Aktivierungswahlrecht für Herstellungskosten

Eine unerwartete Ergänzung gab es im Gesetzentwurf zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens: Die gesetzliche Neuregelung des Bilanzansatzes für Herstellungskosten in der Steuerbilanz. Damit tritt eine erfreuliche Rechtssicherheit ein.

Bisherige Richtlinien

Im Rahmen der EStÄR 2012 hatte die Finanzverwaltung die Bewertungsgrundsätze für die Herstellungskosten angehoben. Betroffen waren angemessene Kosten für allgemeine Verwaltung, Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung. Für diesen Kostenblock galt auch für die Steuerbilanz das handelsrechtliche Aktivierungswahlrecht. Mit den EStÄR 2012 wurde insoweit für steuerliche Zwecke jedoch eine Aktivierungspflicht eingeführt (R. 6.3 Abs. 1 und 3 EStR).
Die damit fortan bestehende Abweichung zwischen der handelsrechtlichen und der steuerrechtlichen Wertuntergrenze sorgte für einen großen Aufschrei. Es wurde mit einem Mehraufwand bei den Bilanzierungskosten von rund 1,5 Mrd. EUR gerechnet. Dies hatte zur Folge, dass die Finanzverwaltung zum Rückzug blies und sich selbst eine Nichtanwendung der Regelung in den EStR auferlegt hat (BMF, Schreiben v. 25.3.2013, BStBl 2013 I S. 296).

Gesetzliche Festlegung

Seither wurde immer wieder darauf gedrängt, diese Rechtsfrage gesetzlich zu regeln und damit für Rechtssicherheit zu sorgen. Doch obwohl seit 2013 mehrere Gesetzespakete geschnürt wurden, fand die Ermittlung der Herstellungskosten bisher nie Eingang in eine Gesetzesänderung. Umso überraschender war nun die quasi in letzter Minute im Finanzausschuss erfolgte Aufnahme dieses Punktes in den Gesetzesentwurf zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens. Zwischen all den Änderungen zur AO mit neuen Regeln für Fristverlängerungen, Verspätungszuschlägen und Belegvorhalte- statt Belegvorlagepflichten, findet sich nun auch eine ertragsteuerliche Neuregelung.

Inhalt der Neuregelung

Entsprechend dem handelsrechtlichen Wahlrecht (§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB) wird ein steuerliches Wahlrecht gesetzlich festgeschrieben. Angemessene Kosten der allgemeinen Verwaltung und Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung, die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen, können (müssen aber nicht) in die Bewertung der Herstellungskosten in der Steuerbilanz einbezogen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG). Wichtig ist zudem, dass das steuerliche Wahlrecht übereinstimmend mit dem handelsrechtlichen Wahlrecht auszuüben ist. Damit wird insoweit eine Wertdifferenz zwischen Handels- und Steuerbilanz vermieden.

Zeitlicher Ablauf

Dieser Neuregelung hat der Bundestag bereits am 12.5.2016 zugestimmt. Es ist davon auszugehen, dass sich der Bundesrat in seiner Sitzung am 17.6.2016 damit befassen und dem Gesetzentwurf zustimmen wird. Das gesetzliche Einbeziehungswahlrecht zu den Herstellungskosten wird dann am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. Es beinhaltet jedoch die Möglichkeit, das Wahlrecht rückwirkend auch für bereits abgelaufene Wirtschaftsjahre anzuwenden.

Beschlussempfehlung des Finanzausschusses v. 11.5.2016, BT-Drucksache 18/8434

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Schlagworte zum Thema:  Herstellungskosten, Einkommensteuer