Entscheidungsstichwort (Thema)
Höherwertige Tätigkeit. Anspruch auf Zulage
Orientierungssatz
§ 5 Abs. 3 Satz 1 TV-N Berlin, wonach der Arbeitnehmer eine Zulage erhält, wenn ihm vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit durch Anordnung übertragen wird, bindet den Anspruch auf die Zulage nicht daran, dass der Arbeitnehmer, dem die höherwertige Tätigkeit durch Anordnung vorübergehend übertragen wird, die persönlichen Merkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllt.
Normenkette
BAT § 24
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2008 – 24 Sa 2285/07 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger aufgrund einer ihm von der Beklagten vorübergehend übertragenen Tätigkeit eine tarifliche Zulage in rechnerisch unstreitiger Höhe von 927,88 Euro brutto für die Monate Oktober 2005 bis Januar 2007 zusteht.
Rz. 2
Der Kläger ist bei der Beklagten als Technischer Hauptsachbearbeiter beschäftigt. Aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit findet auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen bei den Nahverkehrsbetrieben im Land Berlin (TV-N Berlin) vom 31. August 2005 Anwendung. Seit dem 1. September 2005 ist der Kläger in der Entgeltgruppe 11 Nr. 2 Stufe 5 der Anlage 1 zum TV-N Berlin eingruppiert. Er vertritt den Arbeitsgruppenleiter. Dieser ist in der Entgeltgruppe 12 Nr. 3 der Anlage 1 zum TV-N Berlin eingruppiert. Die Eingruppierung in diese Entgeltgruppe setzt eine abgeschlossene einschlägige wissenschaftliche Hochschulbildung voraus, die der Kläger nicht hat. Im TV-N Berlin heißt es ua.:
“§ 5 – Eingruppierung, Zulagen für höherwertige Tätigkeiten
(1) Der Arbeitnehmer ist entsprechend seiner zeitlich mindestens zur Hälfte regelmäßig und auf Dauer auszuübenden Tätigkeit in einer Entgeltgruppe nach Anlage 1 eingruppiert. Soweit in Anlage 1 ausdrücklich ein von Satz 1 abweichendes Maß bestimmt ist, gilt dieses. Erreicht keine der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeiten das in Satz 1 oder 2 geforderte Maß, werden höherwertige Tätigkeiten zu der jeweils nächstniedrigeren Tätigkeit hinzugerechnet.
…
(3) Wird einem Arbeitnehmer vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit durch Anordnung übertragen, erhält er eine Zulage. Die Zulage wird vom ersten Tage der Übertragung an gezahlt und bemisst sich aus dem Unterschied zwischen dem Entgelt (Anlage 2), das dem Arbeitnehmer zustehen würde, wenn er in der nächsthöheren Entgeltgruppe eingruppiert wäre, und der Entgeltgruppe, in der er eingruppiert ist. Erfolgt die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nur für Teile eines Kalendermonats, wird die Zulage für jede erbrachte Arbeitsstunde der Übertragung anteilig gezahlt. Die jeweilige Stufenzuordnung gemäß Absatz 2 bleibt unverändert.
…
Anlage 1 zum TV Nahverkehr Berlin (Entgeltordnung)
Eingruppierung von Arbeitnehmern in Nahverkehrsbetrieben
A) Vorbemerkungen
…
– Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Arbeitnehmers bestimmt, muss diese erfüllt sein. Sind in den Tätigkeitsmerkmalen gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen zugelassen und werden diese festgestellt, ist der Arbeitnehmer entsprechend einzuordnen.
…
Eine Gleichwertigkeit von Fähigkeiten und Erfahrungen kann bei einer geforderten wissenschaftlichen Hochschulbildung:
– in Entgeltgruppe 12 frühestens nach 2 Jahren,
…
festgestellt werden. Sofern zu diesen Zeitpunkten eine Feststellung nicht erfolgt, ist eine begründete Verlängerung bis zu einem Jahr möglich. Bei Nichtfeststellung der Gleichwertigkeit kann die entsprechende Tätigkeit nicht übertragen werden. …
…
B) Tätigkeitsmerkmale
…
Entgeltgruppe 11
…
2. Technische (ingenieursmäßige) Tätigkeiten, die eine abgeschlossene einschlägige Fachhochschulausbildung und eine langjährige praktische Erfahrung erfordern und sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus den Tätigkeiten der Entgeltgruppe 10 Nummer 2 herausheben (Feststellung der Gleichwertigkeit möglich, siehe Vorbemerkungen zur Entgeltordnung). Zusätzlich zur personenbezogenen Anforderung der Fachhochschulausbildung ist hier eine zeitliche Komponente (langjährige praktische Erfahrung = mindestens 3 Jahre) zu erfüllen.
