Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung und Billigkeitsregelung bei Sachspenden
Kein Verzicht auf Umsatzsteuer aus Billigkeitsgründen
Zunächst weist die Finanzverwaltin in ihrem ersten BMF-Schreiben darauf hin, dass die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie keine Möglichkeit vorsieht, bei Sachspenden aus einem Unternehmensvermögen aus Billigkeitsgründen auf eine Umsatzbesteuerung als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG zu verzichten.
Bemessungsgrundlage bei Sachspenden
Die Bemessungsgrundlage einer Sachspende bestimme sich nicht nach den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern nach dem fiktiven Einkaufspreis im Zeitpunkt der Spende. Das gelte auch für im Unternehmen selbst hergestellte Gegenstände (Abschn. 10.6 Abs. 1 Satz 3 UStAE).
Keine Sachspende in diesem Sinne sei der Verkauf eines Gegenstandes weit unter dem ursprünglichen Einkaufspreis. Abgesehen von Fällen der Mindest-Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 UStG - z. B. bei Verkauf an nahestehende Personen) sei hierfür kein fiktiver Einkaufspreis zu ermitteln. Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer sei das tatsächliche Entgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 UStG.
Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
In Einzelnen äußert sich das BMF wie folgt und fügt entsprechend den Abschnitt 10.6 Absatz 1a im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) ein:
- Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei unentgeltlich Wertabgaben ist auch zu berücksichtigen, ob Gegenstände zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Wertabgabe aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt verkehrsfähig sind.
- Hiervon ist bei Lebensmitteln auszugehen, wenn diese kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder die Verkaufsfähigkeit als Frischware, wie Backwaren, Obst und Gemüse, wegen Mängeln nicht mehr gegeben ist.
- Dies gilt auch für Non-Food-Artikel mit Mindesthaltbarkeitsdatum.
- Bei anderen Gegenständen ist die Verkehrsfähigkeit eingeschränkt, wenn diese aufgrund von erheblichen Material- oder Verpackungsfehlern oder fehlender Marktgängigkeit nicht mehr oder nur noch schwer verkäuflich sind.
Werden solche Gegenstände im Rahmen einer unentgeltlichen Wertabgabe abgegeben, kann eine im Vergleich zu noch verkehrsfähiger Ware geminderte Bemessungsgrundlage angesetzt werden. Die Minderung ist im Umfang der Einschränkung der Verkehrsfähigkeit vorzunehmen, sodass der Ansatz einer Bemessungsgrundlage von 0 EUR nur bei wertloser Ware (z. B. Lebensmittel und Non-Food-Artikel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oder bei Frischwaren, bei denen die Verkaufsfähigkeit nicht mehr gegeben ist) in Betracht kommt.
Eine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit liegt insbesondere nicht vor, wenn Neuware ohne jegliche Beeinträchtigung aus wirtschaftlichen oder logistischen Gründen aus dem Warenverkehr ausgesondert wird. Auch wenn diese Neuware ansonsten vernichtet werden würde, weil z. B. Verpackungen beschädigt sind, bei Bekleidung deutliche Spuren einer Anprobe erkennbar sind oder Ware verschmutzt ist, ohne dass sie beschädigt ist, führt dies nicht dazu, dass die Neuware ihre Verkaufsfähigkeit vollständig verliert. Auch in diesen Fällen ist ein fiktiver Einkaufspreis anhand objektiver Schätzungsunterlagen zu ermitteln.
Befristete Billigkeitsregelung für Sachspenden
Unter Berücksichtigung derzeitigen einzigartigen Belastung des Einzelhandels wird flankierend zu den dargestellten Regelungen, in einem weiteren BMF-Schreiben begleitend zu den bereits getroffenen coronabedingten steuerlichen Hilfsmaßnahmen sowie den Überbrückungshilfen eine befristete Billigkeitsregelung für Sachspenden gewährt.
Danach wird bei Waren, die von Einzelhändlern, die durch die Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen sind, an steuerbegünstigte Organisationen gespendet werden bzw. gespendet worden sind, auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet.
Diese Regelung gilt nur für Spenden, die zwischen dem 01.03.2020 und dem 31.12.2021 erfolgt sind.
BMF, Schreiben v. 18.3.2021, III C 2 - S 7109/19/10002 :001 (DOK 2021/0251308)
BMF, Schreiben v. 18.3.2021, III C 2 - S 7109/19/10002 :001 (DOK 2021/0251343)
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