Rz. 159
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Eine Einbindung des Arbeitnehmers in das aufnehmende Unternehmen führt allein jedoch noch nicht dazu, dass das aufnehmende Unternehmen die Vergütungen wirtschaftlich trägt oder hätte tragen müssen (wirtschaftlicher Arbeitgeber). Hierzu bedarf es zusätzlich der Prüfung, in wessen Interesse der Arbeitnehmer tätig geworden ist. Dabei ist zu beachten, dass eine Entsendung im Interesse des aufnehmenden Unternehmens, des entsendenden Unternehmens oder beider Unternehmen liegen kann.
Rz. 160
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Die Interessenslage kann z. B. anhand folgender Aspekte beurteilt werden:
- ausgeübte Funktion (genaue Tätigkeitsbeschreibung z. B. im Arbeits- oder Entsendevertrag),
- benötigte fachliche Qualifikation,
- Zusammenhang zwischen den Aufwendungen für den entsandten Arbeitnehmer und seinem Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens,
- Tätigkeitsort,
- von welchem Unternehmen geht die Initiative für die Arbeitnehmerentsendung aus,
- welches Unternehmen profitiert am meisten von der Entsendung,
- ist die Tätigkeit des entsandten Arbeitnehmers einzelprojektbezogen,
- ist auf dem lokalen Arbeitsmarkt des aufnehmenden Unternehmens ein Angebot an Arbeitskräften mit der nach objektiven Maßstäben erforderlichen Qualifikation nicht vorhanden und auch nicht im Rahmen betrieblicher Ausbildung oder Qualifizierung zu schaffen,
- sind gleichwertig qualifizierte Arbeitnehmer auf dem lokalen Arbeitsmarkt des aufnehmenden Unternehmens verfügbar, die einen geringeren Aufwand verursachen,
- übt der Arbeitnehmer Planungs-, Koordinierungs- oder Kontrolltätigkeiten aus,
- werden nach Rückkehr des Arbeitnehmers dessen gesammelte Auslandserfahrungen im Rahmen seiner weiteren Beschäftigung beim entsendenden Unternehmen genutzt,
- wird der Arbeitnehmer im Rahmen eines Rotationssystems entsandt,
- der prozentuale Anteil der entsandten Arbeitnehmer an der Gesamtbelegschaft,
- objektives Erfordernis von Sprachkenntnissen oder persönlichen Beziehungen in Verbindung mit der ausgeübten Funktion oder anderer Spezialkenntnisse.
Rz. 161
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Werden Arbeitnehmer ausschließlich zu Aus- oder Fortbildungszwecken entsandt, erfolgt dies im Interesse des entsendenden Unternehmens.
Rz. 162
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitnehmerentsendung im Unternehmensverbund beziehen sich die Auskunfts- und Beweismittelbeschaffungspflichten i. S. des § 90 Abs. 2 AO auf die Höhe der weiterbelasteten Kosten (s. Tz. 4.3.3.3.3, Rn. 165ff.) und auf die Interessenlage, nach der sich die Zuordnung der Tätigkeit des entsandten Arbeitnehmers sowie eine ggf. vorzunehmende Aufteilung des Arbeitslohns richtet.
Rz. 163
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Die Interessenlage ist vom Steuerpflichtigen darzulegen und durch geeignete Nachweise zu belegen. Hierfür kommen z. B. in Betracht:
- Entsendevertrag, ggf. Konzernentsenderichtlinie, Schriftverkehr zur Begründung der Entsendung,
- Beschreibung der Tätigkeit des aufnehmenden Unternehmens sowie seiner Produkte bzw. Dienstleistungen; Tätigkeitsbeschreibungen für den entsandten Arbeitnehmer,
- konkrete Tätigkeitsnachweise, z. B. Berichte, Protokolle, die der entsandte Arbeitnehmer für das entsendende Unternehmen angefertigt hat,
- Stellenanzeigen,
- Arbeitsverträge des Arbeitnehmers mit dem entsendenden und ggf. aufnehmenden Unternehmen,
- Nachweis über die Höhe des Arbeitslohns vor der Entsendung,
- Zeitnachweise für Art und Umfang der Tätigkeit,
- Reisekostenabrechnungen,
- funktionsorientiertes Arbeitnehmerorganigramm oder ähnliche Unterlagen;
Rz. 164
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Auf die Indizwirkung der Bescheinigung des Arbeitgebers über die an das aufnehmende Unternehmen im Tätigkeitsstaat nach dem Fremdvergleichsgrundsatz weiterbelasteten Kosten wird hingewiesen (s. Tz. 4.3.3.3.3, Rn. 167).