…
Entgeltgruppe 12
…
3. Technische (ingenieursmäßige) Tätigkeiten, die eine abgeschlossene einschlägige wissenschaftliche Hochschulbildung erfordern (Feststellung der Gleichwertigkeit möglich, siehe Vorbemerkungen zur Entgeltordnung).
…
Entgeltgruppe 13
…
3. Technische (ingenieursmäßige) Tätigkeiten, die eine abgeschlossene einschlägige wissenschaftliche Hochschulbildung erfordern und sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 12 Nummer 3 herausheben (Feststellung der Gleichwertigkeit möglich, siehe Vorbemerkungen zur Entgeltordnung).
…”
Rz. 3
Die Beklagte übertrug dem Kläger im Anspruchszeitraum durch Anordnung insgesamt 478,29 Stunden vertretungsweise die Tätigkeit des Arbeitsgruppenleiters. Die in einem Monat angefallenen Vertretungsstunden wurden jeweils in einem “Erfassungsbogen zur Zahlung einer Zulage gemäß § 5 Abs. 3 TV-N Berlin infolge einer Vertretung” festgehalten und vom Personalverantwortlichen per Unterschrift bestätigt. In diesen Erfassungsbögen ist die vom Kläger ausgeübte Vertretungstätigkeit als höherwertige Tätigkeit bezeichnet.
Rz. 4
Der Kläger ist der Ansicht, er habe aufgrund der ihm vorübergehend übertragenen höherwertigen Tätigkeit Anspruch auf die in § 5 Abs. 3 TV-N Berlin geregelte Zulage. Im Gegensatz zu der in § 24 BAT getroffenen Regelung verlange § 5 Abs. 3 Satz 1 TV-N Berlin nicht, dass alle Merkmale der höheren Entgeltgruppe des Vertretenen erfüllt sein müssten.
Rz. 5
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 927,88 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2007 zu zahlen.
Rz. 6
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, § 5 Abs. 3 Satz 1 TV-N Berlin binde ebenso wie § 24 BAT den Anspruch auf die Zulage daran, dass der Arbeitnehmer, dem vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit übertragen werde, alle Merkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllt.
Rz. 7
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
Rz. 9
I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Kläger die beanspruchte Zulage, über deren Höhe kein Streit besteht, nach § 5 Abs. 3 Satz 1 TV-N Berlin zusteht. Nach dieser Tarifbestimmung erhält der Arbeitnehmer eine Zulage, wenn ihm vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit durch Anordnung übertragen wird. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Nach den von der Beklagten nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte dem Kläger im Anspruchszeitraum insgesamt 478,29 Stunden durch Anordnung die Tätigkeit eines Arbeitsgruppenleiters vertretungsweise und damit vorübergehend übertragen. Für die Beurteilung der Höherwertigkeit einer vorübergehend vertretungsweise übertragenen Tätigkeit ist von der tatsächlichen Eingruppierung des Vertreters auszugehen (BAG 26. September 2001 – 4 AZR 603/00 – BAGE 99, 152, 155 f.). Die Beklagte vergütet den Vorgesetzten des Klägers als Arbeitsgruppenleiter nach der Entgeltgruppe 12 Nr. 3 der Anlage 1 zum TV-N Berlin, während der Kläger als Technischer Hauptsachbearbeiter in der Entgeltgruppe 11 Nr. 2 der Anlage 1 zum TV-N Berlin eingruppiert ist. Die vom Kläger vorübergehend vertretungsweise ausgeübte Tätigkeit war im Vergleich zu der ihm auf Dauer übertragenen Tätigkeit damit höherwertiger.
Rz. 10
II. Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem Anspruch des Klägers nicht entgegen, dass dieser nicht über eine abgeschlossene einschlägige wissenschaftliche Hochschulbildung verfügt. Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 Nr. 3 der Anlage 1 zum TV-N Berlin setzt diese Hochschulbildung zwar grundsätzlich voraus. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht jedoch angenommen, dass § 5 Abs. 3 Satz 1 TV-N Berlin den Anspruch auf die Zulage nicht daran bindet, dass der Arbeitnehmer, dem die höherwertige Tätigkeit durch Anordnung vorübergehend übertragen wird, die persönlichen Merkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllt.
