Abzugsverbot für die Gewerbesteuer verfassungsgemäß?
Der Gesetzgeber regelte im Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl 2007 I, S. 1912), dass die Gewerbesteuer ab dem Veranlagungszeitraum 2008 nicht mehr als Betriebsausgabe abziehbar ist (§ 4 Abs. 5b EStG). Einhergehend mit dieser steuererhöhenden Maßnahme setze er – gleichsam als entlastendes Gegengewicht – die Gewerbesteuermesszahl von bisher (maximal) 5 % auf einheitlich 3,5 % herab.
Hinweis: Die Gewerbesteuermesszahl ist der Prozentsatz, der angewandt auf den Gewerbeertrag den Gewerbesteuer-Messbetrag ergibt.
Darüber hinaus wurde der Körperschaftsteuersatz von 25 % auf 15 % abgesenkt und die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer ausgedehnt, indem der Anrechnungsfaktor vom 1,8-fachen des Gewerbesteuer-Messbetrags auf das 3,8-fache erhöht wurde.
Erlass des FinMin Schleswig-Holstein
Das Finanzministerium Schleswig-Holstein (FinMin) weist mit Erlass vom 31.7.2012 darauf hin, dass das Finanzgericht Hamburg (FG) das Betriebsabzugsverbot zur Gewerbesteuer als verfassungsgemäß eingestuft hat (Urteil v. 29.2.2012, 1 K 48/12).
Blick in das Urteil
Das FG erklärte, dass im Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz das objektive Nettoprinzip gilt, wonach nur das Nettoeinkommen besteuert werden darf. Dieses Prinzip wird durch die Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer zwar durchbrochen, dies ist nach Auffassung des FG jedoch (aus besonderem sachlichen Grund) gerechtfertigt. Einen besonderen sachlichen Grund für die Durchbrechung sieht das FG in der vom Gesetzgeber angestrebten Steuerbelastungstransparenz. Denn das Abzugsverbot sollte die bis dato bestehende wechselseitige Beeinflussung der Bemessungsgrundlagen der Gewerbesteuer und der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer beseitigen. Die Durchbrechung des Nettoprinzips scheint vorliegend insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil der Gesetzgeber mit der Einführung des Abzugsverbots zugleich kompensierende Maßnahmen getroffen hatte (z.B. Herabsetzung der Gewerbesteuermesszahl).
Verfahrensruhe und AdV
Das FinMin weist darauf hin, dass gegen das Urteil eine Revision beim BFH anhängig ist (Az. I R 21/12). Sofern sich Steuerpflichtige in ihrem Einspruch auf das Verfahren berufen, ruht das Einspruchsverfahren kraft Gesetzes (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO). Eine Aussetzung der Vollziehung dürfen die Finanzämter nach der Weisung des FinMin allerdings nicht gewähren.
Hinweis: Das Ruhen des Verfahrens kraft Gesetzes tritt ein, wenn ein Einspruch auf ein anhängiges Verfahren gestützt wird, dass wegen der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm oder wegen einer Rechtsfrage beim EuGH, BVerfG oder einem obersten Bundesgericht wie dem BFH anhängig ist.
FinMin Schleswig-Holstein, Erlass v. 31.7.2012, VI 304 – S 2137 - 229
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