommt. Dies gilt auch, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück des Sonderbetriebsvermögens vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert übertragen worden ist. Damit stehen die Privilegierungen nach § 6 Abs. 3 EStG und § 6 Abs. 5 EStG gleichberechtigt nebeneinander. Und auch ein überquotaler Teil des Sonderbetriebsvermögens fällt unter § 6 Abs. 3 EStG.
- BFH Urteil vom 09.12.2014 - IV R 29/14: Selbst wenn aufgrund einheitlicher Planung Sonderbetriebsvermögen noch vor einer unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils veräußert wird, steht dies der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen.
- BFH Urteil vom 12.05.2016 - IV R 12/15: Das Buchwertprivileg bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils bleibt erhalten, trotz späterer Ausgliederung eines zunächst zurückbehaltenen Wirtschaftsguts zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen.
- BFH Urteil vom 25.01.2017 - X R 59/14: Wird im Zuge einer Betriebsvermögensübertragung der Nießbrauch vorbehalten, hindert dies eine steuerneutrale unentgeltliche Übertragung. Denn der Übertragende stellt seine bisherige gewerbliche Tätigkeit nicht ein, sondern nutzt wesentliche Betriebsgrundlagen aufgrund des Vorbehaltsnießbrauchs weiterhin gewerblich.
- BFH Urteil vom 29.11.2017 - I R 7/16: Eine nach § 20 UmwStG begünstigte Buchwerteinbringung erfordert, dass auf den Übernehmenden alle funktional wesentlichen Wirtschaftsgüter übertragen werden. Daran fehlt es auch, wenn der übernehmende Rechtsträger ein obligatorisches Nutzungsrecht erhält; es kommt zur Aufdeckung der stillen Reserven.
Geänderte Verwaltungsauffassung
Diese Entscheidungen des BFH hat die Finanzverwaltung nach einer mehrjährigen Überlegungsphase nun übernommen und wendet sie allgemein an. Kernpunkt ist die Aufgabe der bisher vertretenen sog. Gesamtplanbetrachtung im Bereich des § 6 Abs. 3 und 5 EStG. Ein Abstellen auf einen Gesamtplan kommt damit nur noch zu §§ 16, 34 EStG in Betracht.
Als Folge davon waren die bisherigen BMF-Schreiben v. 03.03.2005 und der partiellen Neufassung im BMF-Schreiben v. 07.12.2006 umfassend zu überarbeiten. Die oben ausgeführten Grundsätze aus der BFH-Rechtsprechung haben mehrfach Eingang in das neue BMF, Schreiben v. 20.11.2019, gefunden. Dieses ist inhaltlich strukturiert und auch mit Beispielen unterlegt worden.
Die Kerninhalte umfassen:
- den persönlichen Anwendungsbereich,
- den sachlichen Anwendungsbereich (mit Übertragung des gesamten oder nur teilweisen Mitunternehmeranteils bzw. der isolierten Übertragung von Sonderbetriebsvermögen),
- einer unentgeltliche Aufnahme einer natürlichen Person in ein bestehendes Einzelunternehmen,
- sowie die Fälle der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung.
Die einzelnen Ausführungen und punktuellen Änderungen können im Rahmen dieses Beitrags nicht im Detail dargestellt werden. Jeder Steuerpraktiker wird nicht umhin kommen, spätestens bei einer anstehenden Umstrukturierung oder geplanten Änderungen im Gesellschafterbestand einer Mitunternehmerschaft, das neue BMF-Schreiben zur Hand zu nehmen.
Übergangsregelung
Da die allgemeine Anwendung der neuen Grundsätze in allen offenen Fällen nicht in jedem Einzelfall positiv sein muss, wurde aus Vertrauensschutzgründen eine Übergangsregelung geschaffen. Danach können die bisherigen Grundsätze für abgeschlossene Übertragungsvorgänge weiterhin angewendet werden, wenn dies von den Beteiligten übereinstimmend und einvernehmlich beantragt wird.
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