Rz. 11
1. Das folgt bereits aus dem Wortlaut der Tarifvorschrift, auf den es bei der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zunächst ankommt (22. Oktober 2008 – 10 AZR 842/07 –; 27. April 2006 – 6 AZR 437/05 – mwN, BAGE 118, 123, 125). § 5 Abs. 3 Satz 1 TV-N Berlin spricht davon, dass der Arbeitnehmer eine Zulage erhält, wenn ihm vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit durch Anordnung übertragen wird. Der Wortlaut der Tarifvorschrift stellt damit auf die dem Arbeitnehmer vorübergehend übertragene Tätigkeit ab. Die Formulierung “Wird einem Arbeitnehmer vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit durch Anordnung übertragen, erhält er eine Zulage” knüpft den Anspruch auf die Zulage weder ausdrücklich noch durch einen Klammerzusatz wie § 24 Abs. 1 und Abs. 2 BAT an das Vorliegen der Tätigkeitsmerkmale einer höheren Vergütungsgruppe. Eine Formulierung wie die in § 5 Abs. 3 Satz 1 TV-N Berlin, nach der der Arbeitnehmer eine Zulage erhält, ist typisch für die Begründung eines Entgeltanspruchs (vgl. BAG 10. Dezember 2008 – 10 AZR 1/08 – DB 2009, 684; 30. Juli 2008 – 10 AZR 606/07 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 38; 24. Oktober 2007 – 10 AZR 825/06 – AP BGB § 307 Nr. 32 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 26; 24. September 2003 – 10 AZR 34/03 – mwN, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 254 = EzA BGB 2002 § 133 Nr. 3). Ein Wille der Tarifvertragsparteien, dass die Zulage dem Arbeitnehmer nur dann zustehen soll, wenn dieser sämtliche Merkmale der Entgeltgruppe erfüllt, der die vorübergehend übertragene Tätigkeit zugeordnet ist, hat anders als in § 24 Abs. 1 und Abs. 2 BAT im Wortlaut der Tarifbestimmung keinen Niederschlag gefunden. Hätten die Tarifvertragsparteien gewollt, dass für den Anspruch auf die Zulage sämtliche Merkmale der höheren Vergütungsgruppe erfüllt sein müssen, wie das bei einer vorübergehend oder vertretungsweise übertragenen Tätigkeit nach § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 BAT der Fall war (BAG 16. Mai 2002 – 6 AZR 198/01 – EzBAT BAT §§ 22, 23 M Nr. 102; 18. Juni 1997 – 4 AZR 728/95 – AP BAT-O § 24 Nr. 1), hätten sie die Tarifvorschrift anders formulieren müssen.
Rz. 12
2. Ein solcher Wille der Tarifvertragsparteien ergibt sich auch nicht aus dem erkennbaren Sinn und Zweck der tariflichen Regelung. Im Gegensatz zu der Regelung in § 24 Abs. 3 BAT bemisst sich die Zulage nach § 5 Abs. 3 Satz 1 TV-N Berlin nicht aus dem Unterschied zwischen der Vergütung der Entgeltgruppe, der die vorübergehend übertragene Tätigkeit zugeordnet ist, und der Vergütung der Entgeltgruppe, in der der Arbeitnehmer eingruppiert ist. Die Tarifvertragsparteien des TV-N Berlin haben in § 5 Abs. 3 Satz 2 TV-N Berlin anders als die Tarifvertragsparteien des BAT die Höhe der Zulage begrenzt. Sie haben in dieser Tarifbestimmung festgelegt, dass sich die Zulage aus dem Unterschied zwischen dem Entgelt bemisst, das dem Arbeitnehmer zustehen würde, wenn er in der nächsthöheren Entgeltgruppe eingruppiert wäre, und der Entgeltgruppe, in der er eingruppiert ist. Wäre dem Kläger durch Anordnung der Beklagten vorübergehend eine Tätigkeit der Entgeltgruppe 13 Nr. 3 der Anlage 1 zum TV-N Berlin übertragen worden, also eine zwei Vergütungsgruppen höher eingestufte Tätigkeit, und hätte der Kläger sämtliche Merkmale dieser Entgeltgruppe erfüllt, wäre das Entgelt dieser Entgeltgruppe nach der eindeutigen Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 2 TV-N Berlin für die Berechnung der Höhe der Zulage ohne jede Bedeutung. Daraus wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien des TV-N Berlin anders als die Tarifvertragsparteien des BAT bei einer vorübergehend übertragenen Tätigkeit infolge einer Vertretung den Vertreter vergütungsrechtlich nicht wie den Vertretenen behandeln wollten. Müsste der Arbeitnehmer gemäß der Auffassung der Beklagten für den Anspruch auf die Zulage sämtliche Merkmale der Entgeltgruppe der Anlage 1 zum TV-N Berlin erfüllen, der die vorübergehend übertragene Tätigkeit zugeordnet ist, hätte er keinen Anspruch auf die Zulage, wenn er diese Merkmale nicht erfüllt, jedoch die der nächsthöheren Entgeltgruppe, deren Entgelt für die Berechnung der Zulage maßgeblich ist. Ein solches Verständnis der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit im Tarifsinne kann den Tarifvertragsparteien nicht unterstellt werden. Auch die Beklagte hat den Tarifbegriff “höherwertige Tätigkeit” zunächst nicht so verstanden. Sie hat die vom Kläger als Vertreter des Arbeitsgruppenleiters ausgeübte Tätigkeit im Vergleich zu seiner Tätigkeit als Technischer Hauptsachbearbeiter als höherwertig angesehen. Ihr Personalverantwortlicher hat in den monatlichen Erfassungsbögen zur Zahlung einer Zulage gemäß § 5 Abs. 3 TV-N Berlin infolge einer Vertretung ausdrücklich bestätigt, dass der Kläger eine höherwertige Tätigkeit ausgeübt hat.
