Geldleistungen für Kinder in Vollzeitpflege

Wenn junge Menschen bei ihrem Start ins Leben auf Hilfen angewiesen sind, können verschiedene Betreuungsformen wie eine Vollzeitpflege, die Erziehung in einer Tagesgruppe oder eine Heimunterbringung in Betracht kommen. Das BMF hat nun die steuerliche Behandlung von Geldleistungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe beleuchtet.

Mit Schreiben vom 22.10.2018 hat das BMF seine Aussagen zur einkommensteuerlichen Behandlung von Geldleistungen in der Kinder- und Jugendhilfe überarbeitet. Die wichtigsten Aussagen im Überblick:

Vollzeitpflege für Kinder

Durch eine Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) soll Kindern im Haushalt der Pflegeeltern ein neues Zuhause geboten werden; zwischen ihnen soll ein dem Eltern-Kind-Verhältnis ähnliches Band entstehen.

Hinweis: Formen der Vollzeitpflege sind die Dauerpflege, die Kurzzeitpflege, die Bereitschaftspflege, die Wochenpflege, die Sonderpflege, die Familienpflege und die Betreuung von Kindern und Jugendlichen im Privathaushalt ausgebildeter Erzieher.

Das BMF weist darauf hin, dass im Rahmen der Vollzeitpflege gezahlte Pflegegelder und anlassbezogene Beihilfen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln steuerfrei bezogen werden können (nach § 3 Nr. 11 EStG), sofern die Pflege nicht im Rahmen einer Erwerbstätigkeit erfolgt. Hierbei nimmt das BMF folgende Unterscheidung vor:

  • Sofern im Haushalt nicht mehr als sechs Kinder betreut werden, sollen die Finanzämter ohne weitere Prüfung davon ausgehen, dass die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird (sodass die Gelder steuerfrei bleiben können).
  • Werden mehr als sechs Kinder gleichzeitig in einem Haushalt aufgenommen, wird die Erwerbstätigkeit vermutet (sodass eine Steuerfreiheit ausgeschlossen ist).

Hinweis: Vergütungen an Bereitschaftspflegepersonen, die unabhängig von der tatsächlichen Aufnahme eines Kindes geleistet werden (z.B. Platzhaltekosten und Bereitschaftsgelder), sind grundsätzlich steuerpflichtig, weil sie nicht unmittelbar die Erziehung fördern.

Erziehung in einer Tagesgruppe

Die Erziehung in einer Tagesgruppe (§ 32 SGB VIII) soll die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unterstützen und den Verbleib in ihrer Familie sichern. Diese Erziehungsform findet in der Regel in einem institutionalisierten Rahmen statt; die Betreuung wird erwerbsmäßig von Fachkräften geleistet, die bei dem jeweiligen Träger angestellt sind. Das BMF weist darauf hin, dass Einnahmen aus diesen Tagesgruppen nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei belassen werden können.

Ausnahme: Die Erziehung in einer Tagesgruppe kann nach § 32 S. 2 SGB VIII auch in geeigneten Formen der Familienpflege geleistet werden. Diese Form der spezialisierten Tagespflege stellt bestimmte pädagogische Anforderungen an die betreuende Person. Dabei wird auch der notwendige Unterhalt des Kindes bzw. Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sichergestellt; er umfasst die Kosten für den Sachaufwand und für die Pflege und Erziehung. Das BMF weist darauf hin, dass Pflegepersonen entsprechende Geldleistungen der Jugendämter steuerfrei beziehen können (nach § 3 Nr. 11 EStG), weil die Zahlungen unmittelbar die Erziehung fördern und aus öffentlichen Mitteln stammen.

Erziehung in Heimen und sonstigen betreuten Wohnformen

Die Erziehung in Heimen und sonstigen betreuten Wohnformen (§ 34 SGB VIII) soll Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung fördern, indem Alltagserleben und pädagogische bzw. therapeutische Angebote miteinander verbunden werden.

