Ländererlass Kommentierung: Anwendung des § 6a GrEStG

Die Finanzverwaltung hat mit dem aktuell veröffentlichten gleichlautenden Ländererlassen erneut Stellung zu dem am 22.12.2009 neu eingeführten § 6a GrEStG Stellung genommen, eine Reihe von Auslegungsfragen aus ihrer Sicht geklärt und durch zahlreiche Beispiele näher erläutert.

Einzelfragen hatte sie bereits durch gleich lautende Ländererlasse vom 1.10.2010, (BStBl 2010 I, S. 1321) und vom 22.6.2011 (BStBl 2011 I, S. 673) geklärt, die nunmehr durch die aktuellen Erlasse ersetzt werden. Die aktuellen Erlasse sollen auf alle noch offenen Fälle angewendet werden; es wird jedoch nicht beanstandet, wenn sich Steuerpflichtige auf die bisher geltende Verwaltungsauffassung beziehen, wenn der Rechtsvorgang im Zeitraum zwischen dem 31.12.2009 und dem 13.7.2012 verwirklicht wurde (vgl. Ziff. 8 der gleichlautenden Erlasse v. 19.6.2012).

Hintergrund des § 6a GrEStG

Nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 2a, 3 GrEStG können Erwerbsvorgänge aufgrund von Umwandlungen von Unternehmen, z.B. die Verschmelzung von Unternehmen, Grunderwerbsteuer auslösen, wenn die beteiligten Unternehmen Grundvermögen halten. § 6 a GrEStG sieht für diese Fälle umfangreiche Steuervergünstigungen bei Umstrukturierungen im Konzern vor.

Da die Grunderwerbsteuer mindestens 3.5 %, je nach Gemeinde aber auch oftmals bis zu 5 % beträgt, kommt der Frage der Steuerbefreiung erhebliche finanzielle Bedeutung zu.

Allgemeine Voraussetzungen für die Steuervergünstigung

Voraussetzung ist, dass die an dem umwandlungsbedingten Erwerbsvorgang beteiligten Rechtsträgern einem „Verbund“ i.S.d. § 6a Satz 3 GrEStG angehören. Danach wird die Steuervergünstigung nur gewährt, wenn an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. D.h. entweder muss die Umwandlung zwischen dem herrschenden und einem bzw. mehreren beteiligten Unternehmen – vertikal – erfolgen oder die Umwandlung erfolgt – horizontal – zwischen verschiedenen von demselben Unternehmen beherrschtem Unternehmen. Die Finanzverwaltung vertritt dabei einen sehr engen „Verbund“-Begriff, indem sie verlangt, dass ein einziges Unternehmen als beherrschend anzusehen ist. Wie das beherrschende Unternehmen im Einzelfall zu ermitteln ist, wird in den gleichlautenden Erlassen ausführlich dargestellt (vgl. dazu ausführlich TZ 2.2 der gleichlautenden Ländererlasse).

Anforderungen an das herrschende Unternehmen

Die Rechtsform des herrschenden Unternehmens ist unerheblich: es kann

  • Natürliche Person

  • Juristische Person, z.B. GmbH oder AG oder

  • Personengesellschaft, z.B. oHG, KG

sein. Allerdings verlangt die Finanzverwaltung, dass es sich bei dem herrschenden Unternehmen um ein Unternehmen i.S.d. Umsatzsteuerrechts handelt. Unternehmer ist hiernach, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig wird. Entfällt die umsatzsteuerliche Unternehmenseigenschaft wegen einer umsatzsteuerlich bestehenden Organschaft, kann das Unternehmen gleichwohl herrschendes Unternehmen i.S.d. § 6a GrEStG sein (vgl. TZ 2.2 der gleichlautenden Ländererlasse). Organgesellschaften können daher, obwohl ihnen die umsatzsteuerliche Unternehmenseigenschaft als beherrschendes Unternehmen fehlt, die Steuervergünstigungen des § 6a GrEStG in Anspruch nehmen.

Mindestbeteiligung von 95 %

Als abhängig i.S.d. § 6a GrEStG wird ein Unternehmen nur anerkannt, wenn das herrschende Unternehmen am Kapital oder Gesellschaftsvermögen des abhängigen Unternehmens zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Art der Beteiligung, ob unmittelbar oder mittelbar, ist dabei ohne Bedeutung. Auch ist es zulässig, dass das herrschende Unternehmen teilweise unmittelbar und teilweise mittelbar am Kapital bzw. Vermögen des abhängigen Unternehmens beteiligt ist. Herrschend ist das Unternehmen, welches an der Spitze des Verbundes steht und jeweils mit mindestens 95 % am Kapital bzw. Gesellschaftsvermögen der abhängigen Unternehmen unmittelbar/mittelbar beteiligt ist.

5-jährige Behaltensfristen vor und nach dem Erwerbsvorgang

Grundsätzlich muss die Mindestbeteiligung von 95 % vor und nach dem Erwerbsvorgang für die Dauer von 5 Jahren bestanden haben. Die Steuervergünstigung z.B. wird nicht gewährt, wenn erst kurz vor der Umwandlung die Beteiligung auf 95 % aufgestockt bzw. nach der Umwandlung die Quote auf unter 95 % gesenkt wird. Die beherrschende Stellung muss somit insgesamt 10 Jahre lang andauern. Stichtag für die Fristberechnung ist die Eintragung der Umwandlung ins Register (vgl.  Tz 2.3 der gleichlautenden Ländererlasse).

Kettenumwandlungen innerhalb der Nachbehaltensfrist sind zulässig, solange die Mindestbeteiligungsquoten dadurch nicht unterschritten werden (vgl. Tz 5 der gleichlautenden Ländererlasse). Auch eine nur kurzfristige Unterschreitung der Mindestbeteiligung ist schädlich.

Schädlichen Änderungen des Beherrschungsverhältnisses sind nach § 19 Abs. 2 Nr. 4a GrEStG vom Steuerschuldner der Finanzverwaltung anzuzeigen. Die Steuervergünstigung entfällt rückwirkend, es kommt zu einer vollständigen Nachversteuerung.

Die Regelung zur Behaltensfrist zeigt, dass grundsätzlich bei Begründung oder Beendigung des Verbundes kein Raum für die Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG besteht.

Praxishinweis

Die Finanzverwaltung betont, dass die in den §§ 5, 6 und 6a GrEStG geregelten Steuervergünstigungen gleichrangig nebeneinander bestehen. Liegen die Voraussetzungen nur einer dieser Vorschriften vor, sind die Steuervergünstigungen von Amts wegen zu gewähren, wenn die Steuervergünstigungen z.B. nach § 6a GrEStG wegen Nichteinhaltens der Nachbehaltensfrist nachträglich entfällt (vgl. Tz 7 der gleichlautenden Ländererlasse). 

Ausführlich nehmen die gleichlautenden Ländererlasse dazu Stellung, wann die Voraussetzungen für die Steuervergünstigungen im Einzelfall erfüllt sind, bzw. welche Gestaltungen steuerschädlich sind.

Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 19.6.2012


Schlagworte zum Thema:  Grunderwerbsteuer, Umwandlung, Konzern