Rz. 13
3. Für die zutreffende Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass sich die Tarifvertragsparteien des TV-N Berlin bei der Regelung der Zulage bei vorübergehender Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit von den in § 24 BAT getroffenen Regelungen gelöst haben, spricht auch der Umstand, dass nach § 5 Abs. 3 Satz 2 TV-N Berlin die Zulage vom ersten Tage der Übertragung an und gemäß § 5 Abs. 3 Satz 3 TV-N Berlin für jede erbrachte Arbeitsstunde der Übertragung anteilig gezahlt wird, wenn die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nur für Teile eines Kalendermonats erfolgt ist. Demgegenüber musste nach § 24 Abs. 1 Satz 1 BAT ein Angestellter für den Anspruch auf die Zulage die ihm vorübergehend übertragene Tätigkeit mindestens einen Monat lang ausüben.
Rz. 14
4. Allerdings wäre das Auslegungsergebnis keine vernünftige, sachgerechte, zweckorientierte und praktisch brauchbare Regelung, wenn dem Kläger bei der ihm vorübergehend durch Anordnung übertragenen höherwertigen Tätigkeit die Zulage zustünde, er bei einer Übertragung der höherwertigen Tätigkeit auf Dauer jedoch weder einen Anspruch auf eine Zulage noch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 12 Nr. 3 der Anlage 1 zum TV-N Berlin hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zwar muss grundsätzlich für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 Nr. 3 der Anlage 1 zum TV-N Berlin die Voraussetzung einer abgeschlossenen einschlägigen wissenschaftlichen Hochschulbildung in der Person des Arbeitnehmers erfüllt sein. Die Tarifvertragsparteien haben jedoch gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen ausdrücklich zugelassen. Werden diese festgestellt, ist der Arbeitnehmer nach der in den Vorbemerkungen zur Anlage 1 des TV-N Berlin getroffenen Regelung entsprechend einzuordnen. In diesen Vorbemerkungen haben die Tarifvertragsparteien auch bestimmt, dass bei Nichtfeststellung der Gleichwertigkeit die entsprechende Tätigkeit nicht auf Dauer übertragen werden kann. Allerdings darf eine Gleichwertigkeit von Fähigkeiten und Erfahrungen bei einer geforderten wissenschaftlichen Hochschulbildung in Entgeltgruppe 12 frühestens nach zwei Jahren festgestellt und der Arbeitnehmer entsprechend eingruppiert werden. Dennoch kann der Arbeitnehmer bei einer vorübergehenden Übertragung einer Tätigkeit der Entgeltgruppe 12 Nr. 3 der Anlage 1 zum TV-N Berlin den Anspruch auf die Zulage auch ohne eine abgeschlossene einschlägige wissenschaftliche Hochschulbildung erwerben. Die Regelung, wonach bei Nichtfeststellung der Gleichwertigkeit die entsprechende Tätigkeit nicht übertragen werden kann, zwingt zu der Annahme, dass nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien eine Tätigkeit der Entgeltgruppe 12 Nr. 3 der Anlage 1 zum TV-N Berlin einem Arbeitnehmer, der über keine abgeschlossene einschlägige wissenschaftliche Hochschulbildung verfügt, vor der Feststellung gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen nicht auf Dauer übertragen werden kann. Solange diese Feststellung nicht getroffen ist, liegt damit keine Übertragung auf Dauer, sondern eine vorübergehende Übertragung der Tätigkeit vor, die den Anspruch auf die in § 5 Abs. 3 TV-N Berlin geregelte Zulage auslöst.
Unterschriften
Dr. Freitag, Marquardt, Brühler, Züfle, H. Schwitzer
Fundstellen
NZA 2010, 64 |
ZTR 2009, 424 |
AP, 0 |
RiA 2010, 73 |