Die Erziehung in sonstigen betreuten Wohnformen wird grundsätzlich durch besonders qualifizierte Fachkräfte übernommen, sodass diese Form der Erziehungshilfe regelmäßig erwerbsmäßig ausgeübt wird und eine berufliche Tätigkeit der Betreuungsperson darstellt. Hierfür gezahlte Gelder sind wegen ihres entgeltlichen Charakters steuerpflichtig und fallen nicht unter die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG. Erhält die Betreuungsperson Zahlungen für die Bestreitung der Sach- und Unterhaltsaufwendungen des Kindes, muss wie folgt unterschieden werden:

  • Ist die Betreuungsperson freiberuflich tätig, müssen diese Gelder als (steuerpflichtige) Betriebseinnahmen erfasst werden. Die tatsächlich angefallenen (und nachgewiesenen) Sach- und Unterhaltskosten für das Kind können im Gegenzug  als Betriebsausgaben abgesetzt werden. Die Finanzämter beanstanden es jedoch nicht, wenn die Betreuungsperson aus Vereinfachungsgründen einen pauschalen Betriebsausgabenabzug für diese Kosten in Höhe der erhaltenen kinderbezogenen Leistungen geltend macht.
  • Ist die Betreuungsperson als Arbeitnehmer tätig, gehört die Zahlung einer Sach- und Unterhaltskostenpauschale (je Monat und Kind) grundsätzlich zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Aus Vereinfachungsgründen kann sie jedoch als steuerfreier Auslagenersatz (§ 3 Nr. 50 EStG) behandelt werden, wenn sie den für in Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) gezahlten Sätzen entspricht.

Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung

Bedürfen Jugendliche einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung, soll ihnen eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (§ 35 SGB VIII) gewährt werden. Diese Hilfsform ist an besonders belastete oder gefährdete Jugendliche gerichtet, die beispielsweise Gewalt erfahren haben oder bereits häufig strafrechtlich in Erscheinung getreten sind.

Die Leistungen des Jugendamtes für eine solche intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung stellen steuerpflichtige Einnahmen dar. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG kommt nicht in Betracht.

Zahlung über zwischengeschalteten Träger

Erhalten Pflegefamilien bzw. Erziehungsstellen (im Sinne des § 33 SGB VIII) die Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen (nach § 39 SGB VIII) über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe, handelt es sich nur dann um steuerfreie Erziehungsbeihilfen, wenn das örtliche Jugendamt der Pflegeperson das ihr zustehende Pflegegeld bewilligt hat.

Hinweis: Zwischen dem Jugendamt, dem freien Träger und der Pflegeperson bzw. Erziehungsstelle müssen eindeutige unmissverständliche vertragliche Regelungen bestehen. Zwischen allen Parteien muss vertraglich festgehalten sein, dass das Pflegegeld, das vom Jugendamt zweckgebunden an den freien Träger ausgezahlt wird, unverändert an die Pflegeperson weitergeleitet wird und sich durch diese Abwicklung nichts am Pflegegeldanspruch der Pflegeperson ändert. Darüber hinaus sollte eine Vollmacht der Pflegeperson vorliegen, wonach sie damit einverstanden ist, dass das örtliche Jugendamt das Pflegegeld über den freien Träger an sie weiterleitet.

Die Steuerfreiheit des § 3 Nr. 11 EStG ist hingegen ausgeschlossen, wenn freie Träger die Pflegepersonen betreuen und vergüten, den örtlichen Jugendämtern überlassen und den Ämtern dann die gezahlten Pflegegelder in Rechnung stellen.

Erstattungen zur Unfallversicherung und Altersvorsorge

Die Jugendämter erstatten der Pflegeperson den nachgewiesenen Beitragsaufwand zu einer Unfallversicherung sowie (hälftig) den nachgewiesenen Aufwand für eine angemessene Alterssicherung. Das BMF weist darauf hin, dass diese Teilbeträge nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei bezogen werden können.

Anwendungsregelungen

Die Aussagen im neuen BMF-Schreiben sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Das Schreiben ersetzt das bisherige BMF-Schreiben vom 21.4.2011 (BStBl 2011 I S. 487) und das ergänzende BMF-Schreiben v. 27.11.2012 (BStBl 2012 I S. 1226) zum Themenkreis.

BMF, Schreiben v. 22.10.2018, IV C 3 - S 2342/07/0001 :138


Schlagworte zum Thema:  Kind, Pflege